LESINGEN 2 - die Kletterwand

Auf dem Weg zum Experimental-Heftchen für den Kindergarten kam auch noch eine Idee vorbei, die ich den Experimentator:innen nicht vorenthalten will. :-) Außerdem muss sie aus meinem Kopf, damit ich den wieder frei bekomme. Denn eigentlich ist LESINGEN nur so eine Zufallsgeschichte am Rande. Allerdings auch entwicklungsorientiert, deshalb passt es schon. Entwicklungsorientiertes LESINGEN wäre es zum Beispiel, wenn man geflüchtete Jugendliche, die schneller Deutsch lernen wollen, einmal mit den Buchstaben des Alphabets rhythmisch zusammenbringt. Vielleicht sogar zusammen mit ihnen einen Begleitsong schreibt und dann Phantasiewörter zusammenbastelt, wie ich das in dem nachfolgenden Heftchen gemacht habe. Alles zufällig, alles eher spontan ... alles nur zum Anschubsen. Man sollte einfach alles mal probieren, wenn man entwicklungsorientiert weiterkommen will. Und Schüler:innen immer am besten mit einbeziehen.  

Download
LESINGEN und das Prinzip alphabetische Kletterwand - Großbuchstaben
Kletterwand einseitig Liederblätter.pdf
Adobe Acrobat Dokument 11.6 MB
Download
Kletterwand Groß- und Kleinbuchstaben - zum Ausdrucken
Kletterwand zweiseitig.pdf
Adobe Acrobat Dokument 15.3 MB
mehr lesen

LESINGEN

Singend die magische Welt der Bücher erobern.

Wie versprochen habe ich wegen vielen positiven Rückmeldungen und eingestandenem Interesse am Experimentieren das kleine Projekt LESINGEN in Liedlein; Geheimtexte und Bilder gepackt. Immer 2 Buchstaben pro Woche - für Kindergartenkinder im Jahr vor der Einschulung. Ich behaupte, dass es für viele funktionieren kann, wenn das Projekt auf experimentierfreudige Erzieher:innen trifft. Mehr benötigt man nicht, nur Experimentierfreude.

Alles andere steht im Skript.

Otto Kraz

mehr lesen

Entwicklungsorientierte Bildung - #5

Das unerwartete und starke Zusammenspiel von verschiedensten Ansätzen, Ideen, Grundlagen und Überlegungen kann nur bei einer entwicklungsorientierten Sichtweise von Bildungsprozessen auftreten. Otto Kraz


Mein Bild zu der Aussage im Blog von der Hochschule für agile Bildung

Entwicklungsorientierte Bildung ist, …

… wenn Bildungsprozesse emergent sind.

Entwicklungsorientierte Bildung - #4

Auf unserem Hochschul-Blog heißt es

Entwicklungsorientierte Bildung ist, …

… wenn wir nicht im Voraus wissen, was es braucht, um bestimmte Entwicklungen voranzubringen.

Mein Bild würde ich so beschreiben: 

Wenn man entwicklungsorientiert unterrichten will, dann muss man sich von einfachen Stundenplanungen verabschieden.

Entwicklungsorientierte Bildung - #3

Meine persönliche Aussage zum Bild 3:

Entwicklungsorientierte Bildung ist …

wenn die Lehrperson sich auch weiterentwickelt.

 

Wir sind schon beim 3. Punkt der Charakteristika von Entwicklungsorientierter Bildung:

Hier geht‘s an die Hochschule für agile Bildung 

Entwicklungsorientierte Bildung ist, …

…wenn der Entwicklungsprozess der Lehrperson für das Lernen der Lernenden wichtig ist.

LeSingen - was für den Kindergarten?

Ja ich musste einfach. 😎😎 Ich habe mal wieder eine ungewöhnliche Idee ins Labor gestellt. LeSingen im letzten Kindergartenjahr, damit alle Kinder - egal ob zu Hause Deutsch gesprochen wird oder nicht, egal ob zu Hause eine Bildungsmaschine läuft oder nicht - wenn sie in die Schule kommen, lesen können. In England gehen alle Kinder mit 5 Jahren in die Primary School und lernen Lesen, Schreiben und Rechnen. In Frankreich gehen fast alle Dreijährigen in die Vorschule. Die „école maternelle“ ist kostenlos. 97 Prozent der französischen Kinder besuchen sie. Deshalb: Spielerisches Textverstehen durch LeSingen im letzten Kindergartenjahr ist nichts Unanständiges.😎😎

Entwicklungsorientierte Bildung - #2

Was ich als Visualisierer mit dem Bild ausdrücken will:

Entwicklungsorientierte Bildung ist …

… nicht nur sowas wie „Abitur ist das Ziel“ oder „Mittlere Reife“.  Ich würde hier sogar diesen etwas ausgelutschten „der Weg ist das Ziel“ Satz nehmen, wenn ich das Ziel von Schule beschreiben sollte. Denn natürlich ist der Hauptschulabschluss, die mittlere Reife oder das Abitur nur eine Momentaufnahme nach 9,10, 12 oder 13 Jahren Schuljahren. Und was sich daraus entwickeln wird, das steht in der Zukunft und nicht fest und ist eine Richtung und kein scheinbar festes Ziel wie das Erreichen eines Gipfels mit Gipfelfoto und dann hat man sein Ziel erreicht. Das Ziel von Schule ist die Entwicklung nach dem Abschluss - und die persönliche Entwicklung vor dem Abschluss ist dafür viel wichtiger und komplexer als der Abschluss selbst.

In unserem Hochschul-Blog heißt es so:


Entwicklungsorientierte Bildung ist, …

…wenn Ziele mehr eine Richtung und weniger einen Endpunkt angeben.

Vertiefung unter https://hfab.ch/2023/04/17/wenn-ziele-mehr-eine-richtung-und-weniger-einen-endpunkt-angeben/

SchüLehr:innen bei Lehrermangel

Ich hatte es ja versprochen, die Kapitel der letzten Wochen als pdf zusammenbauen. Als Vorabdruck sei es hier schon einmal eingestellt. Damit die Diskussion darüber beginnen kann, wie intensiv man Schüler:innen in den normalen Unterrichtsbetrieb einbauen kann. Ich behaupte - untermauert mit den Thesen in diesem Skript - dass es höchste Zeit ist, die Schatzkiste von Schülerfähigkeiten zu öffnen, um Schule entwicklungsorientiert in die Zukunft zu entwickeln.

Den pdf-Download findet man in der rechten Spalte … Die Idee dahinter: Je nach Schule und Problemstellung kann man vielleicht selbst mit Teilen dieses Skripts und eigenen Ideen eine exakt zugeschnittene Grundlage entwickeln, sollten sich Schulen aufmachen wollen, neue Konzepte mit SchüLehr:innenbeteiligung bei den Bildungsbehörden anzufragen. Das ganze Skript ist im cc-Format, also frei weiterzuentwickeln. Viel Spaß dabei.
p.s. Noch ein Tipp: Im Blog der letzten Wochen sind ja die Kapitel des Magazins mit Filmchen und Links direkt verknüpft, die im Skript nicht funktionieren. Wer ein Thema also weiter vertiefen will, der muss einfach im Blog auf das entsprechende Kapitel zurückscrollen.

Entwicklungsorientierte Bildung - #1

In loser Folge gibt es in den nächsten Wochen auf unserem Blog der Hochschule für agile Bildung in Zürich https://hfab.ch/  13 Charakteristika von Entwicklungsorientierter Bildung zu lesen, wie wir sie verstehen. Um die Grundaussagen schneller zu begreifen, ist meine Aufgabe als Zeichner, den jeweiligen Text visuell zu begleiten.

Da ich denke, dass es auch für Eltern von Schulkindern interessant sein könnte, mit den Aussagen ihre Kinder besser begleiten zu können, versuche ich in diesem Blog, den Hochschultext von Christof Arn und Christian Stalder durch eine eigene Kurzbeschreibung meiner Visualisierungen zu ergänzen.

Entwicklungsorientierte Bildung ist …

#1 … wenn es Schule schafft, dass sich schon dort die ganze Breite von möglichen Fähigkeiten eines jungen Menschen entwickeln können und sich nicht durch den einseitigen Fokus auf die Schul-Fächer die üblichen Defizit-Gefühle nachhaltig einnisten, wie es die meisten Menschen von sich selbst kennen.

Das häufigste Beispiel ist sicher dieses: „In Mathe war ich grottenschlecht“ … obwohl man ja aber nur schlechte Mathematik-Noten bekommen hat. Wer sich diese Altlast abschütteln will, der lese einfach hier weiter. Mathe agil.

Heinz Bayer alias Otto Kraz

 

Hier geht es zur Vertiefung auf unserem Hochschul-Blog:

https://hfab.ch/2023/04/12/wenn-kompetenzen-am-menschen-gemessen-werden-mehr-als-menschen-an-kompetenzen/

Entwicklungsorientierte Bildung ist, …

#1 …wenn Kompetenzen am Menschen gemessen werden, mehr, als Menschen an Kompetenzen.

 

Kapitel 44 - Eltern und die Sache mit dem Gymnasium

42 - Ich habe mich ganz nett mit Chattie über Eltern und den unbändigen Wunsch nach dem „Mein Kind geht auf‘s Gymi“- Gefühl unterhalten.

Ich:

„Nach all unseren Gesprächen habe ich im Moment eine sehr spezielle Frage an dich. Aus der Sicht der pädagogischen Wissenschaft … also aus Sicht von John Hattie mit seiner Studie, aus der Sicht von Zukunftsforschern und Forscherinnen und auch aus Sicht von Gehirnforscher:innen steht klar fest, was auch viele zukunftsorientierte Pädagog:innen denken: Schule muss sich in Richtung entwicklungsorientierte Bildung entwickeln. Das große Problem dabei: Die Eltern. Nehmen wir die Gemeinschaftsschulen in Deutschland. In vielen von ihnen sind entwicklungsorientierte Konzepte eingebaut. Manche - speziell private Schulen - arbeiten schon komplett entwicklungsorientiert. Aber entwicklungsorientierte Schule ist für viele Eltern viel zu unsicher. Eltern haben doch folgenden Grundwunsch: Ich will, dass mein Kind die beste Ausbildung bekommt. Da die in Deutschland eben Gymnasium und Abitur heißt, ist der Druck auf die Grundschullehrer:innen so groß, dass heute manchmal schon 75% einer Klasse eine Gymnasialempfehlung in der 4. Klasse bekommen. Weil man damit zeigen kann: Ich bin ein erfolgreiche Grundschullehrerin oder ein -lehrer. Die Folge: Eltern, deren Kinder eine Gymnasialempfehlung bekommen haben, scheuen das scheinbare Risiko, dass das Abitur an Gemeinschaftsschulen viel zu sehr vom eigenen Kind abhängt und nicht durch Notendruck und Eltern- und Nachhilfeunterstützung erreicht werden kann. Hinzu kommt es, dass die Aussage „Mein Kind geht natürlich auf‘s Gymnasium“ eine wichtige Wunschaussage für Eltern ist. Obwohl der persönliche und berufliche Lebensweg in entwicklungsorientiert arbeitenden Schulen für sehr viele Schüler:innen soviel erfolgreicher wäre. Was natürlich auch bedeutet, dass an den Gemeinschaftsschulen fast nur Kinder ohne Gymnasialempfehlung sitzen und das bedeutet, dass sie auch mit entwicklungsorientem Ansatz zwar eine erfolgreiche Schullaufbahn mit anschließender Lehre und später natürlich auch mit Studium etc hinlegen können, aber Abiturienten und Abiturientinnen werden an Gemeinschaftsschulen immer rarer. Dabei könnte die Gemeinschaftsschule eigentlich die Schule der Zukunft werden. Nur hat man heute bei vielen Eltern das Gefühl: Rette sich wer kann … ab mit meinem Kind auf‘s Gymnasium. Wird schon am Ende gut gehen. Mit Druck und Pauken.“

 

Chattie:

„Es ist verständlich, dass Eltern sich um die Zukunft ihrer Kinder sorgen und eine gute Ausbildung für sie wollen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Idee, dass das Gymnasium der einzige Weg zur "besten Ausbildung" ist, nicht unbedingt der Realität entspricht. Es gibt viele erfolgreiche Menschen, die nicht das Gymnasium besucht haben. Die entwicklungsorientierte Bildung, die auf die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Schüler:innen eingeht, kann ihnen helfen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen und ihre Talente zu entdecken und zu entwickeln.

Es ist wichtig, dass Schulen und Lehrer:innen den Eltern und der Öffentlichkeit zeigen, dass entwicklungsorientierte Schulen nicht weniger leistungsorientiert sind als Gymnasien und dass Schüler:innen an diesen Schulen auch erfolgreich sein können. Es gibt auch Entwicklungsindikatoren, die zeigen, dass Schüler:innen an entwicklungsorientierten Schulen in verschiedenen Bereichen erfolgreicher sind, wie zum Beispiel in der sozialen und emotionalen Entwicklung.

Es ist auch wichtig, dass die Gemeinschaftsschulen ihre Bildungskonzepte und ihre Erfolge besser kommunizieren und Eltern und der Öffentlichkeit zeigen, dass sie eine alternative und erfolgreiche Bildungsoption sind. Wenn mehr Eltern dies erkennen, können sie ihre Kinder möglicherweise eher in eine Gemeinschaftsschule schicken und das Bildungssystem insgesamt verändern.“

 

 

Ich:

„Stopp ich habe meine Frage an dich noch nicht formuliert. Wie kommuniziert man Eltern, dass ihr Kind seine eigenen Fähigkeiten an einer entwicklungsorientierten Schule viel besser entwickeln kann. Könntest du mir bitte ein Schreiben an Eltern von einem begabten Kind entwerfen, die sich überlegen, es doch wieder abzumelden und am Gymnasium anzumelden. Weil doch alles zu unsicher ist? Also einen Ausblick geben, welche Kompetenzen und Fähigkeiten sich nur an entwicklungsorientierten Schulen entwickeln lassen. Und warum es sich lohnt, diesen Weg einzuschlagen. Also einen emotionaler Aufruf an verunsicherte Eltern, ja das hätte ich gerne von dir.“

 

Chattie

„Sehr geehrte Eltern,

wir verstehen, dass Sie als Eltern nur das Beste für Ihr Kind wollen und dass das Wohl Ihres Kindes an erster Stelle steht. Doch wir möchten Ihnen heute zeigen, dass die Entscheidung für eine entwicklungsorientierte Schule die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Schullaufbahn und eine erfolgreiche Zukunft Ihres Kindes bietet.

In einer entwicklungsorientierten Schule liegt der Fokus nicht nur auf der reinen Wissensvermittlung, sondern auch auf der Entwicklung der persönlichen Fähigkeiten und Kompetenzen Ihrer Kinder. So können sie ihre individuellen Stärken entdecken, ausbauen und auf eine Weise nutzen, die sie für die Zukunft bestmöglich vorbereitet.

In einer solchen Schule lernen die Schülerinnen und Schüler, Verantwortung für ihr eigenes Lernen zu übernehmen, was ihre Motivation und ihre Selbstständigkeit stärkt. Sie lernen, in Teams zu arbeiten und auch im Umgang mit anderen kreativ und innovativ zu sein. Diese Fähigkeiten sind unverzichtbar in der heutigen Arbeitswelt, die immer komplexer wird und ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Eigeninitiative erfordert.

Wir möchten Sie ermutigen, Ihrem Kind die Möglichkeit zu geben, seine Fähigkeiten und Kompetenzen an einer entwicklungsorientierten Schule zu entwickeln. Die Chancen auf eine erfolgreiche Schullaufbahn und eine erfolgreiche Zukunft Ihres Kindes sind höher als jemals zuvor. Wir sind überzeugt, dass sich diese Entscheidung für Sie und Ihr Kind auszahlen wird.

Wir möchten Sie daher herzlich einladen, sich mit uns in Verbindung zu setzen und Ihre Fragen und Bedenken zu besprechen. Wir freuen uns darauf, Sie und Ihr Kind kennenzulernen und gemeinsam eine erfolgreiche Zukunft aufzubauen.

Mit freundlichen Grüßen,

[Name der Schulleitung]“

 

 

Ich:

„Cooler Brief. Wenn aber Eltern bei der Vorstellung der eigenen entwicklungsorientierten Schule immer wieder meinen, dass die Sache mit der Eigenständigkeit, dem Selbstvertrauen und dem Selbstbewusstsein ja schön und gut wären, aber dass es doch in erster Linie erst einmal darum gehen würde, das Abitur zu machen und dann könnte man ja weitersehen. Die Sache mit der Eigenständigkeit und Selbstbewusstsein könnte man ja dann später nachholen.“

 

Chattie

„In diesem Fall wäre es wichtig, den Fokus darauf zu legen, dass eine entwicklungsorientierte Schule nicht nur die persönliche Entwicklung des Kindes fördert, sondern auch die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Abitur schafft. Denn eine Schule, die sich auf die Stärkung von Eigenständigkeit, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein konzentriert, schafft auch eine positive Lernumgebung und eine gute Grundlage für das Lernen und den Erwerb von Kompetenzen, die für das Abitur und das weitere Leben wichtig sind.

In einem Schreiben an die Eltern könnte man daher darauf eingehen, dass die Förderung von Eigenständigkeit und Selbstvertrauen auch dazu beiträgt, dass das Kind motivierter und engagierter lernt, was sich positiv auf seine Leistungen auswirkt. Zudem könnte man betonen, dass eine entwicklungsorientierte Schule nicht nur auf die Vermittlung von Wissen und Fakten ausgerichtet ist, sondern auch auf die Entwicklung von Kompetenzen wie Kreativität, Teamfähigkeit und Problemlösungskompetenz, die im späteren Berufsleben immer wichtiger werden.

Man könnte auch darauf hinweisen, dass eine starke Persönlichkeit und ein selbstbewusstes Auftreten im Leben sehr hilfreich sind und dass dies nicht einfach später nachgeholt werden kann. Eine gute Schulausbildung ist zwar wichtig, aber letztendlich entscheidet die Persönlichkeit über den Erfolg im Beruf und im Leben.

Insgesamt geht es darum, den Eltern die Vorteile einer entwicklungsorientierten Schule nicht nur in Bezug auf die persönliche Entwicklung des Kindes, sondern auch auf seine Zukunftsperspektiven zu vermitteln. Dabei sollte man auch betonen, dass eine solche Schule keineswegs den Weg zum Abitur versperrt, sondern im Gegenteil eine gute Grundlage dafür schafft.“

 

Ich 

„Genau das will ich eigentlich mit diesem Magazin machen: Erklären, warum bildungsorientierte Schule für leistungsstarke Schüler:innen nicht ausbremst, wie das logischerweise jedes normale Gymnasium tun muss, weil es eben üblicherweise „den einen Unterricht“ für alle gibt. In dem man sich logischerweise an den Leistungsschwachen orientieren muss, da sie sonst abgehängt werden. An einer entwicklungsorientierten Schule lassen sich völlig andere Entwicklungsmöglichkeiten umsetzen, die nebenbei auch noch das Abitur generieren. Leistungsschwache Schüler:innen an Gymnasien brauchen oft Jahre wenn nicht Jahrzehnte, um den Makel vom dauerhaft schlechten Schüler aus dem eigenen Kopf heraus zu bekommen. Selbst wenn es im Beruf am Ende ganz gut läuft. Die Entscheidung der Eltern von Kindern, die sich beim Lernen in der Grundschule schwer tun … was erst einmal überhaupt nichts mit Intelligenz oder späterem Lebenserfolg zu tun hat … ihr Kind auf‘s Gymnasium zu schicken und selbst zu Hause mit viel Elterneigeneinsatz und Nervenkraft das Abitur anzusteuern, tun sich selbst und ihrem Kind leider einen Bärendienst. Ich weiß, wovon ich rede. Ich habe fast 40 Jahre lang auch leistungsschwache Schüler:innen bis zum Abitur begleitet … Jahr um Jahr mehr, weil immer mehr Prozent eines Jahrgangs auf‘s Gymnasium kamen. Und ich sage im Brustton der Überzeugung: Immer ein schlechter Schüler zu sein hinterlässt Spuren im Selbstbewusstsein, die einem im Leben viele Möglichkeiten verbauen.“

 

Da ich gebeten wurde, doch bitte meine Bilder für Eltern in Kurzform zu besprechen, weil „so viel Text lesen doch nur Insider, aber keine Eltern im dauerhaften Schulstress“ … mache ich das doch einfach mal. Ein Bild ein Satz. Und wer es vertiefen will, der kann ja ins Kapitel einsteigen. Erscheint hier in Bälde.

 

Kapitel 43 - Das Lernen im Pull-Modus

Ich fasse zusammen:

-SchüLehr:innen-Schule ist real umsetzbar, weil der Wissensschweif aller Schüler:innen in der Old-School ein noch komplett ungehobener Lehr-Schatz ist.

-SchüLehr:innen-Schule wird sich dann als Zukunftsmodell durchsetzen, wenn es genügend Schulen gibt, die sich darauf einspielen. Weil sie erfolgreicher für die Lernstärksten wie für die Lernschwächsten ist. Wobei dann lernstark bzw lernschwach kein Qualitätsurteil mehr sein wird. 

