Von der Zukunft aus denken

Ein Blogbeitrag unseres Forums agile Verwaltung geht mir nicht mehr aus dem Kopf. „Muss der Kapitalismus sterben, damit die Erde überlebt?“  Eine Buchbesprechung von „Das Ende des Kapitalismus“ von Ulrike Herrmann. Wolf Steinbrecher aus unserem Forum agile Verwaltung hat den Inhalt mit einer fiktiven Zukunft ohne permanentes Wachstum für Verwaltungen einmal weitergedacht: „… Ich versuch mal kurz und arrogant zu formulieren: Für eine Verwaltung, die  sich den gigantischen Überlebensaufgaben der Gesellschaft stellen will, stellt Agilität das Betriebssystem dar. Ein Betriebssystem ist bekanntlich keine ‚App‘….“ Also keine Handlungsanweisung, wie man die Zukunft nach all den aktuellen Multikrisen meistern kann. 

 

Ja stimmt, der Blogbeitrag treibt mich um. Habe natürlich auch das Buch gelesen. Deshalb werde ich in den nächsten Wochen an dieser Stelle zeichnerisch versuchen, die Bildung für die Zukunft von der Zukunft aus zu denken. Auch ich bin überzeugt, Agilität oder entwicklungsorientiertes Denken ist ein Betriebssystem. Eines für die Zukunft. Entwicklungsorientiertes Denken ist in der Lage, unvorhergesehene Geschehnisse nicht als Zumutung zu empfinden, sondern als Normalität im Leben. Und je mehr man sich breit darüber Gedanken macht, wie die Welt aussehen wird, wenn irgendwann einmal das Sinken des Bruttoinlandsprodukt nicht mehr als Horror-Warnzeichen einer Krise gewertet wird, umso leichter wird man diese heute noch schwierigst zu denkende Entwicklung für uns Menschen positiv umsetzen können. 

 

Die Erde und ihre Ressourcen sind endlich … die Atmosphäre ist ein globaler Player. Ich habe früher Physik, Mathematik und Geografie unterrichtet und dabei natürlich auch die Zusammenhänge der globalen Erwärmung. Und die Aussichten für unseren Planeten. Und nein, ich habe es trotzdem nicht gedacht, dass ich persönlich noch diese physikalisch hochspannende Fähigkeiten von Kohlendioxid, die Leben auf der Erde seit Millionen von Jahren überhaupt erst ermöglichten, so dramatisch negativ spürbar erleben würde. Ich habe mich da heftig getäuscht. Ein echter Schock. Aber wie meinte schon der Philosoph Karl Popper: „Es gibt zum Optimismus keine vernünftige Alternative! “ 

 

Ich habe vier Enkelkinder. Wenn meine Urenkel:innen einmal so alt sind wie ich, schreiben wir - so in etwa - das Jahr 2122. Könnte theoretisch sogar sein, ich lerne sie noch kennen, ein paar meiner Urenkel:innen. Die Generation meiner Enkel:innen und Urenkel:innen werden in einer Welt leben, die nicht durch kluge Pläne ins Lot gebracht werden kann, welche man heute in der Schule lernt. Die heutige Schule kann ihren Schüler:innen auf die Zukunft noch keine Antwort geben. Aber die heutige Schule könnte sie für diese ungewisse Zukunft ausbilden. Entwicklungsorientiert. Mit neuem Denken ausgestattet. Resilienzorientiert. Zufriedenheitsorientiert. Zivilisationserhaltungsorientiert. Sie als Akteure mit in die Ausbildung einbeziehen. Kinder stellen so häufig eigentlich richtige Fragen, bei denen Erwachsene aber meist nur den Kopf schütteln. Weil Kind ja nicht weiß, wie die harte Wirklichkeit aussieht. Aber Kind weiß oft intuitiv besser, wie die Zukunft aussehen wird. „Kinder an die Macht“ singt Grönemeyer. Und meint genau das damit. Augenhöhe. Haltung. Blickwinkeländerung.

Vielleicht sollte man deshalb zusammen mit Lernenden die Pädagogik selbst vom Ende her denken … Wie müsste denn die Schule aussehen, wenn es nicht mehr darum geht, dass man durch Bildung persönlich möglichst gute Aufstiegschancen bekommt, sondern Bildung in erster Linie für den Erhalt der menschlichen Zivilisation und die Zufriedenheit des Individuums stattfindet?

 

Entwicklungsorientierte Bildung für den Erhalt der Zivilisation und die Zufriedenheit des Individuums. Denken und spinnen Sie einfach für sich selbst einmal mit. Denn davon bin ich überzeugt: Unser „normales“ Denken kann die Aufgaben der Zukunft nicht erfassen. Wir müssen unser Denken massiv ändern.

 

Fortsetzung folgt.