-SchüLehr:innen-Schulen werden sich durchsetzen, wenn Eltern überall in der Presse und den sozialen Medien erfahren würden, dass SchüLehr.innen-Schulen im Win-Win-Win-Modus arbeiten können und damit ein Gewinn für Schüler:innen, Lehrer:innen und auch Eltern sind. 

- Da der riesige Dampfer Bildungssystem aber extrem träge ist, wird sich SchüLehr:innen-Schule leider nur sehr, sehr langsam durchsetzen … glaube ich … aber ich bin mir sicher, dass es irgendwann die Eltern sind, die bemerken, dass Old School nicht mehr die richtigen Fähigkeiten von ihren Kindern entwickeln kann, die sie für ihre Zukunft benötigen. Und dann wird es den Kipp-Punkt geben und die Zukunft der Schule steht vor der Tür. :-) :-)

Kapitel 42 - Sparkonzept?

Sollten sich Vertreter:innen einer Bildungsbehörde tatsächlich bis hierher eingelesen haben, weil sie vielleicht dachten: Wie cool … Schüler:innen als Lehrpersonen, das ist der Knaller, da sparen wir viel, viel Geld. Diesen Bildungsfachleuten sei gesagt: Sorry, das muss doch hoffentlich klar sein, wenn es auch vielleicht hart ist. Das Konzept SchüLehr:innen ist alles andere als ein Sparmodell. Aber ich behaupte einmal, dass Schulen, die sich für einen echten Wechsel der Blickrichtung auf Schüler:innen entschieden haben, viel Zeit und auch Geld benötigen, um diesen Übergang erfolgreich vollziehen zu können. Wichtig ist ja immer eines: Jede Schule entwickelt sich anders, wenn sie sich in Richtung SchüLehr:innen-Schule aufmacht. Denn jede Schule hat individuelle Lehrkräfte und individuelle Schüler:innen. Das Bild dazu hatten wir schon, aber ich nehme es noch einmal zur Anschauung hinzu.

mehr lesen

Kapitel 41 - Das Fazit

Ich habe schon einmal das Titelbild für das Magazin-pdf zu den letzten 40 Kapiteln zum Thema SchüLehr:innen gemalt. „Das Schul-Fiasko“ heißt der aktuelle Spiegel-Titel. Marode Gebäude etc aber eigentlich immer und immer wieder: Lehrermangel, Lehrermangel, Lehrermangel. Ja, stimmt schon. Da wurde aber sowas von voll gepennt … da sind sich inzwischen alle einig … nur bringt das der jetzigen Schüler:innengeneration überhaupt nichts, weil die Vorschläge von größeren Klassen und Aufstocken von Deputaten neben den vielen Quereinsteiger:innen für die Generation meiner Enkelkinder eine Unverschämtheit darstellen. Und eine Zumutung für unsere Gesellschaft. Mich nervt als alter Schulmeister dieses dauernde Jammern kolossal, ohne dass man über echte Alternativen zur aktuellen Schule nachdenkt. Z.B.: An allen Schulen sitzen haufenweise wissensgefüllte junge Köpfe, deren Schätze man ausschließlich dazu verwendet, dass sie abgeprüft werden können und man Noten draus basteln kann. Um sie allermeistens dann langfristig wieder verschwinden zu lassen. Oder sehen Sie das anders? Tragen Sie heute breites Schulwissen mit sich herum? 
Ja klar, Sie habe das mal gemacht … dieses Herumtragen während der eigenen Schulzeit. Ein Wissensschweif, den niemand nutzt. 

An der Hochschule für agile Bildung setzen wir auf entwicklungsorientierte Bildung https://www.beltz.de/fachmedien/erziehungswissenschaft/produkte/details/48742-entwicklungsorientierte-bildung-ein-paradigmenwechsel.html … Band 2 erscheint in Kürze.

Ich habe die Idee eines Paradigmenwechsels mit den letzten 40 Kapiteln noch einen Schritt weitergeschrieben: Schüler:innen als Lehrpersonen … SchüLehr:innen. Eine Streitschrift, um sich die Köpfe heiß zu diskutieren. 
Den Lehrermangel durch SchüLehr:innen beheben.

Mancher träumt von uralten Zeiten, als Schule noch mit hoher Disziplin und Leistungs-Druck geregelt werden konnte. Als „der Lehrer“ noch die volle Autorität besaß … 

Vielen ist der heutige Umgang mit jungen Menschen in der Schule zu lasch. Unter einem Teilaspekt sehe ich das auch so: Unsere aktuelle Schule fordert von Schüler:innen meist viel zu wenig … weil der nächste Schritt nach Wissensorientierung und Kompetenzorientierung hin zu Entwicklungsorientierung noch nicht gefunden ist. Noch immer dominiert in den Klassenzimmern die Wissensorientierung … wird die Kompetenzorientierung als Spielerei einzelner Lehrpersonen gesehen … sie trägt z.B. noch nicht wesentlich zur Notenfindung bei … Kompetenzorientierung steht zwar in allen Bildungsplänen, aber wird noch nicht zur Stärkung der Bildungslandschaft umgesetzt.

Der fiktive und radikale Denk-Schritt, die Rolle von Schüler:innen als reine Wissensempfänger zur Rolle von SchüLehr:innen als Normalität zu entwickeln … ihr Wissen zu nutzen, um sie viel mehr zu fordern … das wäre ein großer Schritt in die Zukunft der Bildung. Entwicklungsorientiert.

Könnte kurzfristig klug den Lehrermangel beheben und wäre auch langfristig (wenn es irgendwann mal wieder genug Lehrkräfte gäbe) die Zukunft der Bildung.

 

Kapitel 40 - Und jetzt konkret?

Kapitel 40

Soweit sovision

 

Aber nun konkret.

 

In Deutschland verlassen jedes Jahr zwischen 40.000 und 50.000 Jugendliche die Schule ohne Abschluss. In 10 Jahren also eine halbe Million junge Menschen, die erstens auf dem komplexen Arbeitsmarkt fehlen und zweitens mit dem komplexen Leben nicht mithalten können werden. 

 

2018 hatte die ZEIT bundesweit eine breit angelegte Umfrage gemacht: „: 5 Prozent Unterrichtsausfall + knapp 5 Prozent Vertretungsunterricht = nahe 10 Prozent schlechte Chancen für mein Kind. So viele Schulstunden finden im Schnitt nicht oder irregulär statt.“ https://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2017-10/unterrichtsausfall-schule-bildung-studie-eltern

Die Überschrift des Artikels: Addition des Grauens. Und in einem Drittel der Vertretungsstunden wurde Fachunterricht gemacht. 

Das ist 5 Jahre her und die Lehrerversorgung hat sich weiter verschlechtert, wie man zur Zeit fast täglich irgendwo lesen kann.

 

Deshalb: Sorry, das kann es nun wirklich nicht sein: Die Generation meiner Enkelkinder schulisch unbefriedigend versorgt … und das voraussichtlich die nächsten 10 Jahre … eine Schieflage mit Ansage … noch mehr Jugendliche ohne Schulabschluss … noch mehr Schüler:innen leistungsmäßig abgehängt … Eltern im Dauerstress, weil Schule immer unzuverlässiger sein wird … Lehrer:innen im Dauerstress, weil jetzt den Verantwortlichen nur noch einfällt, dass Kolleg:innen Deputats aufstocken sollen, Lehrer:innen länger arbeiten sollen und die Klassen größer werden müssen. Denn: Es gibt ja Schulpflicht und Lehrer:innen sind meist verbeamtet. Ja und dann der verzweifelte Versuch einzelner Bundesländer, Lehrer:innen abzuwerben … und die blauäugige Vorstellung, dass Quereinsteiger ohne pädagogische Grundausbildung mit etwas Fachwissen aus ihrem bisherigen Beruf schon auch unterrichten können. Mag manchmal sein, aber aus der Erfahrung heraus ist das leider die Ausnahme. Man frage bei Schulpraktiker:innen nach, sie werden es bestätigen. Das passt alles gut zur „Addition des Grauens.“

 

Was aber tun?

Paradigmenwechsel, Blickwinkeländerung, entwicklungsorientierte Sichtweise, Schüler:innen mit ins Boot, Lehrer:innen massiv entlasten, damit sie genug Zeit für einen radikalen Umbau ihrer Schule haben, ohne dabei das Handtuch zu werfen. Damit sie im Gegenteil wieder erfahren können, welch wundervoller Beruf Lehrer:in ist. Wenn man sich auf das erfolgreiche Lehrer:in-Sein konzentrieren kann und nicht nur noch Verwalter:in der „Addition des Grauens“ ist. 

Nur dann werden auch wieder mehr Abiturient:innen den Lehrerberuf in ihre beruflichen Überlegungen mit einbeziehen. Und nur dann werden nicht mehr so viele Student:innen durch Praxisschock ihr Studium oder das Referendariat abbrechen. 

 

Ganz konkret:

Je nach Schule, Schulgröße, Schulart und Bundesland wird der wirkungsvolle Umgang mit dem wachsenden Stundenausfall unterschiedlich ausfallen, aber eines muss für alle gleich sein: „Das große Schulpalaver“ … :-) Ist nur einmal ein Arbeitstitel für eine riesige Herausforderung: Eltern, Lehrende und Lernende müssen überzeugt werden, dass man aus der Addition des Grauens zusammen die erfolgreiche Zukunft entwickeln muss. Ohne nur darauf zu warten, dass die Bildungsbehörden, den Karren aus dem Dreck ziehen. Ich glaube, wenn nach dem großen Palaver eine komplette Schulgemeinde selbstbewusst von der Behörde fordert, statt der Addition des Grauens neue Konzepte entwickeln zu dürfen, dann wird man offene Türen einrennen. Denn die Bildungsbehörden befinden sich selbst in großer Not. 

 

Das große Palaver ist allerdings wirklich eine riesige Herausforderung. Jedoch erfrischend lohnenswert. Wenn einmal eine Schule dieses große Palaver experimentell entwickelt hätte und man für andere Schulen daraus Schlüsse ziehen könnte, dann könnten Schulgemeinden (Lehrende, Lernende, Eltern) zu Fortbildner:innen werden. 

 

Die Umsetzung:

Ich versuche es möglichst kurz. Als Mathematiklehrer. 

Eine Aufgabe: Wenn an einer Schule mit 100 Lehrer:innen und 1000 Schüler:innen (meine alte Schule) 10% des Unterrichts ausfällt, wie viele Lehrer:innen müsste man im Old-School-Modus einfordern? - Antwort: Na klar, 10 Lehrer:innen fehlen.

Eine zweite Aufgabe: Wenn drei Schüler:innen mit Wissensschweif einen entwicklungsorientierte  Lehrpersonenaufgabe übernehmen könnten, wie viele Schüler:innen müsste man mit „Nachhilfegehalt“ einstellen? - Antwort: 30

Eine dritte Aufgabe: Wenn man den 10% Unterrichtsausfall nicht nur auffüllen, sondern die Bildung der Zukunft entwickeln will und dafür jede Lehrperson 10% weniger Unterricht, dafür Zeit für Entwicklungsarbeit haben müsste, wie viele „lehrende“ Schüler:innen wären dafür notwendig. Antwort: 60.

Eine vierte Aufgabe: Wenn man für ein Konzept mit je 3 lehrenden Schüler:innen ein Elternteil als Coach on Demand  beruhigend in der Rückhand hätte, wie viele Eltern müsste man davon überzeugen, Schuls entwicklungsorientiert mitzugestalten? - Antwort: 20. 

Aufgabe 5: Wie viele lehrende Schüler:innen und wie viele begleitende MamaPapas benötigt man für dieses Konzept prozentual: 6% der Schüler:innen und 1% der MamaPapas. 

Aufgabe 6: Ist das illusorisch? Antwort: Nein.

 

An dieser Stelle breche ich ab. Mir schwirren viele Ideen im Kopf herum, die ich beim großen Palaver in meiner fiktiven Schule auf den Tisch legen würde … aber starke entwicklungsorientierte Prozesse entstehen am Ende real vor Ort und nicht am Schreibtisch eines Pensionärs. 

 

Deshalb mein entwicklungsorientierter Anschubser zum Schluss: Angenommen man würde z.B. eine Klassenstufe 7 mit vier Parallelklassen zu einer Stufenfirma zusammendenken … und ein:e Fachlehrer:in würde krank … aber die Stunde würde dann nicht wie üblich vertreten oder ausfallen: Weil man nach dem großen Palaver genügend lehrende Schüler:innen entwickelnd einbauen könnte - außerdem auch MamaPapas als helfende Stützen … welche Organisationsmöglichkeiten würden sich hierbei auftun, wenn man das übliche Klassensilodenken  verlässt? 

Und wie könnte man die Firma Klassenstufe 8 mit den Wissensschweifen einbeziehen, die ja schon ein Jahr gereift sind.

Ich überlasse Sie jetzt Ihrer eigenen Fantasie.

 


mehr lesen

Kapitel 39 - Die Lage der Menschheit auf unserem Planeten benötigt Mut

U39 Die Lage der Menschheit auf unserem Planeten benötigt Mut

 

Das letzte Kapitel ist ganz persönlich. Ich bin ein 71jähriger Pensionär, der die Beatles und die Stones als Begleitmusik für seine eigene bewusste Schulzeit gehabt hat. Ich selbst war mehr der Stones-Fan … da steckte für mich mehr Rebellion in den Songs.

Meine Schulzeit war geprägt von Lehrer:innen, die heutzutage überall anecken würden. Ich denke, Schüler:innen von heute würden schreiend davonrennen, wenn sie in diese Zeit zurückgebeamt würden. Es hat sich viel getan an unseren Schulen. Nur das „Schülergefühl“ ist leider ähnlich geblieben. Nichternstgenommen.

Trotzdem: Unsere Schule, unser Lernen, unsere Freiheiten … auch wenn sie von Schüler:innen noch gar nicht so erfasst werden können … sie sind meiner Meinung nach sehr erhaltenswert. Ich wollte nicht tauschen mit anderen Kulturkreisen … sagen wir mal mit den hocheffizienten Schulen in China.

Nun geht es doch geschichtlich um die Frage, welche Vorstellungen, wie man als Mensch leben will, sich am Ende durchsetzen werden. . „Chattie, hilf doch einmal kurz. Was sind denn die wesentlichen Unterschiede von chinesischer und europäischer Vorstellung, was gute Pädagogik ausmacht.“ - „Die chinesische Pädagogik hat eine lange Tradition und wurde stark von konfuzianischen Lehren geprägt. Im Mittelpunkt steht die Idee, dass Bildung ein Instrument ist, um eine moralische und harmonische Gesellschaft zu schaffen. Im Gegensatz zur westlichen Pädagogik, die den Schwerpunkt auf individuelle Entwicklung und Kreativität legt, betont die chinesische Pädagogik die Bedeutung von Disziplin und Autorität, um eine gemeinschaftliche Ordnung und Stabilität zu gewährleisten.

Eine weitere wichtige Eigenschaft der chinesischen Pädagogik ist der Wettbewerb. Schüler:innen werden dazu ermutigt, hart zu arbeiten und in ihren Studien konkurrieren zu wollen, um die besten Ergebnisse zu erzielen. In China gibt es eine Kultur des Lernens, in der Wissen und Bildung als der Schlüssel zum Erfolg betrachtet werden.

In Bezug auf die Lehrmethoden und Lerninhalte gibt es ebenfalls Unterschiede. In China liegt der Fokus auf der Beherrschung von Fakten und Wissen, insbesondere in den Kernfächern Mathematik, Naturwissenschaften und Sprachen. Es wird weniger Wert auf kritisches Denken und Diskussionen gelegt, wie es in der europäischen Bildungstradition oft der Fall ist.

Insgesamt gibt es also klare Unterschiede in der chinesischen und europäischen Pädagogik, die auf unterschiedlichen Wertvorstellungen und Traditionen beruhen.“

„Ich danke dir. Das ist doch schon einmal eine guter Steilpass für meine Vorstellung, warum ich Schülerschule 3.0 für das bessere Zukunftsmodell ansehe als Disziplin und Autorität. Denn: Es geht dabei uns Menschen aus europäischer Sicht einfach besser. Uns Menschen … damit meine ich uns alle. Nicht nur die reichsten 10%. Freiheit im Denken und im Handeln halte ich als ein in die Jahre gekommener Mensch für ein riesiges Geschenk, das mir das Leben in diesem Europa nach dem 2. Weltkrieg geschenkt hat. 

 

Aber ich behaupte: Unsere Old-School, wie sie noch immer an den meisten Lehranstalten zu finden ist, ist nicht in der Lage, gegen die Macht der Disziplin und Autorität der chinesischen Pädagogik zu bestehen. Unsere Schüler:innen haben am nach der Schule meist zu wenig Biss und  Eigenständigkeit .. und außerdem zu wenig Wissen und zu geringe Einsatzbereitschaft. 

Ich behaupte aber gleichzeitig, dass Schüler:innenschule 3.0 locker alle Konzepte dieser Welt schlagen und dabei die mir so wichtigen Freiheiten des persönlichen Lebens trotzdem erhalten kann. Denn Schülerschule 3.0 fordert vom Einzelnen noch mehr als die chinesische Pädagogik, erhält aber komplett die Freiheit des individuellen Denkens. Da die Gesellschaft und die Volkswirtschaft der Zukunft aber genau dies benötigt, befinden wir uns auf dem richtigen Weg.

Fazit: Bei entwicklungsorientierter Bildung versus Autorität und Disziplin geht es um zwei unterschiedliche Blickwinkel

Blickwinkel 1: Die Menschen sind allermeistens nicht in der Lage, sich für die Zukunft und den Erhalt der menschlichen Zivilisation aktiv einzusetzen - also muss man sie dazu zwingen.

Blickwinkel 2: Die Menschen sind sehr wohl in der Lage, sich für die Zukunft und den Erhalt der menschlichen Zivilisation einzusetzen, nur müssen sie von klein auf lernen, dass dies eine anstrengende, aber auch befriedigende Arbeit ist … und nur erfolgreich umzusetzen, wenn sie viel dafür tun. Aus freien und bewussten Stücken. 

 

Ich behaupte, das europäische dreibeinige Trampolin könnte „locker“ höher springen als das chinesische Konzept von Disziplin und Autorität.

Wir sind aber bisher steckengeblieben auf dem Weg von „den Schüler verstehen“ bis zu „auf Augenhöhe vom Schüler viel abverlangen“. Denn die Welt der Zukunft verlangt einfach extrem viel von uns ab. Ob wir das wollen oder nicht.

 

Freiburg März 2023

 

Kapitel 38 - Umzug in die entwicklungsorientierte Schule

38 Umzug in die entwicklungsorientierte Schule

Ich versuche zusammenzufassen. Entwicklungsorientierte Schule ist Zukunftsmusik. Aber sie ist Zukunftsmusik, die man schon morgen anfangen könnte, weil alle „Zutaten“ trotz Lehrermangel vorhanden sind. Und es geht auch nicht um fehlendes Geld. Es geht eigentlich „nur“ um eine Blickwinkeländerung, die allerdings von den Bildungsbehörde zugelassen werden muss. Die auch richtig schwierig durchzuführen ist, weil es für alle Seiten ein Verlassen der eigenen sicheren Burg bedeutet. Weil es ein Wagnis mit scheinbar unsicherem Ausgang ist. Das man umso lieber eingeht, wenn sonst nichts mehr geht. Vielleicht dann, wenn man, wie in Sachsen-Anhalt, vor so großen Personalproblemen stehend, die Viertagewoche als mögliche Alternative ausruft. In der großen Hoffnung, dass innovative Schulen aus der Not heraus zukunftsgerichtete Initiativen ins Leben rufen könnten. Wie auch immer. Das ist vielleicht der entscheidende Startschuss für den Paradigmenwechsel. Vielleicht so - nur eben mit Duldung des Kultusministeriums - wie bei der Umwandlung des fiktiven Schiller-Gymnasiums in die fiktive Laborschule in Weit im Winkl 2013. Das wäre dieses Weit im Winkl 3.0, von dem ich des öfteren geschrieben habe. Speziell im Adventskalender auf dem Blog. Ich darf zitieren. https://www.aufeigenefaust.com/weit-im-winkl/die-geschichte/die-schul-story/

Ungefähr 10 Jahre ist es her, dass das kleine einzügige Schiller-Gymnasiums in Weit im Winkl, kurz "das Schiller", der erstaunten Öffentlichkeit erzählte, dass sie im Jahre 2013 zur Revolte angetreten war. 2013, das war der Beginn des großen vereinheitlichten Bildungssparprogramms im Ländle. Es war das zweite Jahr, in dem die Gymnasialempfehlung als Eintrittskarte für das Schiller weggefallen war und seither einfach alle Kinder dieser ländlichen Umgebung zu Gymnasiasten wurden. Es waren ja auch immer nur zwischen 25 und 30 Kinder, die sich in den zwei Grundschulen pro Jahrgang tummelten. Deshalb kooperierte das Schiller sehr schnell mit diesen beiden Schulen. Man kämpfte in dieser ländlichen Abgeschiedenheit mit Ideen gegen die immer über allem schwebende Bedrohung der Schließung aus Gründen der Ineffizienz. Die Bevölkerungspyramide hatte für Schulen bedrohliche Formen angenommen.

Das Schiller war damals mit Lehrern noch recht komfortabel ausgestattet, sollte deshalb einige junge Kollegen als Abordnung an andere Gymnasien in der Rheinschiene abgeben. Man hatte die vielen außergewöhnlichen Projekte der Schule zwar immer wieder hoch gelobt, aber mit den Sparmaßnahmen vor das Aus gestellt. "Wir können nichts dafür. 2020 muss der Haushalt stimmen." wiederholten die Politiker unentwegt sehr ernsthaft und glaubwürdig.

"Aber mir sen au ned schuld!" brüllte der damalige frisch ins Amt gekommene Direktor Paul Enderle auf einer Gesamtlehrerkonferenz. Ein Schwabe mit breitem Dialekt. Er war gerade mal 38 Jahre alt. Zwischen 40 und 65 Jahren gab es in Baden-Württemberg damals sowieso kaum Gymnasiallehrer/innen, weil ein Vierteljahrhundert lang niemand mehr eingestellt wurde. "Schweinezyklus" nannte es Enderle. "Absolut ohmeglich! On jetz goht des Ganze scho wiedor los." Enderle war Urschwabe, gebürtiger Remstäler aus Waiblingen und konnte trotz seines sonnigen Gemüts sehr zornig werden. "Also i sag eich. Mir machad jetz oifach nemme mid. Do gibts enzwischa die Hättie Schdudie on koi Sau indressierds do oba. I han heid morga dor Steggor zom Kuhmi rauszoga. Also zom ErPe. Jetz semm miar teilautonom. So isch des." Tosender Applaus. Das Kollegium konnte schon nach zwei Monaten Dienstzeit mit dem Dialekt ihres neuen Chefs wunderbar umgehen.

Enderle hatte seinen Plan seit einiger Zeit im Kollegium verbreiten lassen. Widerstand. Ausklinken. Den Stecker ziehen. Darauf hoffen, dass man bei einem einzügigen Gymnasium mit gerade mal 200 Schülern und 24 Lehrern wie dem Schiller im Verwaltungsnetz allerhöchstens ein leises Rauschen bemerkte, wenn man sich als Schule klammheimlich abkoppelte. So dicht an der Grenze. Sich also aus der immer stärker wachsenden Kontrolle durch das Regierungspräsidium (kurz ErPe) entwinden, um dem völligen Trockensparen doch noch zu entgehen. "Des kenna mir selbor doch oifach besser. Mid onsorm Konzebt sen mir ohschlagbar. On wenn des en a baar Joar uffliagt, no kann des Experimend koiner meh abbrecha. Sonsch blamierd der sich vollkomma. Sen er dobei?" Enderle war in seinem Element, war vollkommen echauffiert. Stehende Ovationen. Eine rebellische Schar von zwei Dutzend meist jungen Lehrer/innen. Sein Kollegium stand komplett hinter ihm.

Ja und so kam es, dass das Schiller "teilautonom" wurde, wie sie es nannten. Sich komplett selbst verwaltete, nur jedes Jahr das Zentralabitur mitschrieben und sich ansonsten ganz still verhielten.

Wie es Enderle vorausgesagt hatte, verschwand das Schiller unbemerkt vom Schirm des Regierungspräsidiums und vom Schirm des Kulturministeriums. Beim Landesamt für Besoldung und Versorgung ahnte man nicht, welche Ungeheuerlichkeit sich das Lehrerkollegium von Weit im Winkl geleistet hatte.  Ja, sie hatten sich komplett aus dem Wahnsinn aus Vorschriften und Auflagen ausgeklinkt. Stecker gezogen. Und hatten ihre eigene Schule neu erfunden. Und sie legten sich einen neuen Namen zu. "Warum emmr so große Nama?" hatte Enderle gesagt. Ja und so wurde das Schiller-Gymnasium zum Laborgymnasium "Auf-eigene-Faust".

Dem Café L, wie es viele liebevoll nannten. Weil es einfach anders war als alles andere, was man sonst kannte.

Wer weiß, vielleicht wird es demnächst in der Realität immer wieder solche Laborschulen geben, die entwicklungsorientiert agieren, weil man ihnen aus schierer Not heraus die Freiräume eingeräumt und das Kollegium den Mut und die Lust aufgebracht hatte, aus der Notlage auszubrechen und Neues zu wagen. 

 

Kapitel 37 - Agile Didaktik und gesunder Menschenverstand

U37 Agile Didaktik ist gesunder Menschenverstand

Ich sollte das Kapitel vielleicht doch etwas anders benennen. Denn es ist einfach für mich persönlich in den 35 Jahren Schulmeisterei sehr normal geworden und auch effektiv und schlüssig, mit Schüler:innen zusammenzuarbeiten. Vielleicht habe ich deshalb beim Vorplanen der einzelnen Kapitel diesen „gesunden Menschenverstand eingepackt. Wer es lange gemacht hat, diese Zusammenarbeit, dem kommt es nicht schwierig vor, kommt es vor, als wäre es der gesunde Menschverstand. Da doch eigentlich jeder seine eigene ernstgenommene Kindheit und Jugend sehr direkt in sich und mit sich herumträgt und eigentlich wissen müsste, wie ernstzunehmend man in der Jugend tickt und dass man zu wenig gefordert wurde. Na ja, vielleicht fällt es mir selbst eben so leicht, weil ich das jahrelang von meinen Schüler:innen lernen konnte. 

Dass ich meinen früheren Umgang mit Schüler:innen im außerunterrichtlichen Bereich später als agile Didaktik bezeichnen würde, das wusste ich natürlich damals noch nicht. Mit dem Begriff der Agilität kam ich erst nach meiner Pensionierung in Kontakt. Später nannte ich es lieber kollaborative Improvisation und heute entwicklungsorientierte Bildung. Grundsätzlich geht es um Zusammenarbeit. Und zwar zwischen Lehrenden und Lehrenden, zwischen Lernenden und Lernenden und zwischen Lernenden und Lehrenden.  Das ist der Knackpunkt. Das ist die große Herausforderung. Die auch Lernende heftig fordert. Wer ernst genommen wird, der kann sich nicht mehr so einfach hinter seiner Schulbank verstecken. Agile Didaktik als Entwicklungsorientierung ist der natürliche Paradigmenwechsel nach der alten Wissensorientierung und der scheinbar hochmodernen Kompetenzorientierung. Die aber in den meisten Schulzimmern immer noch nicht so richtig angekommen ist. Aber keine Sorge: Mit dem Paradigmenwechsel zur Entwicklungsorientierung wird die Kompetenzorientierung samt der Wissensorientierung sowieso eingepackt. Agile Didaktik bedeutet Ernstnehmen. Und Ernstnehmen ist eigentlich gesunder Menschenverstand. Ernstnehmen - beidseitig. Lehrende und Lernende. Für beide Seiten eine neue Herausforderung, die sich lohnt. Für beide Seiten.    
Die Herausforderung ist echte harte Arbeit, bedeutet viele Workshops, Sitzungen, Umorientierungen, Vollversammlungen, Skripte, Pädagogische Tage, Reflexionen, Feedback, Hilfe von außen … und immer die Schüler:innen mit dabei. Aber es ist eine Notwendigkeit, wenn man Schüler:innen ernst nehmen und fordern will. Das Heranführen an die Eigenständigkeit sollte übrigens bis ins Kindergartenalter reichen. Auch schon vor der Schule muss der Fokus stärker in diese Richtung gehen, damit der Start in der ersten Klasse für alle einfacher ist. Eigenständigkeit: Auch ein Auftrag an alle Mamas und Papas. 

 

mehr lesen

Kapitel 36 - Den Bahnhof verstehen

36 Flügelverleih on Demand oder den Bahnhof verstehen

oder Die Tiny-Wings-Methode und die Sache mit der Agilität.

 

Ich sollte 2018 für den Blog des Forums agile Verwaltung den Part übernehmen, das agile Denken auch für das Lehren und Lernen Stück für Stück aufzuarbeiten. Ich zitiere hier den damaligen Text, weil er genau das ausdrückt, was ich für dieses Kapitel sagen will. 

 

„.. Ich schreibe hier als alter Schulmeister, der 35 Jahre lang Physik und Mathematik unterrichtete und das Glück hatte, viel ausprobieren zu dürfen. Speziell auch außerunterrichtlich. Agilen Schulleitungen sei Dank. Deren Motto: Raum lassen. Zulassen. Vertrauen. Ungewöhnliche Wege von Lehrpersonen aushalten lernen. Und nun habe ich gerade eine alte Datei gefunden, die wir damals mit einem digitalen Rundbrief-pdf an unsere Eltern geschickt haben, um ihnen das Faust-Gymnasium in Staufen und die vielen Facetten des Lernens in dieser Lehranstalt näher zu bringen. Faust-aktuell – eine gute Möglichkeit, mit einem Klick alle Eltern zu erreichen. Ich lasse Sie erst einmal ein wenig hineinlesen. (Zur Erklärung: Flügelverleih haben wir damals die kleine Nachmittagsschule für unsere Fünft- und Sechstklässler getauft, die im Flügel von einem speziellen Schülerkollegium älterer Schüler/innen betreut wurden.)

 

„Stimmt, Sie haben recht. Wir betreuenden Lehrer/innen vom Flügelverleih am Faust lieben die etwas anderen Namen. Weil es dann einfacher ist, pädagogisches Neuland ohne spezielle Erwartungen von außen zu betreten. Nachhilfe – da hat jeder eine Vorstellung, wie sie abläuft. „Den Bahnhof verstehen“ hieß deshalb im letzten Jahr unsere Spezial-Flügelverleih-Nachhilfeschule, in der sich Schüler/innen am Nachmittag allein oder in kleinen Gruppen in verschiedenen Fächern coachen lassen konnten. Neuland. Spontannachhilfe. Klassenarbeitsvorbereitungsnachhilfe. Schwierige Mathehausaufgaben-mit-Unterstützung-lösen“-Nachhilfe. Wir hatten an zwei Tagen einen Überhang an Lerncoaches in der Nachmittagsschule. So entstand diese Idee. Kapazitäten waren frei. Zweites Halbjahr. Als es für manche brenzlig wurde. Auch unsere erste Skype-Ferienschule entstand in diesem Zusammenhang. Pfingsten 2012. Ferienlernaktive Schüler/innen konnten sich anmelden, um ein spezielles Problem von einem der Skype-Coachs erklärt zu bekommen, mit dem sie sich gerade herumschlugen und keine Antwort fanden. Arbeiten nach dem Tiny-Wings-Prinzip aus dem Hause Flügelverleih. Das war auch Grundlage beim „Den-Bahnhof-verstehen“. Tiny-Wings-Prinzip? Sagt Ihnen nichts? Tiny Wings ist ein kleiner Vogel, der noch nicht so richtig fliegen kann. Eine Spiel-App aus dem Apple Store. Ein einfaches kleines Spiel, das 2011 zum Spiel des Jahres gekürt wurde. Es funktioniert ganz einfach. Man muss einem kleinen Vogel, der einen Tag lang versucht, möglichst weit zu fliegen und dabei möglichst viele wertvolle Dinge mitzunehmen, durch Unterstützung helfen. Unterstützen heißt, den Bildschirm berühren. Dann zieht er seine kleinen Stummelflügel ein und überlässt sich der Gravitationskraft und dem Spieler. Löst man die Berührung, flattert er wieder selbst.

Die Kunst, an einem Tag möglichst viele Punkte zu bekommen und möglichst weit zu fliegen, besteht darin, immer im richtigen Moment kurz zu unterstützen, um den Vogel dann selbst fliegen zu lassen. Die TINY-WINGS-METHODE im „den Bahnhof verstehen“-Projekt funktionierte genauso. Nachhilfe ist aus unserer Sicht nur dann sinnvoll, wenn man genau weiß, an welcher Stelle sie ansetzen muss. Punktgenau. Nicht andauernd. Wenn man bei Tiny Wings dauernd den Daumen auf den Bildschirm legt, bekommt der kleine Vogel zwar ein wenig mehr Punkte als wenn man ihn den ganzen Tag lang alleine den Berg herunterflattern lässt, aber es ist überhaupt kein Vergleich zum gezielten Unterstützen. Das gezielte Unterstützen besitzt vollkommen andere Erfolgsaussichten. Dauernde Nachhilfe bringt im Allgemeinen einfach nur Beruhigung, kein Tiny-Wings-Gefühl. Das Tiny-Wings-Gefühl ist das Erfolgsgefühl eines kleinen Vogels, der merkt, dass er eigentlich selbst schon ganz schön viel kann. „Ich nehme jetzt Nachhilfe“ hören wir so oft von Schülerinnen und Schülern, die dann im Unterricht und bei den Hausaufgaben den Kampf um die eigene Kompetenz weiter reduziert haben, weil… „sie nehmen ja jetzt Nachhilfe.“ Oftmals ist Nachhilfe sogar Noten verschlechternd, weil sich Schüler am Ende ganz auf den Nachhilfeunterricht verlassen und im Unterricht gar nicht mehr richtig aufpassen.

Deshalb: Die TINY-WINGS-METHODE setzt auf sehr viel Eigeneinsatz mit möglichst minimaler Lerncoachbegleitung. Wenn man bei Tiny Wings, ohne zu wissen, wann man unterstützen muss, auf den Bildschirm drückt, also sporadisch, dann hat der kleine Vogel übrigens auch keinen Erfolg. Zu erkennen, an welcher Stelle die Unterstützung notwendig war, war Aufgabe der Bewerber beim „Den Bahnhof verstehen“-Projekt des Flügelverleihs im Haus zum Platzenden Knoten. … Ja man musste sich bewerben, aktiv …“

Ich erinnere mich noch gut an dieses eine Jahr mit den viel zu vielen Lerncoaches. Und die Idee des Bahnhofs, die ein Schüler/innenteam ausgetüftelt hatte. Heute würde ich im Rückblick sagen, der Flügelverleih war an sich ja schon von Anfang an hochagil … eine Sache der Haltung, der Augenhöhe. Und ein großes Experiment mit dauernder kleinschrittiger Anpassung an neue Gegebenheiten. Eine sehr befriedigende Zusammenarbeit mit den Lehrer/innen, Sozialarbeiter/innen, Personalleiter/innen … der Zukunft, um gemeinsam optimale Betreuungsstrukturen zu entwickeln, von denen wir vorher nicht wussten, wie sie am besten funktionieren würden. Am Anfang waren bis zu 80 Lerncoaches auf fünf Tage verteilt. Eine starke Truppe mit eigenen pädagogischen Abenden und einem wöchentlichen kurzen Stand-Up vor der eigentlichen Betreuungszeit. Während die Kleinen nebenan eine Spielrunde absolvierten.

Ich habe diese Flügelzeit als Lehrer genossen, weil wir ohne Vorgaben mit Schüler/innen als Kolleg/innen zusammenarbeiten konnten. Das Konzept ist nicht direkt auf den Unterricht übertragbar, die Denkweise schon. Schüler/innen sind ganz normale Menschen, nur im Moment noch ziemlich junge. Aber ohne Frage die Fachleute der Zukunft. Wer sie nicht aktiv in den Lernprozess mit einbezieht, der verschenkt sehr viele Entwicklungsmöglichkeiten. Lässt Kompetenzen ungenutzt. Und verzichtet ganz nebenbei auf einen hohen Zufriedenheitsfaktor als Lehrperson.

Tiny Wings sollte dauernd in Schülerköpfen sein: Möglichst viel selbst fliegen. Und ebenso in Lehrerköpfen: Möglichst viel selbst fliegen lassen.  Weil das am Ende die höchste Punktzahl ergibt.

p.s. Hier mehr zur Tiny Wings Methode zum Download als pdf

(Man sollte sie noch umschreiben - nicht nur für einen Flügelverleih, sondern für eine komplexe entwicklungsorientierte Schule. Dieses eigentständige „on demand“, wenn ich Input brauche, darum geht es doch, wenn man erfolgreich arbeiten will.)

 

Kapitel 35 - Pupils on demand und mehr

35 Pupils on demand und mehr

Wir sind schon tief eingedrungen in die zukünftige Praxis einer entwicklungsorientierten Schule, in der Schüler.innen (und damit auch Lehrer:innen) eine ganz eigene Rolle eingenommen haben. Denn es geht ganz viel um diese Metaebene, über die wir im letzten Kapitel gesprochen haben. Entwicklungsorientierte Schule ist eine hochmotivierende und aktive Schule, die am Ende nur noch wenig mit der heutigen Schule zu tun hat. Speziell wenn dann Chattie&Co mitmischen werden. Und das wird so kommen. Also das mir Chattie&Co. Ich hoffe auch das mit der entwicklungsorientierten Schule. Denn nur so können wir mit unseren europäischen Werten weltwirtschaftlich punkten. Weil entwicklungsorientierte Schule nicht auf maximalen Schulabschluss bei minimalem Aufwand setzt, sondern auf maximalen Einsatz, um dann erst zu sehen, wohin die eigene Reise geht. 

In einer entwicklungsorientierten Schule wird sowieso viel gefordert werden und kann damit auch viel fordern. Viel fordern und sich selbst fordern ist die neue Ansage. Ich behaupte allerdings, dass Schüler:innen dann nicht mehr behaupten, Schule wäre stressig. Denn die Natur hat uns eigentlich darauf angelegt, viel dafür zu geben, dass wir gut leben. Entwicklungsorientierte Schule setzt genau da an. Viel für das gute Leben zu geben. 

An einer Schule wie der hier skizzierten wird ein klares „On Demand“ normal. Wenn es von jeder:m Schüler:in ein Fähigkeiten-Portefolio gibt, dann können die Planer des individualisierten Unterrichts zeigen, was sie drauf haben. Natürlich zusammen mit künstlichen Intelligenten wie Chattie. Jugendliche, die zwischen Lehrenden und Lernenden hin- und herswitchen, fühlen sich nicht mehr wie heutige Schüler:innen. Lehrer:innen switchen ja genauso wie sie - auch sie sitzen oft als Lernende in Sachen neuer Technologie in Workshops, in denen ihre eigenen Schüler:innen ihre Lehrer:innen sind. Der Unterschied von Lehrenden und Lernenden verschwimmt … wie sich das am Ende anfühlen wird … ich weiß es nicht. Aber ich kann es mir vorstellen. Wahrscheinlich so wie damals, als wir als Nichtmusiklehrer ein semiprofessionelles Tonstudio am Faust-Gymnasium gebaut hatten, zusammen mit Schüler:innen, die später Profis wurden. Jan Stegemann war so einer. Im alten pädagischen Schweizermesser hat er es so beschrieben: S. 321 Kapitel 17 auf  https://www.aufeigenefaust.com/otto-kraz/otto-kraz-rueckblick/das-pädagogische-schweizermesser/ (Jan schaffe nach dem Abitur die Aufnahme an der Tontechnik-Hochschule von Paul Mc Cartney in Liverpool. Bei ihm habe ich schon viel gelernt, als er noch Achtklässler war.)

„… so und nun zum paedagogischen skript: was fuer mich an erster und wichtigster stelle steht, wenn ich an meine faustzeit und die erfahrungen dort zurueck denke, ist die aehnlichkeit zum leben nach der schule. spinnereien-ideen ausarbeiten – projekte ins leben rufen, koordinieren und teamwork und eigenverantwortliches arbeiten usw. das empfand ich alles als total normal, als ich vom faust wegging, obwohl das dach der schule und das ganze netzwerk weg war und ich mir ein neues netzwerk aufbauen musste, was aber auch automatisch irgendwie zustande kam. fuer das holprige leben (vor allem im musikbusiness) bin ich geruestet gewesen, als ich vom faust ging, auch wenn mir das damals nicht klar war.

... faust zu sein war die perfekte simulation ...

die frage, warum ich neben meinem studium noch in so viele andere dinge meine energie stecke, stellt sich mir nie. ich habe immer das gefuehl mehr rauszubekommen – das selbe gefuehl, das ich schon als mischer im fauststudio hatte, wenn ich zum 500. mal record gedrueckt habe und es 4 uhr morgens war (oder die letzte traverse von m.ortner‘s total ueberdimensionierter lichtanlage wieder abgebaut war :-) ).

das konzept faust/schuelerschule (oder wie auch immer man es nennen will) hat mir deutlich mehr gezeigt als teamwork, eigenstaendiges und zielstrebiges arbeiten.“ faust zu sein“ war die perfekte simulation/ vorbereitung fuer die arbeit im „professionellen business“ , auch wenn es mir erst in den letzten jahren bewusst geworden ist.

ich weiss nicht, was ich heute machen wuerde, haette ich nicht die chance gehabt, ein teil davon zu sein.

soo, nun habe ich mal versucht meine gedanken runterzuschreiben, auch wenn mir so eine sache immer (noch) schwer faellt. das ist aber wohl der zentrale gedanke, den ich zu diesem thema zu sagen habe. 

 

sowie seb geschrieben hat, dass das faust in einem steckt, steckt es auch in mir, mehr aber was ich davon mitgenommen habe und die art und weise, gedanken ueber zukunft, projekte und ziele zu machen. das ist sehr wertvoll und einzigartig fuer mich, weil es sich nicht nur auf studio – musik – audio bezieht, sondern eben auf mein leben. immer wieder reizen mich neue projekte, da ich weiss, dass es meinen horizont erweitern wird. das finde ich schon sehr „faust“.

als beispiel waere das:

meine mitarbeit bei einer medienagentur in liverpool als programmierer als livemischer mit bands auf tour zu arbeiten ein clubmusikprojekt mit einem freund zusammen, bei dem wir zusammen musik machen. das projekt hat als reines spass-projekt angefangen, inzwischen wurden wir fuer konzerte bis nach tokyo gebucht und ich konnte mir eine woche tokyo und ein bisschen japan anschauen.

Ja klar, natürlich drücken nicht immer solche Spezialspezialisten die Schulbänke, mit denenen man solch außergewöhnliche Projekte wie ein schuleigenes Tonstudio realisieren kann. Aber darum geht es ja auch nicht. Für mich ist das nur ein Beispiel, um das Gefühl zu beschreiben, das man als Lehrer und als Schüler empfindet, wenn man zusammenarbeitet. Auf Augenhöhe. In diese Richtung muss es gehen, wenn sich Schule erfolgreich für die Zukunft aufstellen will.

Und zwar von Anfang an. Die Motivation von Erstklässler:innen ist zu Beginn sehr, sehr hoch. Und die Bereitschaft, selbst viel für die eigene Bildung zu unternehmen, ist sensationell gut angelegt. Manche Grundschulen, die früh auf Eigenständigkeit, Lerntagebücher, agiles Lernen und Teamarbeit mit viel Lehrer:innenfeedback setzen, können ein Lied davon singen. Das Potenzial ist riesig, unabhängig von den Ausgangsbedingungrn für die einzelnen Schüler:innen. Meine Erfahrung aus vielen Erzählungen einzelner Grundschullehrer:innen: Auch Erstklässler:innen kann man locker als Lehrassistent:innen einsetzen. Dieses WinWin geht von Anfang an. Was dafür notwendig wäre, ist eben einerseits ein Paradigmenwechsel der Blickwinkel auf Schule und Schüler:innen. Und eine andere Lösung, wie man den Übergang zur weiterführenden Schule vollzieht. Die Situation, dass heute manchmal schon 3/4 einer Grundschulklasse auf‘s Gymnasium gehen, müsste doch eigentlich zulassen können, dieses Auswahlsystem über Noten radikal zu überdenken. Denn es ist doch logisch: Je mehr jungen Menschen auf die neue Hauptschule Gymnasium zusteuern, desto mehr Eltern setzen natürlichweise auf das althergebrachte Büffeln, dass das eigene Kind auch ja den Sprung auf’s Gymi schafft. Das geht momentan nur über Fachnoten und damit nicht über Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Eigenständigkeit und Einsatzwillen. Ich habe einige Jahre lang für meine Fünftklässler:innen ein Biss-Zeugnis zusätzlich zu den üblichen Zeugnissen erstellt und später mit den Abitursnoten verglichen. Und sieh da: Es waren nicht die Fachnoten, sondern die Biss-Noten, die eine hohe Korrelation mit dem Abitursdurchschnitt hatten. Da ist einfach riesig viel Luft im System. Und noch einmal: Auch Grundschüler:innen tragen einen riesigen Wissenschweif hinter sich her und bisher sind es nur einzelne Kolleg:innen, die ihn selbst für ihren Unterricht nutzen … bis dann der Run auf‘s Gymi keine Zeit mehr dafür lässt.

Kapitel 34 - Das Problem der Abgehängten lösen

Das Einstiegsbild für das Projekt Reservetank

34 Das Problem der Abgehängten lösen

Ich will dieses Kapitel am liebsten von Sascha beschreiben lassen, der im Vorwort für das Skript zum Reservetank-Projekt für 77 nichtversetzte Schüler:innen an 17 Schulen aus Baselland Klasse 9 angesetzt wurde, weil sie am Ende versetzt werden mussten - also sollten. Durch die „große Harmonisierung“ im Bildungssystem gab es für diese 77 Schüler:innen keine Nachfolgeklassen mehr, in die sie sitzenbleiben konnten. Also musste ein völlig anderes Konzept her. Das Problem der Abgehängten lösen. Aber jetzt zuerst einmal Sascha als Gesicht der Kampagne. Sascha selbst war selbst einmal ein Abgehängter, der aber irgendwann seinen Schalter umlegen und dann seinen Traum erfüllen konnte: Pilot zu werden. Heute fliegt er große Boings bei der Swiss-Air.

„Es ist mir eine Freude, Euch auf einer ganz speziellen Flugreise zu begleiten.

Lehnt Euch zurück, entspannt Euch, schaltet dieses Mal die elektronischen Geräte ein, geniesset Euren Flug und vergesst nicht, uns auf www.faust-digital.jimdo.com zu folgen.

Ihr fragt euch sicher, was so ein Swiss-Pilot wie ich mit eurem Versetzungsprojekt zu tun hat.

Na ja, ich war vor gut zehn Jahren in eurer Situation. 9. Klasse - Faust Gymnasium Staufen - südlich von Freiburg. Die Schule mit dem üblichen Unterricht fand ich schon sehr lange eher langweilig und ätzend. Also schwebte eigentlich die dauernde Versetzungsgefahr über meiner schulischen Biographie - mein Klassenlehrer in Klasse fünf, jener Heinz Bayer, der sich in eurem Projekt Otto Kraz nennt, hatte mir früh davon erzählt, dass ich nur den Schalter umlegen müsste, erst dann könnte ich meine Fähigkeiten ausspielen, die ich besitzen würde. Jeder hätte einen Reservetank und die meisten würden meinen, sie hätten keinen. Ich habe das mit 11 Jahren nicht verstanden, was er damit gemeint hatte. Aber mit 15 habe ich den Schalter gefunden. Konnte plötzlich auf der Metaebene Richtung Abitur gleiten und habe ab diesem Zeitpunkt Schule mit links gemacht.

Keine Sorge: Durchschnittsnoten. Das reicht ja auch. “Es gibt keine Studie, die einen Zusammenhang zwischen Schulnoten und späterem beruflichen Erfolg herstellen kann,” sagt Otto Kraz immer und “Noten sind nur Wegweiser.” Als Schüler kamen mir diese Aussagen meines Lehrers oftmals ein wenig komisch vor. Heute muss ich sagen: Der Mann hat recht.

Ich hatte einen Traum. Ich wollte schon als kleiner Kerl immer Pilot werden. Als ich auf einer Urlaubsreise einmal neben dem Flugkapitän sitzen durfte, hatte es mich gepackt. Im Dauermodus “versetzungsgefährdet” rückte dieser Traum allerdings ins Traumland. Doch nach diesem Schalter-umlegen in der neunten Klasse kam ich ihm wieder näher ... völlig verrückt, was damals mit mir geschah. Und heute weiß ich: Otto Kraz und diese Projekte für Versetzungsgefährdete, die es am Faust-Gymnasium lange Zeit gab, funktionieren einfach deshalb, weil es Methoden sind, die man selbst in der Hand hat.

Euer Sascha

p.s. Ich werde euch in Zukunft immer, wenn ich über Baselland fliege, die Daumen drücken, dass ihr den Schalter findet, um selbst abzuheben.“ 

Mehr dazu unter https://faust-digital.jimdofree.com/material-zum-projekt/

Meine zentrale Aussage heißt: Alle Menschen besitzen einen Reservetank, den sie aktivieren können, wenn sie ihn wirklich aktivieren wollen. Das Schalter-umlegen findet ja sowieso auf einer  Metaebene statt. Auf die muss man sich begeben können. Ich hatte in einem früheren Kapitel schon einmal auf die Seite 216 im pädagogischen Schweizermesser verwiesen. Dort habe ich unsere positiven Erfahrungen am Faust-Gymnasium mit dem Reserven-mobilisieren-statt-Nachhilfe beschrieben. Über diese Erfahrungen kam die Idee auch in der Schweizer Fortbildungsszene an und ich so zu dem Auftrag, bei den 77 nicht versetzte Jugendliche mitzuhelfen, den Schalter umzulegen. Hat übrigens auch funktioniert … wobei jeder Jugendlichen an seiner Schule natürlich eine eigene Begleitlehrperson an seiner Seite hatte. 

mehr lesen

Kapitel 33 - Mit Schülerassistent:innen arbeiten

33 Entwicklungsorientiert mit Schülerassisten:innen arbeiten

Nein, das ist überhaupt nicht einfach. Schule ist unseren Köpfen eingraviert als ein Ort, an dem Lehrer:innen den Ton angeben, weil sie ja studiert haben und damit das Wissen besitzen. Seit der Zeit, als man das wirklich so auch sagen musste, hat sich viel verändert. Wenn das Wissen irgendwann so schnell für jeden abrufbar ist wie heute schon die Rechtschreibung über Rechtschreibprogramme, was heißt das für den Ort Schule? Man muss ehrlicherweise sagen: Der Umgang mit IT und KI fällt doch jungen Menschen leichter als älteren. Also Schüler:innen leichter als Lehrer:innen. Klar wird das komplexe Wissen im Kopf auch in 50 Jahren noch eine wichtige Rolle spielen, also wird man auch immer Lehrer:innen in Schulen brauchen, aber ihre Rolle wird sich radikal ändern müssen. Es tut vielen in der Seele weh, Abschied nehmen zu müssen von der guten alten Schulzeit, in der man sein Wissen von einem Schulmeister übermittelt bekam. Die Zukunft der Schule wird ein gemeinsames Umgehen mit dem Wissen der Welt zur individuellen Förderung der Lernenden und der Lehrenden sein. Denn auch Lehrende müssen sich immer schneller an die Veränderungen der digitalisierten Welt anpassen müssen. Und das geht man besten zusammen mit den Lernenden, weil sie mit ihrem Hochleistungsgehirn die besten Assistenten sind. Pubertät und Persönlichkeits-Entwicklung werden trotzdem immer wieder Kapriolen schlagen, weshalb die Lehrerrolle genau hierauf fokussiert sein wird. Und auf die komplexe Einordnung der komplexen Herausforderungen der Zukunft. Ja ich weiß. Tut weh, aber es gibt eben keine Zeitmaschine, in der man sich in Rühmanns Feuerzangenbowle-Zeit zurückbeamen lassen kann.

Entwicklungsorientiert mit Schüler-Assist:innen zu arbeiten, das wird eine große Herausforderung der Schulen werden, die diesen Schritt wagen. Dieser Schritt muss von Anfang an zusammen mit allen Schüler:innen gegangen werden … es darf nicht wie sonst üblich an Schulen, an pädagogischen Tagen geplant werden, was man dann später Schüler:innen Gutes tut will. Denn es ist ja eine große Aufgabe, die man Schüler:innen mit diesem Schritt aufbürdet. Entwicklungsorientiert Schule machen bedeutet für Schüler:innen viel mehr Einsatz und Arbeitsaufwand … dazu müssen sie bereit sein und dafür müssen sie die Umsetzung mit planen. Klar könnte man jetzt anfangen, einen theoretisch funktionierenden Stundenplan für eine Klassenstufe oder die ganze Schule zu entwerfen, wie und wann Schülerteams als Lehrerteams ins Rennen geschickt werden. Aber entwicklungsorientierte Schule ändert sich Jahr für Jahr - je nach Schülerpersönlichkeiten, die nachrücken und andererseits die Schule verlassen. Ein lebendiger Organismus, keine starre Lehranstalt mehr.  Eine dauernde Auseinandersetzung und keine festen Lehr- und Stundenpläne. Ein Paradigmenwechsel bei der Lehrerrolle und der Schülerrolle. Die Fähigkeiten von Schüler:innen und die Fähigkeiten von Lehrer:innen zusammenpacken, um … 

ja warum eigentlich? 

Ich könnte jetzt viele Gründe anführen: Für meine Urenkelkinder würde ich mir wünschen, dass sie sich auch in dieser bis dahin so stark veränderten Welt wohlfühlen können … und dafür sollte Europa mit seinen Grundwerten wirtschaftlich stabil genug bleiben. Bildungs-Freiheit contra Disziplin und Drill … ja das würde ich mir für unsere Nachfahren wünschen. 

p.s. Ich habe, fällt mir gerade noch ein, diese erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Schüler-Assisten:innen und Lehrer:innen natürlich auch selbst erlebt zu haben. Im Flügelverleih - Kapitel 2. Unsere pädagogischen Sitzungen mit den Lerncoachs waren für mich echte Jungbrunnen für die pädagogische Arbeit. Und das bei Schüler:innen ab der 9. Klasse. Sensationell, wie lehrerfähig manche  Schüler:innen sind. :-)

 

Kapitel 32 - Den Wissensschweif nutzen

mehr lesen

Kapitel 31 - Das Vorne-auf-der-Welle-Gefühl für alle

mehr lesen

Kapitel 30 - Behörden in höchster Not

30 Behörden in höchster Not - die Chancen des Paradigmenwechsels

Ich denke, mit der Veränderung von Schule gibt es erst dann echte Aussichten auf Erfolg, wenn man kurz davor ist, die Sache mit der Bildung an die Wand zu fahren. Erst dann kann sich die übliche Aussage an Schulen vom „Never change a running system“ radikal umwandeln. Schüler:innen mit ans Ruder zu lassen ist für normale Europäer:innen kaum denkbar. Aber logisch, wenn man sich die Welt von morgen betrachtet. Entweder komplett zurück auf Leistungsdruck und Disziplin oder Schülerschule 3.0. Das Letztere halte ich für viel erfolgreicher als Disziplin und Drill. Außerdem: Wenn Lehrer fehlen, wer soll dann auch den Drill übernehmen? 

Ich schreibe übrigens dieses Skript als Werbeschrift für das Konzept Schülerschule 3.0, mit dem in die Zukunft aufbrechende Schulen mit heftigem Personalmangel bei ihren Bildungsbehörden anklopfen können. Denn klar hat man auf höherer Bildungsbehördenebene sicher schon einmal von solchen verrückten Konzepten gehört, die Schüler:innen in den Mittelpunkt stellen. Obwohl z.B. im Vorwort zum Bildungsplan für Baden-Württembergs Gymnasien schon früh solche Dinge standen wie „Wie jeder Bildungsplan, so lebt auch dieser davon, dass Schülerinnen und Schüler in unseren Schulen ernst genommen werden – in ihrer Neugierde, ihren Talenten und auf ihrer Suche nach Identität und Orientierung. Bildung und Erziehung stehen daher in einem untrennbaren Zusammenhang.“ Dr. Annette Schavan 2004 - Und gerade Baden-Württemberg war sehr stolz darauf, dass die Kompetenzorientierung Einzug gehalten hat. Zumindest auf dem Papier.

Als erstes Land hat Baden-Württemberg 2004 seine Bildungspläne für die allgemein bildenden Schulen vollständig auf kompetenzorientierte Bildungspläne umgestellt. Diese wurden im Rahmen der Bildungsplanreform konsequent weiterentwickelt und die Kompetenzformulierungen wurden weiter präzisiert und differenziert.“ Bildungspläne 2016 Baden-Württemberg.

Wir an der Hochschule für agile Bildung sind der Überzeugung, dass nach Wissensorientierung und Kompetenzorientierung ein weiterer Paradigmenwechsel ansteht: Entwicklungsorientierung. Ich packe mal wieder Chattie mit ins Boot: „Wenn ich dir die Stichworte Wissensorientierung - Kompetenzorientierung - Entwicklungsorientierung zusammen mit Christof Arn und Jean-Paul Munsch von der Hochschule für agile Bildung in Zürich aufschreibe, was kannst du mir dazu sagen?“ - 

Die Stichworte Wissensorientierung, Kompetenzorientierung und Entwicklungsorientierung beschreiben unterschiedliche Schwerpunkte in der Bildung.

Die Wissensorientierung legt den Fokus auf das Vermitteln von Wissen und Fakten. Schülerinnen und Schüler sollen möglichst viele Informationen aufnehmen und sich Wissen aneignen, um dieses später im Beruf oder im Alltag anwenden zu können.

Die Kompetenzorientierung geht einen Schritt weiter und legt den Fokus auf die Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten. Schülerinnen und Schüler sollen in der Lage sein, Probleme zu lösen und Aufgaben zu bewältigen. Dabei werden nicht nur fachliche Kompetenzen, sondern auch überfachliche Kompetenzen wie z.B. Teamfähigkeit oder Kreativität gefördert.

Die Entwicklungsorientierung stellt den Menschen als Individuum in den Mittelpunkt und legt den Fokus auf die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung. Schülerinnen und Schüler sollen befähigt werden, sich selbstständig weiterzuentwickeln und ihr eigenes Leben selbstbestimmt zu gestalten. Dabei wird nicht nur auf Wissen und Kompetenzen, sondern auch auf die Entwicklung von Selbstreflexion, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein geachtet.

Christof Arn und Jean-Paul Munsch von der Hochschule für agile Bildung in Zürich setzen auf einen ganzheitlichen Ansatz und vereinen diese drei Orientierungen zu einem umfassenden Bildungskonzept. Dabei steht die individuelle Entwicklung der Schülerinnen und Schüler im Vordergrund und sie werden dazu ermutigt, ihre Stärken und Interessen zu entdecken und auszubauen.

 

„Alles klar, Chattie“ … Ich bin immer noch erstaunt, was unsere künstliche Intelligente immer wieder so ausspuckt. Was ich inzwischen zu ChatGPT bemerken kann: Wenn man weiß, was man sagen will und gegenliest, dann passt die Antwort sehr oft erstaunlich gut. 

Sollte sich zufällig jemand aus den oberen Bildungsbehörden bis hierhin durchgelesen haben, dann formuliere ich eine ganz große Bitte: Wagen Sie den Paradigmenwechsel in die Zukunft. Geben Sie Schulen, die Sie darum bitten, im Rahmen ihrer großzügig ausgelegten rechtlichen Möglichkeiten, die Freiheit, die sie benötigen, um Ihnen zu zeigen, was auch ohne zusätzliche Lehrer:innen, die es gerade einfach nicht gibt, trotzdem großartig funktionieren kann. Und wenn es dann mal wieder genügend Lehrer:innen gibt, weil man merkt, wie attraktiv der Lehrerberuf an entwicklungsorientierten Schulen geworden ist - umso besser.

 

Verehrte Damen und Herren von den Bildungsbehörden. Man muss Schulen weiterentwickeln, weil es zu wenig Personal gibt, die Welt sich rasend schnell dreht und künstliche Intelligenz alles auf den Kopf stellt. Schüler:innen sind dabei ein starkes zusätzliches Personal. Potenzial, das bisher fast nicht ausgeschöpft wird. Aus der Not eine Zukunftsperspektive entwickeln lassen, indem man als Behörde einfach an Schulen einmal Dinge zulassen kann, die nicht ins Schema passen. Sie könnten Bildungsgeschichte schreiben.

 

 

Kapitel 29 - Warmlaufen mit der Wurmloch-Strategie

29 Warmlaufen mit der Wurmloch-Strategie

Nehmen wir einmal an, Sie sind Lehrer:in an einer normalen öffentlichen Schule ohne agile Ideen im Schulprogramm. Und es leuchtet ihnen alles ein, was ich hier so von mir gebe. Aber Sie wollen gerne praktische Gewissheit, ohne gleich die ganze Schule umkrempeltn zu müssen. Ich empfehle dann zum Warmlaufen: Split4WinWin oder die Wurmloch Strategie. https://www.aufeigenefaust.com/2018/03/16/split4winwin/ … 

Wichtig dabei: Augenhöhe … Am besten Sie diskutieren Ihr Projekt ausführlich mit Ihren Schüler:innen. Am besten, Sie starten mit einer Zukunftswerkstatt zur Schüler:innenschule 3.0, um zu testen, wie empfänglich Ihre Schüler:innen dafür sind. Aufgabenstellung: „Entwickelt in Gruppen Konzepte, wie ihr eure eigenen Wissensschatz, den jede:r von euch mit sich herumträgt, ohne ihn effektiv zu nutzen,  nur um darüber eine Arbeit zu schreiben und das Meiste davon später wieder zu vergessen. Die Aufgabenstellung: Entwickelt eine Schulkonzept, in dem auch Schüler:innen Lehrpersonen sind … um die Chancen nicht zu verspielen, genügend sehr gut ausgebildete Leistungsträger der Zukunft auszubilden.“ Vielleicht erzählen Sie von Schulausbildung in China und fordern Ihre Schüler:innen auf, ein Gegenmodell zu entwickeln, das trotz der vielen Freiheiten in unserem Europa leistungsstark bleibt. Im Moment hängen wir leider ab … und mit dem wachsenden Lehrermangel wird sich die Situation verschlechtern. Wir hatten einige Jahre lang am Faust-Gymnasium einen Schüleraustausch mit China (Shanghai und Wuhan) … und damit direkten Einblick in die Arbeit an chinesischen Schulen. Ich vergesse die Aussage einer Mathematik-Kollegin nicht, die als Begleitlehrerin aus Wuhan zurückkam und meinte:“ Die Chinesen schwärmen noch immer so von Made in Germany, aber wenn sie mal merken, dass das, was chinesische Schüler in der 10. Klasse in Mathe lernen, ich erst im 1. Semester Mathestudium gelernt habe, dann verblasst irgendwann dieses Made in germany.“

Wir haben damals auch selbst bei den chinesischen Austauschschüler:innen an unserer Schule selbst nachvollziehen können, was extreme Disziplin und hoher Leistungsdruck in Sachen Wissen bewirken können. Nicht in Sachen Eigenständigkeit, Entwicklungsfähigkeit und Selbstbewusstsein. Die Aufgabenstellung für eine leistungsstarke europäische Schule muss sein, viel mehr von Schüler:innen einzufordern - und das geht nur, wenn man die Schüler:innen mit ins Boot nimmt. Entwicklungsorientierte Bildung, das sei immer wieder mal erwähnt, ist alles andere als Spielerei. Es fordert ein Vielfaches von den Lernenden, dafür geht es einher mit einer viel größeren Zufriedenheit. …

So, ich bin abgeschweift. Split4WinWin …eine Methode, bei der man - nach langer inhaltlicher Vorarbeit mit seinen Schüler:innen, eine Gruppe eigenständig überholen lässt. Wie man die Gruppe zusammenstellt, hängt natürlich von der Leistungsstruktur der Klasse ab. Ich würde es wohl mit gemischten Gruppen versuchen … alle 4 Wochen ein Wechsel, damit sich alle Schüler:innen einmal beweisen können. Klar, das Material muss natürlich von der Lehrperson selbst zusammengestellt werden … aber Corona hat hier ja schon einiges an Vorarbeit leisten lassen. Ich selbst würde z.B. in Physik Klasse 11 meine sprechenden Physikhefte nehmen https://www.aufeigenefaust.com/physik/ - wenn ich es eng geführt haben will. Im letzten Jahr hat damit eine Teilklasse erfolgreich selbstständig gearbeitet … um dann die Inhalte den anderen Schüler:innen weiterzuvermitteln. Aber es spricht natürlich nichts dagegen, im Sinne von agiler Arbeitsweise auch die Auswahl der Materialien den Schüler:innen zu überlassen. ChatGPT würde ich zumindest für Physik zur Zeit noch nicht vorschlagen. Sorry Chattie, aber da musst du noch dazulernen. Aber es gibt ja heute schon genügend Lernvideos im Netz, die man für seine Schüler:innen als Auswahl zusammenstellen kann. Unsere fiktive Laborschule haben wir 2013 ja gegründet, um mit unseren eigenen Lernvideos zu experimentieren. Meine Physikabteilung in Weit im Winkl war hier https://physikmaschine.jimdofree.com/physik-archiv/

Die Möglichkeiten neben den Schulbüchern an Lernmaterial sind heute so immens, dass man als Lehrender natürlich eigenständig arbeitende Schüler:innen begleiten muss. Am Ende gilt: Zusammen mit seinen Schüler:innen nach den besten Ideen und Wegen suchen und experimentieren. Und immer wieder anpassen lernen.

 

Kapitel 28 - Das Schloss muss sich an den Menschen anpassen

28 Das Schloss muss sich an den Menschen anpassen

„Ja bitte einen Plan, wie man das entwicklungsorientierte Schloß Schülerschule 3.0 aufbaut. Bei so viel Erfahrung.“ - Gibt es leider gar nicht, solch einen Plan. Denn jede Lerncommunity aus Lehrenden und Lernenden ändert sich laufend. Jeder Schüler:innenjahrgang ist ein anderer. Jede Zusammensetzung von Teams ist jedesmal individuell neu. Genau das ist ja der große Irrtum von Old-School. Zu meinen, man müsse nur alle Klassen einmal unterrichtet haben und dann dafür Skripte und Arbeitsblätter sauber abheften. Dann wäre nach ein paar Jahren das Unterrichtennein Kinderspiel, weil man nur an den richtigen Ordner gehen muss und das richtige Arbeitsblatt herausziehen und fertig ist die Unterrichtsvorbereitung. Ja klar geht das … nur stülpt man oft ein scheinbar perfektes Schloss über eine Lerngruppe, die überhaupt nicht zum stolzen Schloss passt. Entwicklungsorientiertes Lernen geschieht zusammen mit den Lernenden … auch die Schritte, die unternommen werden, sind abgestimmt. Damit das Schloss an die individuellen Fähigkeiten und Kompetenzen angepasst werden. Übrigens ganz wie es das agile Manifest aussagt, das die IT-Branche effektiv werden ließ. Der 4. Wert von 4 lautet: „Das Eingehen auf Änderungen hat Vorrang vor strikter Planverfolgung.“ Schüler:innen sind Menschen und damit Individuen. Nimmt man noch den 1. Wert des Manifests dazu, passt es auch hier: „Individuen und Interaktionen haben Vorrang vor Prozessen und Werkzeugen.“ Übertragen auf den Bildungsprozess sowas wie: „Wir unterrichten Menschen, keine Fächer.“

Oder Chattie? Wie drückt es unsere künstliche Intelligente aus? Kann man das agile Manifest auf die Bildung anwenden?“ „Ja, das agile Manifest kann auch auf Bildung angewendet werden. Das agile Manifest wurde ursprünglich für die Softwareentwicklung entwickelt, aber seine Prinzipien sind auf verschiedene Bereiche übertragbar, einschließlich der Bildung.

Einige Schulen und Bildungseinrichtungen setzen bereits agile Methoden wie Scrum oder Kanban ein, um ihre Arbeitsprozesse zu optimieren und eine flexiblere und effektivere Zusammenarbeit zwischen Lehrern und Schülern zu ermöglichen. Die Grundsätze des agilen Manifests, wie beispielsweise die Betonung von Zusammenarbeit, Flexibilität, kontinuierlicher Verbesserung und kundenzentrierter Ausrichtung, können auch auf Bildung angewendet werden.

Im Kern geht es darum, Schüler und Lehrer als gleichberechtigte Partner bei der Gestaltung des Lernprozesses zu betrachten und die Lerninhalte und -methoden an den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Schüler auszurichten. Das bedeutet auch, dass der Fokus auf den Lernenden und deren Fortschritt gelegt wird, anstatt auf starren Lehrplänen und Bewertungssystemen.

Eine agile Bildungskultur fördert somit Eigeninitiative, Teamarbeit und Selbstorganisation, um den Schülern die Fähigkeiten zu vermitteln, die sie für eine sich schnell verändernde Welt benötigen.“

„Hey Chattie, besser hätte ich es nicht ausdrücken können. Chapeau. Du erstaunst mich immer wieder.“

 

Kapitel 27 - Das dreibeinige Trampolin im Verlauf des Lebens

27 Das dreibeinige Trampolin im Verlaufe des Lebens

Wir hatten das Trampolin schon, aber ich würde es gerne noch einmal aufwärmen. Es sind drei Faktoren, die uns Menschen dazu bewegen, etwas wirklich zu wollen. Man nennt es Motivation, dieses Wollen wollen. Ein scheinbar unerklärbarer Antrieb für die Begeisterung der unterschiedlichsten Bereiche, Tätigkeiten und Aktionen. Mit Begeisterung lassen sich Dinge bewegen, die ohne Begeisterung undenkbar wären. Jeder kennt das von sich selbst. Gäbe es einen kleinen Schalter, den man im Unterricht immer dann anknipsen könnte, wenn es um wichtige neue Inhalte geht, dann gäbe es keine dieser typischen Schulprobleme mehr, die aus der Null-Bock-Schwingungen im Gehirn herrühren. Dann könnte jeder seine Fähigkeiten voll ausspielen, weil das Gehirn in den richtigen Momenten auf volle Power läuft. Lehrpersonen müssten immer nur anmerken: „Herrschaften, jetzt bitte den Schalter umlegen“ und 30 Gehirne würden im HighEnd-Modus arbeiten.“ Eigentlich schade,mdass es so nicht geht. Ich habe meinen Schüler:innen immer und immer wieder dieses obere Bild versucht, in den Kopf zu packen: Ein Umlegen des Schalters bewirkt zwei Dinge: Man arbeitet dann plötzlich in einem Gehirnareal, das viel effektiver lernen kann und auch viel nachhaltiger. Sich Dinge also viel besser merken kann. Der Folgeeffekt: Bessere Noten und viel mehr Freizeit. „Findet den Schalter, es lohnt sich“ - war meist meine Ansage. Klar, schon zu wissen, dass unser Gehirn so funktioniert, wirkt bei manchen Schüler:innen wie ein Schalter. Der Spaßfaktor, sein Gehirn bewusst zu manipulieren, indem man ihm einredet, dass der Unterricht jetzt echt spannend wäre … das ist aber natürlich schon hohe Kunst der Selbstdisziplin. Für den Abijahrgang 2007 hatte ich es in der 11. Klasse mit einem Motivationskalender versucht https://www.aufeigenefaust.com/otto-kraz/otto-kraz-rueckblick/vom-standstreifen-auf-die-überholspur/ „007-Kalender“. Ich hatte 2004 alle 3 elften Klassen in Physik übernommen, weil dieser Jahrgang bei meinen Physikkolleg:innen als so unmöglich und unmotiviert verschrien war, dass ich damals Lust bekam, genau dort mit einem Motivationskonzept anzutreten und alle drei Klassen übernahm und Physik zur Basis einer Motivationskampagne machte. Das Ergebnis? Der Abischnitt des Jahrgangs 007 war ganz normal wie in den Jahren zuvor … und das, obwohl man ihm düstere Abinoten prognostiziert hatte. 

Aber ich war dabei sowieso „nur“ das kleine Rädchen Physiklehrer in der Klasse 11, der viel über‘s Wollen wollen und den Schalter umlegen gesprochen hat. Heute würde ich trotzdem sagen, dass ich da ein wenig versucht habe, die Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan in der Praxis anzustupsen. „Chattie, sag bitte mal was dazu.“ -„Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation von Deci und Ryan ist eine wichtige Theorie, die sich mit der Motivation von Menschen auseinandersetzt. Die Theorie besagt, dass Menschen von Natur aus motiviert sind und dass ihre Motivation auf verschiedenen Stufen von Autonomie und Kontrolle abhängt.

Die Theorie unterscheidet drei Grundbedürfnisse, die für eine intrinsische Motivation von großer Bedeutung sind: Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit. Autonomie bezieht sich darauf, dass Menschen das Bedürfnis haben, selbstbestimmt zu handeln und Entscheidungen zu treffen. Kompetenz bezieht sich darauf, dass Menschen das Bedürfnis haben, ihre Fähigkeiten zu verbessern und Herausforderungen zu meistern. Soziale Eingebundenheit bezieht sich darauf, dass Menschen das Bedürfnis haben, mit anderen in Beziehung zu treten und ihre Zugehörigkeit zu einer Gruppe zu erfahren.

Die Theorie geht davon aus, dass wenn diese drei Grundbedürfnisse erfüllt werden, Menschen intrinsisch motiviert sind und sich mit ihren Tätigkeiten identifizieren. Wenn diese Bedürfnisse jedoch nicht erfüllt werden, kann dies zu einem Verlust an intrinsischer Motivation führen.

Die Selbstbestimmungstheorie ist wichtig für die Pädagogik, da sie zeigt, dass eine Lehrperson Schüler:innen unterstützen kann, indem sie ihnen das Gefühl gibt, dass sie Autonomie haben, ihre Kompetenzen verbessern und sich sozial eingebunden fühlen. Dies kann dazu beitragen, dass Schüler:innen intrinsisch motiviert sind und sich mehr für ihre Lernaktivitäten engagieren.“

„Hey Chattie, du bist ja witzig. Ihnen das Gefühl geben. :-) Ich meine eher: Gibt Schüler:innen mehr Autonomie, damit sie sozial eingebunden im Team ihre Kompetenzen spüren können. Deshalb: Schüler:innenschule 3.0 - den Schalter umlegen und das dreibeinige Trampolin auf Vordermann oder Vorderfrau bringen.

 

Kapitel 26 - Die gnadenlosen Vorzüge der Jugend

26 Die gnadenlosen Vorzüge der Jugend

Als unsere Töchter in die Pubertät verschwanden und ich so viel zu erzählen hatte, sie aber nicht mehr zuhörten, habe ich ein „wachsendes Buch“ für sie geschrieben. Der Autopädakt. https://www.aufeigenefaust.com/otto-kraz/otto-kraz-rueckblick/der-autopaedakt/ Sorry, er ist einfach mit dem Tuschestift direkt geschrieben … und damit voll von kleinen Leichtsinnsfehlern. Ursprünglich war er ja nur für meine beiden Töchter, die sich heimlich dieses wachsende Buch immer mal wieder aus dem Regal zogen, um meine Weisheiten dann doch anzuschauen. Später wollten einige Oberstufenschüler:innen dringend mitlesen, nachdem ich davon erzählt hatte. So wurde es schulintern „schwarz“ kopiert und verbreitet. :-) Und so entstand eine verrückte Projekt daraus: Grundbildung - ein ganz neues Fach - das ich zusammen mit zwei Oberstufen-Schüler:innen gemeinsam entwickelt und durchgeführt habe. Mit ihnen zusammen habe ich auch an meine ersten verbalen Beurteilungen von Schüler:innen herumgetüftelt - damals gab es sowas noch nicht für‘s Gymnasium. (Wen das Projekt näher interessiert : Das überarbeitete pädagogische Schweizermesser unter „Grundbildung“ - S. 194.)

Ich habe ein Schuljahr lang ein komplett neues Fach mit 3 Wochenstunden zusammen mit zwei Oberstufenschülerinnen unterrichtet, deren Freistunden so gelegt wurden, dass sie immer Zeit hatten, mit mir „Grundbildung“ zu „unterrichten“. 

Hier wollte ich aber nur das obere Bild zitieren, das aus dem damaligen Autopädakten herausgenommen ist. Ich hatte es für meine Töchter gezeichnet, um ihnen klarzumachen, welche riesigen Vorzüge sie genossen, die ich als Vater, Berufstätiger und Erwachsener nicht mehr hatte. Umgekehrt muss man sich das Bild einmal als Erwachsener betrachten, um zu merken, wie ernst man die Jugend nehmen sollte. Dringend. Man schwärmt ja später rückwirkend immer heftig übe diese Wahnsinnszeit der eigenen Pubertät. Aber eben nur über die eigene Pubertät. Nicht über die Pubertät der eigenen Kinder bzw der eigenen Schüler:innen. Man sollte es tun. Es bringt ganz schnell Augenhöhe. 
Und Augenhöhe ist eins der wichtigsten Voraussetzungen, wenn man Schüler:innenschule 3.0 erleben will. Ich hatte übrigens damals, als mir meine Töchter nicht mehr zuhören wollten, eine eigene „Pubertätsberaterin“ aus der Oberstufe, die gerade diesen heftigen Lebensabschnitt hinter sich hatte und mich immer wunderbar beruhigen konnte. 😎

Schüler:innen sind häufig schon echte Profis in ihrem Fach. Schüler:innenschule 3.0 setzt genau darauf.

 

Kapitel 25 - Eigenständiges Lernen als Gesamtkonzept

25 Eigenständiges Lernen als Gesamtkonzept

 

Ich frage mich als vor sich hin träumender alter pensionierter Schulmeister ohne das tägliche Gefühl aus dem eigenen Klassenzimmer, wie ich wohl an meiner fiktiven Laborschule mit der Einführung von entwicklungsorientiertem Paradigmenwechsel beginnen würde. Mein Vorschlag wäre wahrscheinlich folgender: Man beginne die Vorbereitungskurse auf das eigenständige Lernen mit den 4. Jahrgangsstufe in allen Grundschulen, die auf die weiterführenden Schule vorbereiten. Konkret: Sobald sich die Viertklässler:innen - meist im März - auf der weiterführenden Schule angemeldet haben, beginnt die Vorbereitungsrunde … einmal in der Woche am Nachmittag an der weiterführenden Schule. April bis Juni … Das Ziel: Wenn die neuen Fünftklässler:innen im September antreten, muss ihnen klar sein, dass diese neue Schule wirklich eine komplett neue Schule ist. Und dass es aber als „Notlösung“ für alle, die mit dem eigenständigen Lernen nicht zurechtkommen, auch eine Gruppe gibt, die oldschoolmäßig geführt wird. Die zentralen Inhalte der Vorbereitungsrunde: „Wie lerne ich eigenständiges Lernen und warum soll ich das überhaupt lernen?“ und „Lernen in der Gruppe.“

Es gibt erstaunlicherweise schon recht viele Grundschulen, die in den ersten Klassen auf eigenständiges Arbeiten setzen, dann aber - weil der Übergang zur weiterführenden Schule ansteht - auf oldschool setzt. Und in den weiterführenden Schulen steht eigenständiges Lernen dann meist nicht mehr auf der Tagesordnung. Um es im Sinne des unteren Bildes auszudrücken: Es geht um‘s Weiterschwimmen, wenn man die weiterführende Schule entwicklungsorientiert aufstellen will. 

Ich meine, je nachdem, wie die Grundschulen schon gearbeitet haben, wird die Old-School-Schiene größer oder kleiner ausfallen. Gemeinsame Aufgabenstellung (Für Lehrende und Lernende) wird in den folgenden Jahren sein, allen zu zeigen, wie erfolgreich und effektiv entwicklungsorientiertes Lernen ist - bei gleichzeitigem Wohlfühleffekt. Ja klar, ich denke mir, an dieser Stelle meinen viele, ich sei eben nur ein Träumer, weil die Realität meilenweit davon entfernt ist. Ich glaube dagegen, dass die Realität der nächsten Jahre einen riesigen Bedarf an Neuerung bringen wird, weil sich zeigen wird, dass man mit der Entwicklung der Welt und dem wachsenden Lehrermangel an Schulen immer weniger zurecht kommt. 
Ganz ehrlich, ich glaube an den großen Ansteckungsfaktor durch Vernetzung. Unteres Bild.

Ich bin der festen Überzeugung, dass Schulen und Behörden, je mehr sie in Not geraten, vernünftig reagieren und irgendwann alle auf Schule der Zukunft setzen werden. In der Schule der Zukunft arbeiten Lehrende und Lernende zusammen. 

 

mehr lesen

Kapitel 24 - Entwicklungsorientierte Bildung

24 Entwicklungsorientierte Bildung

Ich versuche einmal, die Grundlagen von entwicklungsorientierter Bildung mit zwei früheren Filmchen zu beschreiben. Für entwicklungsorientierte Bildung müssen Schüler:innen und Lehrer:innen ihren Blickwinkel auf Lernprozesse radikal ändern. Ein wirklich schwieriger Prozess und ich habe keine einfache Lösung parat, wie man diesen Prozess in Gang setzen kann. Allerdings gibt es einige Schulen, die kurz vor dem Aus standen und die sich dann überlegt hatten, alles radikal zu verändern. Also vielleicht ist das genau die Chance. Weil wir auf eine allgemeine Schulsituation zudriften, die oft untragbar wird. Für Lehrer:innen und für Schüler:innen. Was Schüler:innen verändern und stärken müssen, um am Ende ihr Schloss zu bauen, zeigt der obere Film. Was Lehrer:innen verändern müssen, zeigt der untere Film. „Chattie, sag doch du auch mal was dazu.“ - In einer entwicklungsorientierten Schule wird von Schülerinnen und Schülern erwartet, dass sie sich aktiver am Unterricht beteiligen, eigenständig lernen und Verantwortung für ihren eigenen Lernprozess übernehmen. Sie müssen sich auch darauf einstellen, dass der Unterricht in einem solchen Umfeld möglicherweise weniger strukturiert ist und mehr Raum für Kreativität und Experimente bietet. Es kann auch eine stärkere Betonung sozialer Kompetenzen geben, wie zum Beispiel Teamarbeit, Kommunikation und Empathie.

Lehrer müssen möglicherweise ihre Rolle als reine Wissensvermittler aufgeben und stattdessen mehr als Lernbegleiter und Unterstützer agieren. Sie müssen in der Lage sein, Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern und ihre Lernbedürfnisse zu erkennen. Darüber hinaus müssen sie offen für Veränderungen und Innovationen sein und bereit sein, ihre Lehrmethoden an die sich verändernden Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler anzupassen. Eine entwicklungsorientierte Schule erfordert auch eine starke Zusammenarbeit und Koordination zwischen den Lehrkräften, um eine kohärente Lernumgebung zu schaffen.“

Chattie, ich sehe, wir verstehen uns. 

 

Kapitel 23 - die Lambda-Schwelle

Eine alte Visualisierung der Lambda-Problematik und ihre Lösung mit einer speziellen Feedbackmethode … der konkreten „Messung“ des lambda-Faktors mit einem Luuise-Messinstrument. 

23 Die Lambda Schwelle

(Zur Erklärung: Ich habe die Beziehungsebene zwischen Lehrenden und Lernenden vor langer Zeit schon als Lambda-Ebene bezeichnet, da man einen neuen Begriff leichter mit eigenen Inhalten füllen kann - Beziehungsebene ist für jeden schon irgendwie belegt. Hier ein paar entscheidende Faktoren:

1. Ernst nehmend - gegenseitig
2. Selbstreflektierend - auf beiden Seiten
3. Akzeptierend - gegenseitig
4. Fehler zulassend - gegenseitig
5. Zielorientiert - mit derselben Zielrichtung
6. Vorwurfslos - beidseitig 

Eine einseitige Lambda-Schwelle nenne ich, wenn ein Lernenden meint, der Lehrende würde ihn doof finden, umgekehrt denkt aber der Lehrende, alles wäre beziehungsmäßig in Ordnung zu dem Lernenden.)

Zur Lambda-Schwelle und deren möglichen Messung habe ich schon des öfteren gebloggt. Z.B. https://agile-verwaltung.org/2019/12/26/agil-arbeiten-oder-sich-die-lambda-schwelle-messen-trauen/ 

Hier würde ich gerne noch einen Schritt weitergehen. Ich behaupte ja, dass die einseitige Lambda-Schwelle eines der größten Probleme des „normalen“ Unterrichts darstellt. Eigentlich ein tägliches Missverständnis zwischen Lehrenden und Lernenden. Aber natürlich vollautomatisch zu lösen, wenn man entwicklungsorientierte Bildung als schlichte Zusammenarbeit ansieht - zwischen Lehrenden und auch Lernenden. Speziell wenn Lernende auch Lehrende werden können. Schülerschule 3.0 eben. Wenn Lehrer:innen hinter die aktuellen Kulissen des Lernens ihrer Schüler:innen schauen können und auch umgekehrt, dann löst sich das Problem der einseitigen Lambda-Schwelle in Luft auf. Behaupte ich. 😎

 

mehr lesen

Kapitel 22 - Noten als Wegweiser

22 Noten als Wegweiser

Ja stimmt … dieses Bild verwende ich seit einem Vierteljahrhundert. Es drückt aus, wie ich früher als Lehrer Noten empfand. Wenn ich schlechte Noten in Physik oder Mathe ausgeben musste, dann war es immer dieses Bild und seine Aussage, die ich mitlieferte. Man braucht dazu keine Studien. Man muss nur ehrlich in sich zurückfühlen. Bis zu den Schulzeiten. Oft verschüttet und nachträglich verklärt. Ich selbst habe 20 Jahre meines beruflichen Lebens als Physik- und Mathelehrer benötigt, um die Note „befriedigend“ in Deutsch ….. und die Aussagen meines Deutschlehrers, dass ich zwar inhaltlich ganz gut wäre, aber mein Stil unsäglich wäre, weil ich immer viel zu lange Sätze schreiben würde. Oder zu kurze. Und ich würde dauernd „und“ an den Anfang von Sätzen schreiben und das ginge gar nicht. … also um die Note „befriedigend“ in Deutsch nicht mehr so ernst zu nehmen und dann angefangen habe, genussvoll zu schreiben. Viele leiden lebenslang an ihren Schulnoten und haben sie nie wirklich verarbeitet. 

Aber: Was sagen Noten schon wirklich aus. Ich habe es einmal für unser Forum agile Verwaltung in einem Blogbeitrag für das Fach Mathematik beschrieben. https://agile-verwaltung.org/2019/07/22/mathe-agil/

 

Für alle, die sich vielleicht erst jetzt hier einklinken, eine kleine Erläuterung zu meinem täglichen Blogvorhaben. Am Ende von diesen 39 Kapiteln steht ein Skript-pdf, das auf 40 Seiten alle Blog-Kapitel beinhaltet. Das „schlichte“ inhaltliche Ziel heißt:

Lasst Schüler:innen so oft wie möglich selbst Lehrer:innen werden, dann öffnet sich Schule für die Zukunft.“

Ich habe diesen Satz heute mehr so nebenbei meinem siebenjährigen Enkel (Erstklässler) erzählt … Er schaute mich zuerst mit großen Augen an. Als ich meinte, dass er nach einem halben Jahr Schule doch eigentlich auch schon ziemlich viele Dinge unterrichten könnte, hat er kurz gestutzt und dann sehr klar geantwortet: „Opa, das stimmt.“

Ich verkürze: Zurück zu Drill und Disziplin können und wollen wir nicht … die heutige Schule fordert aber zu wenig und nimmt Schüler:innen nicht ernst … Meine Vorstellung von entwicklungsorientierter Schule nimmt Schüler:innen so ernst, dass sie sie ganz natürlich auch als Lehrpersonen einsetzt. Und das nicht, um den Lehrermangel zu vertuschen (das ist nur ein positiver Nebeneffekt), sondern um weiterhin weltwirtschaftlich Europa mit unseren europäischen Wertvorstellungen auf diesem Planeten vorne mitspielen zu lassen. Das geht nur mit Schulabsolvent:innen, die sich das auch zutrauen und die loslegen wollen. Und die gibt es mit Old-School-Vorstellungen leider nicht genug.

 

 

 

Kapitel 21 - Zeitmanagement und Fächererweiterung

21 Zeitmanagement und Fächererweiterung

Meine Behauptung: Old-School ist aufgrund veralteter Strukturen und Ansichten ein Lernzeitfresser allererster Güte. Selbst früher an meinem entspannten südbadischen Landgymnasium dachte ich das so oft. Leerlauf, Leerlauf, Leerlauf … bei so vielen Schüler:innen. Man stelle sich nun einmal eine Schule vor, in der man es geschafft hat, Schüler:innen sich so selbstständig entwickeln zu lassen, dass es für die allermeisten viel Leerlauf weg und neue Schul-Lebens-Bereiche zu öffnen wären. Bei dem Hirnforscher Manfred Spitzer habe ich einmal über eine Studie gelesen, in der Stress bei Schüler:innen im Laufe eines Tages gemessen wurde. Erstaunlicherweise - oder auch nicht? - kam dabei heraus, dass Schülergehirne im Schnitt während der Schulzeit relaxen und in der Freizeit den Stress hochhauen. Eine moderne Schulstruktur, wie ich sie mir vorstelle, würde von Schüler:innen während der Schulzeit sehr viel mehr einfordern als meist nur in den Schulbänken sitzen und zuhören. Bei gleichzeitiger allgemeiner Zufriedenheit. Entwicklungsorientierte Bildung setzt darauf. 

Schule entwicklungsorientiert umbauen - effektiver arbeiten - Zeit einsparen - Zufriedenheit steigern - Zeitgefäße für Schüler:innen-Lehrpersonen öffnen - die Schule der Zukunft genießen. Ja stimmt: Bis jetzt nur ein gelebter Traum für manche kleinen privaten Schulen, die in diese Richtung gehen. Aber machbar. Mehr Zeitgefäße für neue Fächer? Ich denke, die meisten kennen den Gedanken von „ eigentlich müsste man so etwas schon in der Schule lernen. „Chattie, was sagst du denn zu diesem Kapitel und zu neuen Fächern, die in der Schule dringen unterrichtet werden müssten?“ - „Als KI-Modell habe ich keine persönlichen Ansichten zu diesem Thema. Allerdings gibt es zahlreiche pädagogische Ansätze und Diskussionen darüber, welche Fächer und Kompetenzen in der Schule vermittelt werden sollten, um Schülerinnen und Schüler auf das Leben und die Arbeit in der modernen Welt vorzubereiten. Einige Vorschläge umfassen beispielsweise digitale Kompetenzen, emotionale Intelligenz, kritisches Denken, Teamarbeit, interkulturelle Kompetenzen und Umweltbildung. Eine Schule, die sich auf die Förderung von Selbstständigkeit, Engagement und Innovation konzentriert, könnte Schülerinnen und Schüler besser auf die Anforderungen der Zukunft vorbereiten und gleichzeitig Leerlauf minimieren.“

Ok, Chattie. Bin da ganz bei dir. :-)

 

Kapitel 20 - Silos contra vernetzte Welten

20 Silos contra vernetzte Welten

Heutige Schule ist in Silos organisiert. Grundsilo ist eine Schulklasse mit einer festen Gruppe von Lehrer:innen. Die in Deutschland auch noch jede:r für sich sein eigenes Fach-Silo besitzt - mit den ganz eigenen pädagogischen Überzeugungen und Umsetzungen. Obwohl in der Hattie-Studie von 2018 an allerobersten Stelle der Effektstärken die „kollektive Zusammenarbeit der Lehrpersonen steht.“ https://visible-learning.org/hattie-ranking-influences-effect-sizes-learning-achievement/ Man stelle sich das einmal in der Medizin vor: Da gibt es nach wissenschaftlichen Studien eine hocheffektive Methode, Krebs wirksam zu bekämpfen, aber man setzt weiterhin auf Methoden, die man schon vor 50 Jahren benutzt hat. Frei nach dem Motto: „Was damals gut war, kann heute doch nicht schlecht sein.“ An den Schulen meinen viele aber noch immer, dass auch noch in Zeiten von ChatGPT diese Oldschool-Methoden wirksam seien.

Ich habe die ersten drei Faktoren mit den höchsten Effektstärken in der Hattie-Studie von 2018 hier einmal für die FHNW bebildert und erläutert. https://www.aufeigenefaust.com/2018/04/09/hattie-sichtbar-machen/ oder direkt von der wichtigaten deutschsprachigen Webseite für die Hattie-Studie: https://www.lernensichtbarmachen.ch/wp-content/uploads/2018/04/Hattie-sichtbar-machen.pdf

Wer sich in die Hattie-Studie vertiefen will: https://www.lernensichtbarmachen.ch/ 

Aber belassen wir es einfach einmal bei den Top3 der Hattie-Studie:

1 Kollegiale Zusammenarbeit

2 Selbsteinschätzung der eigenen Lernleistung

3 Die richtige Einschätzung des Lehrperson von der Entwicklung der Lernleistung der Lernenden

und bei allem ist heftig viel Feedback mit im Spiel. Vernetzung. Offene Systeme. Austausch. 

Und jetzt mal ehrlich: Wie viele Schulen kennen Sie, bei denen die Top3 der Hattie Studie eine wesentliche Rolle spielen?

„Chattie? Was hast du denn für Informationen zu Hattie und der Zusammenarbeit von Lehrpersonen?“ - „Die Hattie-Studie zeigt, dass die Zusammenarbeit von Lehrpersonen einen hohen Einfluss auf den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern hat. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften kann dazu beitragen, Unterrichtsinhalte besser abzustimmen, effektive Lehrstrategien zu teilen und die Qualität des Unterrichts zu verbessern. Laut Hattie kann die Zusammenarbeit von Lehrpersonen zu einem zusätzlichen Lernfortschritt von bis zu sechs Monaten führen.„

 

 

Upps. Interessant. Von den bis zu 6 Monaten Lernfortschritt hatte ich noch nichts gelesen, aber klar. Wenn man sowas auch messen kann. Ich lasse diese Information jetzt einfach einmal stehen. 

Das Kapitel lautet ja: Silos contra vernetzte Welten. Klar ist doch eigentlich allen, dass Vernetzung viele Vorteile bringt. Aber leider ist Schule in Silos organisiert und wer sich als Lehrer:in vernetzen will, muss Mehraufwand betreiben. Schule gehört deshalb vernetzt und offen organisiert, damit die Zusammenarbeit von Kolleg:innen systembedingt ist. Zukunftsmusik: Ja klar. Aber in Zeiten wachsender Not ja vielleicht doch chancenreich. Jetzt noch die Zusammenarbeit klugerweise auf die Zusammenarbeit von Lehrenden und Lernenden ausweiten, dann wird ein riesiger Schuh draus.

mehr lesen

Kapitel 19 - Entwicklungsorientierte Benotung

19 Entwicklungsorientierte Benotung

Ich glaube, dass die Bilder für sich sprechen. Menschen entwickeln sich unterschiedlich schnell. Das weiß man aus der Forschung und unterliegt auch keinem Zweifel. Was eigentlich überhaupt kein Problem ist, weil die Schnelligkeit der Entwicklung keine Aussage über die Qualität der Entwicklung aussagt. Bei der üblichen Benotung durch Klassenarbeiten zum selben Zeitpunkt entsteht aber schon ein Problem - und zwar ein ganz entscheidendes. Es vergleicht Leistungsstände, die man eigentlich nicht vergleichen kann. Und macht daraus Noten. Entwicklungsorientierte Noten würden die Entwicklung beschreiben und die „Steigung“ benoten. Am besten ohne den Vergleich zu anderen Schüler:innen, weil es auf den Vergleich überhaupt nicht ankommt. Zukunftsmusik, aber future. Wenn man Leistungsmessung rein über Entwicklung der eigenen Fähigkeiten umsetzen könnte, dann wäre der Weg zu einem Einbauen von Schüler:innen-Lehrpersonen aller Art viel leichter zu gehen. Ich behaupte natürlich nicht, dass dieser Weg leicht wäre. Aber er ist gehbar und würde gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Denn „Chattie, was sagt Hattie zu reziprokem Lehren?“ - „Die Hattie-Studie (Visible Learning) belegt, dass Reziprokes Lehren eine wirksame Methode des Unterrichts ist. Es gehört zu den Top 10 der wirksamsten pädagogischen Methoden mit einer durchschnittlichen Effektstärke von 0,74. Reziprokes Lehren bezieht sich auf eine kooperative Lernmethode, bei der Schüler in kleinen Gruppen arbeiten und sich gegenseitig beim Lesen, Zuhören und Verstehen von Texten unterstützen. Die Methode fördert die Interaktion und den Austausch zwischen den Schülern und hilft ihnen, ihr Verständnis des Materials zu vertiefen.“

Ja bitteschön, warum sollte man diese Methode denn nicht zum Prinzip erheben. Denn reziprokes Lehren, also der Einsatz von Schüler:innen-Lehrpersonen, hilft ja auch den Lehrenden. „Oder Chattie?“- „Ja, Reziprokes Lehren bietet auch den Vorteil, dass Schülerinnen und Schüler lernen, wie sie anderen Schülern helfen können, indem sie ihnen das erklärte Wissen vermitteln. Dies stärkt ihre Fähigkeit, ihr eigenes Wissen zu organisieren, zu artikulieren und zu veranschaulichen, was ihr Verständnis vertieft und ihre sozialen und kommunikativen Fähigkeiten verbessert. Darüber hinaus kann das Erklären von Konzepten anderen Schülern dazu beitragen, das Vertrauen und die Selbstwirksamkeit der Schülerinnen und Schüler zu stärken, da sie sich als kompetent und nützlich empfinden, wenn sie anderen helfen.“

Vertrauen in sich selbst und Selbstwirksamkeit stärken, das ist es doch, was man benötigt, um die Zukunft zu meistern, egal wie sie aussehen wird. Und die Zukunft der Gesellschaft benötigt genau diese Leistungsträger:innen, die kommende Herausforderungen meistern können.

 

In Zukunft wird man - je weiter sich Chattie&Co entwickelt - sowieso lernen müssen, ganz andere Dinge zu bewerten als das Fach-Wissen … also eher den Arbeitsprozess selbst, die Zusammenarbeit im Team, den Umgang mit KI, die Entwicklungsfähigkeit neuer Ideen usw. Eine hochspannende Zeit liegt vor uns und alle Schulen, die vor den Entwicklungen nicht die Augen verschließen und sich früh aufmachen, werden große Vorteile haben.

 

mehr lesen

Kapitel 18 - Der komplette Mensch

18 Der komplette Mensch

Ich habe sicher 10 Jahre gebraucht, bis ich durch meine eigenen ehemaligen Schüler:innen tief nachts an der Abi-Bar nach dem Abi-Ball gelernt habe, was Schüler:innen eigentlich sind: Ganz normale Menschen - nur eben junge. Sie ticken genauso wie alte. Man sollte sie also einfach so behandeln, wie man selbst behandelt werden will. Ich weiß, diese Aussage ist irgendwie schlicht „… das weiß doch eigentlich jeder“, denken Sie. Ich bin mir da überhaupt nicht sicher. Ich schubse diese Frage einmal mit einem Bild und einem Liedlein an, das ich vor Jahren eingesungen hatte, um auszudrücken, wie ich es meine, dass Schüler:innen ganz normale Menschen sind … sie müssen sich nur eben noch „häuten“ und dabei müssen sich ihre Fähigkeiten möglichst breit entwickeln dürfen. Wenn alle beim rechten Bild nicken, dann liege ich falsch. Aber ich denke, dass sehr viele, wenn sie ehrlich sind, das linke Bild mit sich herumtragen, wenn es um Jugendliche und Kinder geht.

 

Kapitel 17 - Schatzsucher oder Fähigkeiten-Scouts

17 Schatzsucher oder Fähigkeiten-Scouts

Ich kann hier natürlich nur einen kleinen Ausschnitt meiner eigenen Lehrerwelt beschreiben. Schätze suchen kann man oft schon allein durch Beobachten und Zuhören … ohne etwas zu bewerten. Wenn man den Blickwinkel auf den kompletten Menschen richtet und sich dabei klar macht, dass eine funktionierende Gesellschaft so viele Fähigkeiten mit den entsprechenden Menschen dazu benötigt, dann entdeckt man unentwegt Schätze, wenn man Kindern und Jugendlichen zuschaut. Man muss dabei dringend bei sich selbst den üblichen Fokus auf Schulnoten relativieren. Als Lehrperson, als Mutter oder Vater und auch als Großmutter oder Großvater. Weg von diesem: „Aber die Möglichkeit, Chefärzt:in zu werden, sollte am Ende doch herausspringen.“ … Und andererseits sollte man dringend das Gegen-Fokus vermeiden: „Der/die ist einfach zu doof für alles.“ … Alle Menschen, egal wie der IQ aussieht, besitzen gesellschaftsrelevante Fähigkeiten, die es zu entwickeln gilt. Und zwar für die Gesellschaft, denn wir brauchen alle Fähigkeiten mit den entsprechenden Menschen dahinter. In meinem Großelternheftchen https://www.aufeigenefaust.com/2022/05/16/entwicklungsorientierte-großeltern/ habe ich ein mögliches „Messinstrument“ für Fähigkeiten à la Luuise für Opas und Omas vorgestellt, indem Großeltern helfen, Schulnoten zu entzaubern und die Hintergründe von ihnen zu entlarven. Wie auf dem heutigen Blogbild zu sehen ist. Aber das ist natürlich eine sehr spezielle Methode, die auf der Hattie-Studie beruht. Wie Luuise als formative Evaluation ebenfalls.
Es gibt ungezählte Methoden, wie man die Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen erforschen kann.


Ich denke, es sind im Grunde zwei Dinge, die man bei der Schatzsuche beachten muss.

Erstens: Den Fokus auf alle Fähigkeitsbereiche richten

Zweitens: Unser EXPO-Motto aus dem Jahre 2000 auf alle Bereiche ausdehnen. : „Gebt Jugendlichen maximal viele Möglichkeiten, sich zu begeistern, sich zu beweisen, sich einzusetzen, aktiv zu werden, selbst Inhalte zu finden, eigene Fähigkeiten zu entdecken, ernst genommen zu werden – dann habt ihr viel für die Zukunft getan.“ Und zwar für die Zukunft der Gesellschaft. Weil heutige Kinder und Jugendliche die Leistungsträger:innen der Zukunft sind - und zwar alle. Nicht nur die schulischen Käpsele. Die Zukunft benötigt alle Perlen. Denn die Zukunft ist ziemlich ungewiss.

 

Lehrpersonen und künftige Lehrpersonen und Quereinsteiger-Lehrpersonen und Schüler:innen-Lehrpersonen sollten sich in Sachen Fähigkeiten-Scouts ausbilden lassen - der Blickwinkel auf Noten ist so in unsere gesellschaftliche DNA eingraviert, dass die Wenigsten diese Blickwinkeländerung ohne Unterstützung leisten können.

 

Kapitel 16 - die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen

16 Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen

Wir wissen es natürlich eigentlich alle, aber Schule bleibt irgendwie resistent.

Wir wissen, dass wir vor gewaltigen gesellschaftlichen Umwälzungen stehen … nur ein Phantast kann glauben, dass man in 50 Jahren mit einer schulischen Ausbildung, wie wir sie heute kennen, noch etwas anfangen kann. Die Welt steht vor gewaltigen Herausforderungen und unsere Kinder und unsere Enkelkinder müssen damit umgehen lernen. Dazu bedarf es z.B. einer gehörigen Portion Resilienz und pfundweise flexibles und eigenständiges Denken. Wir leben im 21. Jahrhundert und an Schulen sieht man eigentlich fast nur das 20. Jahrhundert. Manchmal sogar das 19. Jahrhundert. Man sucht lieber nach Fehlern und nicht nach Fähigkeiten. Man sucht lieber nach Schwächen und nicht nach Stärken. Man vermittelt Schüler:innen lieber ihre Mängel und nicht ihre Kompetenzen. Die Auswirkungen merkt man überall …  nicht zuletzt durch Bildungsstudien. Deutschland hält sich schon lange nicht mehr locker im Spitzenbereich auf. Der Lehrermangel verstärkt es. Es ist an der Zeit, zu erkennen, dass wir das Jahr 2023 schreiben.

 

Kapitel 15 - Omas und Opas mit ins Boot

15 Omas und Opas mit ins Boot.

Open Questions - eine ganz eigene Erfahrung

Wir hatten die Veranstaltung am 11. Mai 22  - früherer Blogbeitrag - mit einem neuen Format versucht: Die Autor:innen des gerade eben erschienen Buches Entwicklungsorientierte Bildung bei Beltz Verlag (Die meisten aus dem Bereich unserer Hochschule für agile Bildung www.hfab.ch) stellten ihren Buchbeitrag kurz vor und brachten selbst offene Fragen mit. So kam es schnell zu intensiven Diskussionen. Daneben gab es ein kleines Visualisierungsexperiment. Ich war selbst nicht in den Diskussionsrunden dabei, hatte aber alle Teilnehmer:innen aufgefordert, mir Aha-Sätze in den Chat zu schreiben, die ich dann visualisieren wollte und am Ende präsentieren. Aha-Sätze? Wenn man so eine Veranstaltung mitmacht, dann klickt es ja immer mal wieder im Kopf. Aha-Momente des Lebens. Ja und so habe ich die Veranstaltung selbst über Aha-Sätze mitgemacht und gezeichnet. Im Vorfeld der Veranstaltung hatte ich auch schon viel gezeichnet, sodass am Ende ein echtes Bilderbuch zum Buch entstand.

Und irgendwann beim Staubsaugen hat mein Kopf plötzlich gemeint, zu entwicklungsorientierte Bildungsweisheiten müssten eigentlich auch Großeltern Zugang bekommen, weil sie heutzutage ja häufig Einfluss auf den Familien-Fokus Schule haben - oft positiv aber auch oft negativ. Na ja, dann habe ich die Krazeleien, von denen ich meinte, sie könnten was für Opas und Omas sein, zu einem schnellen Skript zusammengebaut. Als Vierfachopa ist meine Sicht ja vielleicht genau die richtige, meinte mein Kopf. Heraus kam ein kleines schnelles Großelternskript https://www.aufeigenefaust.com/2022/05/16/entwicklungsorientierte-gro%C3%9Feltern/ - denn Großeltern können allein durch ihre Haltung und Einstellung enorm viel bewirken. Deshalb: Opas und Omas gehören mental mit einbezogen, aber manchmal gerne auch praktisch. Logisch. Welche riesigen Schätze von Erfahrungen aller Art schlummern in den Köpfen von uns Alten. Schülerschule 3.0 sollte also unbedingt den eigenen „Markt“ auch in Richtung Großeltern abklopfen und professionell einbauen. Auch für Großeltern gilt das dreibeinige Trampolin. :-) Also WinWin.

 

Kapitel 14 - Die Sache mit der Bedeutung - oder - das dreibeinige Trampolin

14 - Das dreibeinige Trampolin

Kennen Sie die Selbstbestimmungstheorie der Motivation von Deci und Ryan? Mir erscheint sie aus eigenen Erfahrungen mit meinen Schüler/innen sehr stimmig. Der Mensch braucht drei Dinge, damit er motiviert an eine Sache herangehen kann: Soziale Einbindung, Autonomie und Kompetenz spüren. Ich sage gerne dreibeiniges Trampolin dazu. Weil man mit diesen drei stabilen Stützen viel höher hüpfen kann. Im Old-School-Unterricht kommt Autonomie und Kompetenz-spüren nicht so gut weg. Das Hüpfen am schrägen Trampolin motiviert nicht wirklich. 

Schüler:innenschule 3.0 setzt auf Schüler:innen im normalen Ablauf des Lernprozesses. Da ist die Autonomie von Lerngruppen und gleichzeitig das volle Programm Kompetenz spüren. Das ist die zentrale Sache der Bedeutung, die wir Menschen benötigen, um motiviert zu sein. Schüler:innen sind übrigens ganz normale Menschen, nur junge. Und manchmal etwas verstrickt in heftige pubertäre Entwicklungen. Die aber unter dem Aspekt, dass man Bedeutung spüren kann, viel weniger Probleme machen. Immerhin war in grauer Vorzeit die Pubertät die Zeit, in der die Jungen übernehmen mussten, weil die Alten gebrechlich wurden. Old school setzt nicht auf das dreibeinige Trampolin. Schülerschule 3.0 tut es zentral, weil sie ohne gar nicht funktionieren würde. Das Filmchen entstand übrigens für eine Veranstaltung des Forums agile Verwaltung … und dann etwas zusammengeschnitten für das Werben für Luuise, eine Form der formativen Evaluation, basierend auf der Hattie-Studie. Die Lambda-Ebene ist die Beziehungsebene zwischen Lehrenden und Lernenden und die kann man locker „messen“ lassen, wenn man sich das traut. Auch in der Old School. Mit starker Wirkung. Versprochen. https://agile-verwaltung.org/2019/12/26/agil-arbeiten-oder-sich-die-lambda-schwelle-messen-trauen/

 

 

Kapitel 13 - Die Droge des gegenseitigen Ernstnehmens

13 Die Droge des gegenseitigen Ernstnehmens

Ich zitiere einmal einen ehemaligen Aktiven vom Faust-Gymnasium, wie er im alten pädagogischen Schweizermesser die eigene Schulzeit in Bezug auf die Schükerschule 1.0 rückwirkend gesehen hat. Ich denke, der Beitrag spricht für sich, wie ich das meine mit dem gegenseitigen Ernstnehmen. (Kapitel 17 … S. 318 auf https://www.aufeigenefaust.com/otto-kraz/otto-kraz-rueckblick/das-pädagogische-schweizermesser/ )

BEMERKUNGEN VOM ANDEREN ENDE DER WELT. 

manomann, also, meine drei weisheiten zur schuelerschule. ist nicht einfach, wenn man in dieser schule grossgeworden ist, nein, das ist falsch, ich bin in ihr erwachsen geworden. also, das ist jetzt auch nicht ganz richtig. denn diese schule war ja gerade erst im begriff zu entstehen, sie gabs in dem sinne noch nicht so richtig. genau- so wenig den begriff schuelerschule. ich denke, dass ich grosses glueck hatte, genau in der phase am faust sein zu duerfen, als alles entstand. und – und das denke ich ist die kernaussage – dass ich da mitgestalten durfte. denn so komisch und ideell das fuer aussenstehende klingen mag, wir haben unsere eigene schule gemacht. nein, nicht den unterricht, aber alles drum herum. damit wurden wir gross. und damit wuchs dann wiederum etwas, was so sicherlich einmalig war in der deutschen schullandschaft. schueler in voller verantwortung, aber auch in vollem vertrauen des direktors und der vertrauenslehrer. uns wurden kreative freiraeume gegeben, die wir dankend annahmen, sie aber auch einforderten und damit ploetzlich neben dem lehrplan die chance bekamen, uns als menschen zu entfalten, eigenverantwortung zu ueben, es lernten vor grossen gruppen zu reden, zu verkaufen, zu begeistern, zu motivieren, zu delegieren – das alles aber nicht als einmann/frau show sondern als team. vier von uns. wenn ich heute in der vorlesung stehe und sich alle neugierigen augen von undergraduate studenten auf mich richten, bin ich erstaunlich ruhig. es ist einfach wie damals, egal ob als band beim open air, oder als wir vor den elternvertretern und der gesamtlehrerkonferenz unsere ideen zu suchtprevention oder schul cd verkauften, kredite einforderten und der gleichen. es ist fair zu sagen, dass ich mit und dank der  jahre smv als mensch gewachsen bin. nicht, dass mir dies damals bewusst gewesen waere. da zaehlte nur der spass und das engagement und ideen nicht nur spinnen sondern auch umsetzen. aber ich merke das heute, dass ich damals als persoenlichkeit unglaublich gereift bin, ja eben auch durch und mit der schuelerschule erwachsen geworden bin.

die andere wichtige erkenntnis ist, dass wir uns nie nie von leeren kassen des schultraegers, landes, von den gehobenen und warnenden zeigefingern von eltern, oder anderen mitschuelern davon haben abhalten lassen, unsere ideen durchzusetzen. schliesslich hielten uns alle fuer total verrueckt, die 15.000 mark fuer das rock- cafe aufzunehmen. niemand traute uns das zu. hah, denen haben wirs gezeigt. und das gab den optimismus fuer die persoenliche buergschaft fuer die 25.000 mark fuer proberaum und schul-cd.

es war eine absolute initialzuendung, persoenlich zu erfahren, dass vorhandene hindernisse immer nur dann hindernisse sind, wenn man vor ihnen verzagt. es geht auch trotz knapper kassen und dazu noch in einer form, die eigenverantwortung staerkt, und diese in verbindung mit ideen zu gelungenen projekten fuehren kann, die schule zur erlebniswelt machen, die ueber unterricht

klar hinausgeht. hier konnten wir uns als menschen einbringen, sozial, menschlich, organisatorisch, als teamplayers, als individuen, als musiker, kameramann, graphiker. es zeigt ganz klar, dass man schuelern einfach mal was zutrauen sollte, ihnen eine buehne (also frei- und entfaltungsraeume) geben muss, denn dann entsteht etwas, das wirklich dem immer mehr eingeforderten begriff der schule als erziehungsort gerecht wird.

das faust steckt tief in mir drin und es ist einfach wahnsinnig irrre zu sehen, dass sich das mitterweile von generation zu generation weitervererbt. somit war das keine eintagsfliege, sondern vielmehr beweis dafuer, dass es genau so was braucht. schuelerschule als ort der persoenlichkeitsentwicklung, als gemeinschaft, die das gemeinsame einbringen von ideen und engagement nicht nur erklaert, sondern als innbegriff des eige- nen selbstverstaendnisses foerdert und fordert, es schaetzt und anerkennt.

... das faust steckt tief in mir drinnen ...

wie gesagt, ich durfte dabeisein, aber gleichzeitig durfte ich einer derjenigen sein, die dies aufgebaut haben. wenn man sich spaeter im studium oder auch jetzt im job an der uni mit leuten nicht nur aus anderen gymnasien, bundergebieten, laendern und kontinenten ueber ‚back in those days‘ unterhaelt, dann merke ich immer wieder, wie das faust in dieser hinsicht einzigartig war und ist. ich ging nicht nur ans faust, ich ging auch im faust auf – als mensch!

 

Sebastian Kaempf ist heute selbst Hochschul-Lehrender in Brisbane. Ich verlinke hier gerne einmal seinen Podcast. https://www.aufeigenefaust.com/friends-1/highered-heroes-podcast/

Ich denke, man spürt, dass noch immer das Faust in ihm steckt.

 

Jaja, werden jetzt viele denken. Dieser Dr. Kaempf war eben ein Ausnahmetalent an schulischem Aktivismus. Nö, muss ich da sagen. Stimmt so nicht. Klar war er Schulsprecher und damit ganz vorne mit dabei …. Aber im Laufe der Jahre waren es am Ende beinah 50% unserer Abiturient:innen, die mit Aktiven-Zertifikaten aus dem außerunterrichtlichen Bereich die Schule verließen. Deshalb: Ich behaupte: Mit dem richtigen Ansatz in Sachen gegenseitigem Ernstnehmen geht sehr viel.

 

Noch eine Bemerkung zum Filmchen:

Echtes Ernstnehmen von Schüler:innen ist ein Katapult.

 

Kapitel 12 - Eltern, Handwerker & Co

Ja klar, ich weiß, normalerweise heißt es natürlich katapultieren. Katapulten ist für mich gerade ein Kunstbegriff als Arbeitstitel, mit dem sich gut weiterentwickeln lässt … ein Wortgefäß, das frei zu füllen ist, weil neu erfunden.

Aber wer weiß. Vielleicht findet man ihn ja in ein paar Jahren im Duden. 😎

„Katapulten“ ist ein verschmitzter pädagogischer Neubegriff für „Eine effektive schulische Leistungssteigerung durch reine Blickwinkeländerung erreichen“. Duden 2026


mehr lesen

Kapitel 11 - Scobees & Co

11 - Scobees

Ich selbst kenne Scobees nur aus Interviews und Berichten. Aber das Prinzip ist für mich so schlüssig, dass ich es hier an dieser Stelle einbringe. Es passt genau in das Konzept von Schülerschule 3.0. Ich verweise hier einfach einmal auf https://scobees.com/demo-videos/

Scobees ist die erste Plattform, die ich selbst, wäre ich noch als Schulentwickler an der Schule, zumindest vorschlagen würde. Damals undenkbar, wenn ich zurückblicke. Aber da gab es auch noch nicht diese wachsende Not. Not macht erfinderisch, das glaube ich, gilt speziell auch für Schulen. Und speziell für Schulen, denen die übergeordneten Behörden aus der Not geborene echte Freiräume einräumen. Die Probleme werden zunehmen, die digitalen Möglichkeiten von Plattformen wie Scobees ebenso. Und die Forderung nach einem Schultablet für jede:n Schüler:in, das ausschließlich nur schulisch genutzt werden kann, dürfte folgen sobald der Bedarf wächst. Ein in sich geschlossener digitaler Schulraum auf dem Tablet, der für Schüler:innen genauso spannend oder nicht spannend ist wie ein Schulbuch. Nur eben um ein Vielfaches effektiver und flexibler. Sie merken als Leser:in - ich verlasse die Zone der eigenen Erfahrung. 

Ich habe Scobees über den Lehrer-Talk kennengelernt. https://lehrer-talk.de/2021/10/18/26-neue-lernplattform-revolutioniert-verstaubte-paedagogik-geht-das-m-lena-spak-von-scobees/

Aber ohne eigene Praxis kann ich nur sagen. Hört sich für mich sehr zukunftsorientiert an. Solche Plattformideen werden es sein, die in der Zukunft in der Lage sein werden, Lernen von einzelnen Schüler:innen individuell zu koordinieren und zu verknüpfen. 

 

Ich nehme auf diese Reise in die Zukunft der Bildung aus der Schülerschule 1.0 und 2.0 aber folgende wesentlichen Schlüsse aus meinen eigenen Erfahrungen mit:

Schüler:innen werden komplett unterschätzt, was die Möglichkeiten der Eigenständigkeit im Lernprozess angeht. Man kann es nicht in einzelnen Fächern oder Stunden testen, denn eigenständiges Lernen ist wie eine neue Sprache für Lernende und Lehrende.

Schüler:innen müssen als Fachleute der Zukunft ernst genommen werden, dann lassen sich Berge versetzen.

Schüler:innen müssen viel mehr herausgefordert werden und nicht durch Noten demotiviert, sondern durch enges und starkes Feedback auf Augenhöhe motiviert werden, sich zu beweisen und die eigenen Fähigkeiten dabei zu finden. 

 

Kapitel 10 - Materialbeschaffung

10. Materialbeschaffung

 

Genauso wie Chattie kann ich für Zukunft der Bildung keinen klaren Plan entwerfen, aber zumindest ein grobes Gesamtkonzept entwickeln. Es gibt ja auch schon einige Privatschulen, die entwicklungsorientierte Ansätze in ihrem Bildungskonzept haben. Zum Beispiel die element-i Schulen in Baden-Württemberg. Chattie, kannst du zu denen was herausbekommen? 

„Ja, das Konzept der element-i Schulen ist eine Form der entwicklungsorientierten Bildung, die sich auf eine individuelle Förderung und Entwicklung jedes Schülers konzentriert. Es legt großen Wert auf die Stärkung der Selbstbestimmung, Kreativität und emotionalen Intelligenz der Schüler. Die element-i Schulen nutzen einen personalisierten Ansatz, bei dem die Bedürfnisse und Interessen jedes einzelnen Schülers berücksichtigt werden, um eine Umgebung zu schaffen, die zu einer positiven Entwicklung beiträgt. Das Konzept betont auch den interdisziplinären Ansatz, bei dem verschiedene Fächer und Bereiche in Projekten und Aktivitäten verknüpft werden, um ein tieferes Verständnis und Engagement zu fördern.“

Ja genau in diese Richtung sollte die Reise gehen … allerdings eben aus der Lehrermangel-Not heraus … und nicht als Privatschule mit Schulgeld, sondern an einer „normalen“ öffentlichen Schule … am leichtesten sicher umzusetzen an Gemeinschaftsschulen. Denn sie setzen ja schon jetzt auf viele entwicklungsorientierte Konzepte. Ausgangspunkt für dieses kleine Skript heißt also: Nehmen wir eine Gemeinschaftschule in Sachsen-Anhalt, der die Lehrer:innen wegpensioniert werden und an der keine jungen Kolleg:innen in Sicht sind. Weil eben Fachkräftemangel. Allerdings kein Schüler:innenmangel. Und jetzt? Quereinsteiger als Lehrpersonen werden breit diskutiert. Ich meine, klar, wenn es genügend Quereinsteiger:innen gibt, die das richtige pädagogische Gespür haben, dann kann man als gut aufgestelltes Kollegium mit dem Fokus auf kollegialer Zusammenarbeit auch gut passende Nichtlehrer:innen in ein Konzept einbinden. Aber bitte: Kollegiale Zusammenarbeit, dahinter steckt eine völlig andere Auffassung von Schule als man es gewohnt ist. Nicht Einzellehrpersonen in einzelnen Klassen und mit einzelnen Fächern. Es sollten Kolleg:innen sein, die so ticken wie Chattie das Prinzip der element-i Schulen beschrieben hat. Da dies aber in den aktuellen öffentlichen Schulen nicht so ist, bedeuten Quereinsteiger:innen an die Schulen eine schlechtere Versorgung. Nicht weil die Quereinsteiger:innen keine Kompetenzen mitbringen, aber sie haben für dieses Einzelkämpfersystem Schule nicht die nötige Ausbildung. Das Einzelkämpfersystem Schule - jeder in seinem persönlichen Schulzimmer mit seinem persönlichen Ansatz und seinen persönlichen Methoden - lässt Quereinsteiger:innen in den seltensten Fällen gut aussehen. Ohne Einzelkämpferausbildung durch erfahrene Einzelkämpfer. Mit einer Schülerschule 3.0 würde alles anders aussehen. Dort könnte man für Quereinsteiger:innen mit Lust auf Schule viele Stellen stark besetzen … denn Schülerschule 3.0 setzt auf kollegiale Zusammenarbeit … und das auch mit den Schüler:innen. 

 

Ich beginne an dieser Stelle einmal eine Rechnung. Ich unterteile meine frühere Arbeitszeit in verschiedene Abschnitte. Fachlicher Input … Schüler:innenfragen beantworten … Übungsphasen begleiten … Feedback geben … Hausaufgaben besprechen … Wiederholungen besprechen … Referate anhören … Noten für mündliche Leistungen geben … Unterricht vorbereiten … Arbeiten vorbereiten … Klassenarbeiten, Klausuren und Tests korrigieren … Klassenarbeiten besprechen … Elternabende .. Wandertage … Landschulheime … am Klassenklima arbeiten … Einzelgespräche … Konferenzen … Recherche aller Art  … Leerlauf … Vertretungsstunden … und und und.

Und jetzt unterteile ich einmal, was die fachlich ausgebildete Lehrperson auf alle Fälle selbst machen muss, um das fachliche Niveau zu regulieren, was die Lehrkraft auch an pädagogisch einbezogene Erwachsene mit pädagogischem Gespür und Nähe zum Fach übernehmen könnte, was man auch entwicklungsorientiert ausgebildete Schüler:innen übergeben kann und was KI-Programme bald übernehmen könnten.

Fachlicher Input Schüler:innenfragen beantworten Übungsphasen begleiten Feedback geben Arbeitsstand der einzelnen Schüler:innen im Blick behalten-etwa bei Scobees … Hausaufgaben besprechen Wiederholungen besprechen … Referate anhören Bewertungen für mündliche Leistungen geben  Unterricht vorbereiten Arbeiten vorbereiten Klassenarbeiten, Klausuren und Tests korrigieren Klassenarbeiten besprechen Elternabende .. Wandertage … Landschulheime am Klassenklima arbeiten Einzelgespräche … Konferenzen … Recherche aller Art  … Leerlauf zum Luft holen Vertretungsstunden begleiten  … Material beschaffen.

Das ist jetzt nur mal so auf die Schnelle hingeschrieben … ich breche es deshalb auf eine schlichte Formel herunter: Wenn man Arbeiten, Tests und Klausuren an einer Schule standardisiert und möglichst digitalisiert und die „Noten“ besser mit Entwicklungsgesprächen ermittelt - ergänzt durch die Ergebnisse der standardisierten Arbeiten, dann entlastet das schon einmal und stärkt gleichzeitig das Lehrer-Schüler-Verhältnis, wenn die Entwicklungsgespräche fair ablaufen … vielleicht sogar unter Mitwirkung von Schüler:innen. Wie genau, das muss sich individuell an Schulen erst noch entwickeln. :-) 

Ich will ja eigentlich gerade nur eine „kleine“ Rechnung aufmachen. Wenn man Schüler:innen als Assistent:innen so einbauen kann, dass viele Übungsphasen ohne Lehrperson funktionieren, wenn gut aufbereitetes Material auf einer agilen Plattform wie z.B. Scobees klug zur Verfügung steht und immer ein größeres Den-Bahnhof-Verstehen-Team als Anlaufpunkt vorhanden ist, dann bringt das dem Lernprozess vorwärts und der Lehrperson viel Luft. 

Sorry, ich bin irgendwie zwischendurch abgebogen. :-) … eigentlich wollte ich ja etwas zur Materialbeschaffung sagen … denn wichtig ist dabei einfach, dass die Fachschaften hier zusammenarbeiten (die Gemeinschaftsschulen können ein Lied davon singen, als es dort am Anfang noch keine offiziellen Materialien gab) und dass Schüler:innen bei diesem Prozess ganz direkt mit im Boot sitzen. Und das dies eine gemeinsame Aufgabe im Starterhalbjahr sein sollte. Zusammen mit regelmäßigen Sitzungen über all die neuen Konzepte, die man ins Leben rufen muss, um am Ende ein komfortables Lernhaus für alle bekommt.  Die fachlich ausgebildeten Kolleg:innen würden hauptsächlich fachlich eingesetzt werden, um den allgemeinen Leistungsstand hoch zu halten. Zusammen mit allen Fachlehrer:innen einer Klasse. Die allerdings auch nicht mehr die Starrheit einer bisherigen Klasse haben dürfte. Klassen könnten eher als Organisationsrahmen gesehen werden. Ich glaube, dass man mit höchstens 20minütigen Input-Einsätzen der Fachlehrer:innen mit dem richtigen entwicklungsorientierten Rahmen genausoviel erreichen können wie unter bisherigen Bedingungen - und das ohne Lehrermangel und Stundenausfällen. 

Aber noch einmal: Ich schreibe hier an einem Skript einer entwicklungsorientierten Zukunftswerkstatt - also Fiktion - die aber bei wachsender Not von Kultusministerien, Regierungspräsidien und Schulen vielleicht doch an der einen oder anderen Stelle teilweise zur Realität werden könnte. Und ich schreibe einfach drauflos und lade es trotzdem in den Blog hoch, damit ich mich selbst ein wenig unter Schreibdruck setzen kann. Pensionäre neigen zum Aufschieben. :-)

 

Kapitel 9 - Das Starter Halbjahr

9 Das Starter Halbjahr

 

Ab jetzt visioniere ich komplett … manche werden sagen „ er spinnt“. 

Aber ich spinne aus einer positiven Erfahrung heraus. Ich habe in der Praxis erlebt, wie man Schüler:innen zu Höchstleistungen anspornen kann … entweder indem man hochmotivierte  jungen Menschen den Raum zum Großwerden gibt (Konzept Schülerschule 1.0 siehe das pädagogische Schweizermesser … oder jungen Menschen in höchster Not des Sitzenbleibens eine mentale Brücke baut und ihnen dann dabei hilft, groß zu werden. Siehe z.B. Konzept Reservetank unter https://faust-digital.jimdofree.com/das-versetzungsprojekt/ oder auch das pädagogische Schweizermesser S. 216.

Aber sorry. Wenn es möglich ist, diese großartigen Selbstwirksamkeitskräfte an den beiden „Enden“ der an der üblichen Schul-Notenskala orientierten jungen Menschen herauszukehren, dann funktioniert es prinzipiell komplett. Allerdings benötigt man viel, viel Zeit für die Blickwinkeländerung auf die neue Schule. Logisch. Wir Menschen sind per Evolution nicht so einfach dazu in der Lage, mit Lust und guter Laune z.B. Vokabeln in großer Zahl zu lernen. Die Vorstellung, dass gute Schule vollautomatisch lustvoll sein müsste, ist leider eine falsche Intepretation der Aussage von Gehirnforschern, die oft sagen. „Das Gehirn macht nichts lieber als lernen.“ Das stimmt zwar, aber ist nicht so einfach auf die Schule anzuwenden. Unser Gehirn lernt supergerne Dinge, die es direkt danach anwenden kann. Bis man aber Latein-Vokabeln, die man in der 8. Klasse mitten in der großartigen Pubertät lernen soll, anwenden kann, vergehen viele, viele Jahre. Für viele bleiben die direkten „Erfolge“ dieser Quälereien am Ende nur kluge Sprüche am Stammtisch. Außer man hat gelernt, dass dieses Auswendiglernen von lateinische Vokabeln mit dem Fitness-Raum für Spitzensportler:innen zu vergleichen ist, in dem sie ihre Muskeln aufbauen. Schule ist ein Fitnesscenter für Gehirne .. und die Frage nach „Für was brauche ich später einmal die Ableitung einer Exponentialfunktion?“ ist eine falsch gestellte Frage. 

Wollen wir also uns Durchschnittsmenschen mit den durchschnittlichen Schulnoten auf die entwicklungsorientierte Spur setzen, dann bedarf dies einer enormen Überzeugungsleistung an den Schulen. Also viel, viel Zeit. Die natürlich an der bisher so „kostbaren“ Zeit abgeht, die man doch eigentlich für den Fachunterricht benötigt. Also auch eine echte Überzeugungsleistung für Eltern und Lehrpersonen. Ich denke, dass die Schule, wie wir sie alle kennen, schon beinah in die eigene DNA übergegangen ist. Epigenese. :-) Aber Epigenes kann sich auch in Richtung Zukunft ausrichten, denke ich. Meine steile These: Die Not mit unserem Bildungssystem wird irgendwann in naher Zukunft so groß werden, dass alles Mögliche an Entwicklung möglich wird. Und da entwicklungsorientierte Bildung allen ernst zu nehmenden Bildungsstudien zufolge in die Richtung effektive Zukunft zeigt, denke ich auch als pädagogischer Optimist, dass wir Menschen klug genug sein werden, die effektivste Richtung einzuschlagen. Und wenn es in ganz kleinen Schritten ist. 

Deshalb habe ich in der Visualisierung die Hälfte des Übergangs-Schuljahres als feine Überzeugungsarbeit für alle am Bildungsprozess beteiligten Personen gezeichnet. Eltern, Lehrer:innen, Schüler:innen, Bildungsbehörde, Gesellschaft. Unsere Chattie kann ich leider nicht dazu befragen. Woher soll sie wissen, was wir nicht wissen können, weil es nur entwicklungsorientiert ablaufen kann. Abenteuer pur im Schulalltag und alle müssen es aushalten. Eine große Aufgabe und es ist viel Nachsicht angesagt. „Never change a running system“ ist tief eingraviert. Also muss es von Schule zu Schule, von Bundesland zu Bundesland immer wieder neu reflektiert und neu aufgestellt werden. Entwicklungsorientiert eben. Chattie, kannst du damit leben, dass du hier keine sinnvollen Aussagen mehr treffen kannst. Weil es sich bei entwicklungsorientierter Bildung um ein Konzept handelt, das man nicht im voraus planen kann. Niemand. Auch du nicht, obwohl du so viele Texte über Pädagogik kennst. ChatGPT. Was meinst du dazu?

 

Das erste Schulhalbjahr ist für Schüler eine entscheidende Zeit, denn es kann entweder dazu beitragen, sie zu motivieren und das Beste aus ihnen herauszuholen, oder sie in eine Situation bringen, in der sie sich abmühen und den Druck spüren, möglicherweise zu versagen. Es ist wichtig, die Bildung entwicklungsorientiert anzugehen, anstatt sich nur auf Noten und Ergebnisse zu konzentrieren. Dieses Umdenken kann viel Zeit und Mühe kosten, aber es ist notwendig, um sicherzustellen, dass es bei der Bildung nicht nur um das Auswendiglernen von Informationen geht, sondern auch um die Entwicklung der ganzen Person. Ziel sollte es sein, ein Bildungsumfeld zu schaffen, das ansprechend und sinnvoll ist, damit die Schüler auf positive Weise lernen und wachsen können. Dieser Wandel kann eine Änderung des derzeitigen Bildungssystems erfordern, aber er ist es langfristig wert, denn die Forschung hat gezeigt, dass eine entwicklungsorientierte Bildung die Schüler effektiv auf ihre Zukunft vorbereitet.

 

Alles klar Chattie, du hast dich bemüht. Aber man merkt: Zukunftsvisionen sind nicht deine Stärke. Was ich übrigens sehr beruhigend finde. Visionen über die Zukunft der Bildung sind - zumindest im Moment - noch zu komplex für KI-Systeme. Nimm es leicht. 
Es gibt sowieso keinen Plan … wahrscheinlich würden sich Schulen sehr unterschiedlich freischwimmen, so sie dürften. Möglicherweise auch gar nicht als ganze Schule, sondern erst einmal nur mit einzelnen Projekten, die in die Richtung zeigen. Ich verwende in meinen pädagogischen Zukunftsspinnereien einfach gleich eine komplette Schule, die sich gesamt aufmacht. 

 

Kapitel 8 - Das individuelle Lernen als Herausforderung

8. Das individuelle Lernen als Herausforderung

Nun mal angenommen, man hat sich mit der Bildungsbehörde-in-Not so arrangiert, dass man frei agieren darf, wenn die Abschlüsse ganz normal gemacht werden. Wie man dahin kommt, da würden einem die Behörden freie Hand lassen. Sie wären sogar froh, wenn man ihnen dieses lästige „Lehrermangelthema“, das ja in den nächsten Jahren definitiv nicht verschwinden wird, mit Zukunftsvisionen, neuen Ideen und Optimismus vor der Öffentlichkeit verstellen würde. 

Für die Schülerinnenschule 3.0 (keine Sorge, sie beinhaltet auch die Schülerschule) ist eine heftige Blickwinkeländerung durchzuführen. Und das bedarf Zeit und viel Geduld. Es wird Klassen geben, die von ihrer Struktur und von ihrem Alter her nach zwei oder drei Monaten intensiver Begleitung umdenken können, aber andere benötigen sicher ein halbes Jahr.  

„Oder Chattie? Wie lange benötigt man wohl, um aus einer „normalen“ Klasse von 13jährigen Schülerinnen und Schülern eine Klasse zu machen, die eigenverantwortlich und selbstständig die Bildung in die eigene Hand nehmen kann. Natürlich intensiv begleitet von Lehrpersonen. Ich behaupte, dass so etwas sicher ein halber Jahr in Anspruch nimmt, weil es ein großes Umdenken erfordert und natürlich am Ende auch viel anstrengender ist. Allerdings befriedigender und effektiver. Was meinst du dazu?

Es ist schwierig, eine pauschale Antwort auf diese Frage zu geben, da es von vielen Faktoren abhängt, wie schnell Schülerinnen und Schüler in einer Klasse in die Lage versetzt werden können, ihre Bildung selbst in die Hand zu nehmen. Dazu gehören unter anderem die Voraussetzungen und Fähigkeiten der Schüler, die Fähigkeiten und die Motivation der Lehrpersonen sowie die Rahmenbedingungen und Ressourcen, die für den Lehrprozess zur Verfügung stehen. Ein halbes Jahr kann ein realistischer Zeitrahmen sein, aber es kann auch länger oder kürzer sein, je nach den Umständen. Wichtig ist, dass der Prozess behutsam und nachhaltig angegangen wird, um ein erfolgreiches und dauerhaftes Umdenken zu ermöglichen.“

 

„Wie sollte man vorgehen? Den Fach-Unterricht eine zeitlang aussetzen und dafür entwicklungsorientierte Bildung unterrichten? Was ist deine Meinung?“

 

Es ist schwierig, eine allgemeingültige Antwort zu geben, da jede Schule und Klasse unterschiedlich ist und es darauf ankommt, was die individuellen Bedürfnisse und Ziele sind. Eine Möglichkeit könnte sein, den traditionellen Fachunterricht zu ergänzen oder zu unterbrechen, um Zeit für entwicklungsorientierte Bildung zu schaffen. Es ist wichtig, eine ausgewogene Balance zwischen beidem zu finden, um eine erfolgreiche Bildungserfahrung für die Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten. Es ist jedoch auch wichtig, dass die Lehrpersonen gut vorbereitet sind und dass es eine gute Planung und Durchführung gibt, um das Beste aus der Zeit zu machen.“

 

Ich denke, dass Chattie mit der Aussage richtig liegt, weil sie alles offen lässt. .-) Woher soll sie denn schon wissen, was sich entwickeln kann, wenn man entwickeln darf. Es ist ja völliges Neuland. Trotzdem: Schon erstaunlich, finde ich, wie sich so eine KI-Software an den Schreiberling annähert. Und oft sehr richtige Dinge äußert. Denn klar kann man so eine Blickwinkeländerung auf Bildung zeitlich überhaupt nicht planen. Man muss den ganzen Prozess eben auch entwicklungsorientiert angehen. Oder agil, wie immer man es nennen will. Das Ziel ist klar. Man will es schaffen, dass der wesentliche Teil der Schülerschaft sich am Ende dabei wohl fühlt, Teil eines kompletten Bildungsnetzwerks zu sein, in dem möglichst alle Lernenden auch manchmal offiziell Lehrende sind. Schüler:innenschule 3.0 eben. Und dass alle Schüler:innen ihren Fähigkeiten entsprechend einen gute Ausbildung samt genügend Selbstbewusstsein bekommen, das sie nach der Schule eigene aktive berufliche Wegr gehen lässt.

Aus Erfahrung würde ich meinen: Solch ein Wandlungsprozess bedarf intensiver und entwicklungsorientiert kompetenter Begleitung von außerhalb der Schule.

Das mit außerhalb ist allerdings nur meine eigene Erfahrung. Chattie, was denkst du?

 

Als KI-Modell habe ich keine persönlichen Erfahrungen oder Meinungen, aber ich kann sagen, dass die Entwicklung hin zu einem entwicklungsorientierten Bildungsansatz ein komplexer Prozess ist, der Zeit, Förderung und eine klare Vision erfordert. Es ist wichtig, alle Beteiligten, einschließlich Schüler:innen, Lehrer:innen und Eltern, in den Prozess einzubeziehen und gemeinsam an einer Vision für eine Schule der Zukunft zu arbeiten. Wichtig ist auch, dass die Veränderungen nicht nur top-down, sondern auch bottom-up implementiert werden, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten ihre Bedürfnisse und Perspektiven einbringen können. Zudem ist es ratsam, externe Experten einzubeziehen, um eine unvoreingenommene Sicht auf den Prozess zu gewährleisten und um auf bestehende Herausforderungen und Bedenken angemessen reagieren zu können.

 

Ja klar, Eltern, sorry. Hatte ich vergessen. Denn diese Umstellung, die viel Zeit benötigt, in der kein normaler Fachunterricht stattfindet, macht natürlich viele Eltern unsicher. Immerhin ist ja auch das Ziel völliges Neuland und der Weg dahin nicht festgelegt. Also muss man auch speziell für Eltern viel Zeit einplanen und sie kontinuierlich bei dem Paradigmenwechsel mitnehmen. Der wachsende Lehrermangel könnte tatsächlich ein gutes Druckmittel sein, neue Wege zu gehen, ohne großen Elternprotest zu erfahren. 

 

Kapitel 7 - Hattie als Grundlage

Diese Visualisierung für die Hattie-Studie aus Sicht von Schüler:innen hatte ich schon des öfteren benutzt.

7 Hattie als Grundlage

 

Starten wir doch gleich mal mit unserer charmanten Begleitung. „Chattie. Kannst du uns etwas über die ersten zehn Faktoren für erfolgreiche Lernprozesse erzählen, die in der aktuellen Hattie Studie die höchsten Effektstärken besitzen? 

Ja, sicher. Die Hattie-Studie (2009) bewertete die Wirksamkeit von Schulungsmaßnahmen und identifizierte die ersten zehn Faktoren, die bei erfolgreichen Lernprozessen eine hohe Effektstärke aufweisen:

  1. Feedback: Schüler erhalten kontinuierlich Feedback über ihre Leistungen und können dadurch ihre Stärken und Schwächen erkennen und sich gezielt verbessern.
  2. Klarheit über die Ziele und Übungen: Schüler müssen verstehen, was von ihnen erwartet wird, um das erfolgreich umsetzen zu können.
  3. Studentenorientierte Übungen: Übungen müssen den Schülern eine echte Bedeutung und Motivation vermitteln.
  4. Einstellungen und Überzeugungen der Schüler: Eine positive Einstellung und Überzeugung gegenüber dem Lernen kann den Lernfortschritt fördern.
  5. Soziale Unterstützung: Schüler benötigen eine positive soziale Unterstützung, um sich zu motivieren und erfolgreich zu lernen.
  6. Die Gestaltung des Klassenraums: Eine gut gestaltete Klassenumgebung kann den Lernfortschritt unterstützen.
  7. Effektive Lehrer-Schüler-Interaktionen: Eine effektive Interaktion zwischen Lehrer und Schüler ist für den Lernfortschritt von entscheidender Bedeutung.
  8. Zeitmanagement: Eine angemessene Verteilung der Zeit für Lernen, Übung und Feedback ist für den Lernfortschritt wichtig.
  9. Schüleraktivierung: Schüler müssen aktiv in den Lernprozess einbezogen werden, um ihn zu verstehen und erfolgreich umzusetzen.
  10. Übertragbarkeit: Schüler müssen lernen, wie sie das Gelernte auf neue Situationen anwenden können, um es zu verinnerlichen.

Es ist zu beachten, dass die Effektstärken je nach Kontext und Schulpopulation variieren können. Diese Faktoren dienen jedoch als Leitfaden für erfolgreiche Lernprozesse.

 

Hey Chattie, hätte jetzt beinah „Mensch Chattie“ geschrieben. :-) Du hast zwar nicht konkret die einzelnen Faktoren aufgelistet, aber irgendwie doch sehr gut beschrieben, finde ich. Wesentlich für mich ist, dass die effektivsten Faktoren in der Hattie-Studie bei Lernprozessen darin bestehen, dass Schüler:innen wissen, wo sie stehen und das geht eben nur über Feedback, Feedback, Feedback … und starkes und nachhaltiges Feedback funktioniert eben in der Praxis nur mit einer funktionierenden Lehrer-Schüler-Beziehung. Chattie: Wie würdest du denn allgemein die Kernbotschaften der Hattie Studie von 2009 beschreiben?“

 

Die Kernbotschaften der Hattie-Studie von 2009 sind:

  1. Lehrerqualität ist einer der wichtigsten Faktoren für den Schulerfolg.
  2. Der Unterrichtsstil hat einen größeren Einfluss auf den Schulerfolg als die Schulart oder das Lehrerbildungsniveau.
  3. Feedback und kontinuierliche Förderung sind entscheidend für den Schulerfolg.
  4. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Eltern und Lehrern trägt zum Schulerfolg bei.
  5. Eine klare Übertragung der Verantwortung für den Lernfortschritt auf die Schüler selbst kann den Lernfortschritt verbessern.

Die Studie von John Hattie untersuchte die Effektstärken von Schulinterventionen auf den Schulerfolg und kam zu dem Schluss, dass Lehrerqualität und ein positives Lernklima die größten Einflüsse auf den Schulerfolg haben.“

 

„Aber was heißt Lehrerqualität?“

 

Lehrerqualität bezieht sich auf die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Charakterzüge eines Lehrers, die erforderlich sind, um effektiv zu unterrichten und positive Lernresultate bei Schülern zu erzielen. Dazu gehören unter anderem die Fähigkeit, klare Ziele zu setzen, eine ansprechende Lernumgebung zu schaffen, Schüler individuell zu fördern und zu fordern, effektive Lehr- und Lernstrategien zu nutzen und eine positive Beziehung zu Schülern aufzubauen.“

 

Chattie hat das Gendern noch nicht so drauf, aber sie weist auf das für mich tatsächlich Wesentliche hin, was auch Klaus Zierer in seinem Buch KERNBOTSCHAFTEN AUS JOHN HATTIES VISIBLE LEARNING schreibt: 3. Kernbotschaft: „Auf die Haltung der Lehrpersonen kommt es an.“ 

Nicht einfach „Auf den Lehrer kommt es an“, wie das beim Erscheinen so schlicht und falsch immer in den Lehrerzimmern verkündet wurde, um dann mit geschwellter Brust wieder den alten Stiefel zu machen. Wenn wir Schule umbauen wollen, weil wir umbauen müssen, weil die Lehrpersonen fehlen - Fachkräftemangel - dann sollten wir Hattie dringend und evidenzbasiert mit ins Gepäck nehmen. Als stabile Grundlage einer wissenschaftlichen Studie auf der Basis von Millionen von Schüler:innendaten. Würden Ärzte Studien so ignorieren, wie Lehrpersonen das häufig tun, dann wäre die Entrüstung von uns Patienten riesig groß. In der Schule scheint aber selbst für Eltern eine andere Wahrheit zu existieren: Nämlich die, dass die gute alte Schule doch heute gar nicht so schlecht sein kann. Was für ein riesiger Informations- und Änderungsbedarf.

Kapitel 6 - Den Abschluss nicht festlegen wollen

6. Den Abschluss nicht festlegen wollen

 

Wenn man es schaffen könnte, in allen Elterngehirnen für ein paar Jahre diese Idee „Aber mein Kind muss Abitur machen, damit es am Ende die meisten Chancen hat“ gegen ein „Mein Kind soll seine Fähigkeiten entwickeln dürfen und wenn es dann am Ende das Abitur machen will, dann soll es uns recht sein,“ dann könnte man sehr schnell Schule entwicklungsorientiert umbauen, wenn man wollte und dürfte. In der Realität ist der Umbau einer Schule in Richtung Entwicklungsorientierung viel, viel komplizierter und schwieriger, weil wir Menschen, wenn es um unsere eigenen Kinder geht, meistens doch lieber an alten Strukturen festhalten, die ja immer „funktioniert“ haben … Eltern lieben es einfach, sagen zu können: „Aber mein Kind geht auf‘s Gymnasium,“ selbst wenn eine andere weiterführende Schule viel sinnvoller für die Entwicklung wäre. Großeltern auch. Man stelle sich die Idee der Gemeinschaftsschule für alle vor … nicht als Konzept für „wenn es fürs Gymnasium nicht reicht, dann gehst du eben auf die Gemeinschaftsschule“. Dann würden Schüler:innen in die Schule gehen … fertig. Nicht dieses „Was, du gehst „nur“ auf die Realschule?“ Eigentlich ist unser Schulsystem durchlässig und flexibel genug, um alle Schultypen wie eine einzige große Schule auffassen zu können. Packt man noch die berufliche Lehre dazu, dann fehlt eigentlich „nur“ die radikale Blickwinkeländerung weg vom „mein Kind soll aber möglichst auf‘s Gymnasium“ hin zu „mein Kind geht in die Schule, um sich individuell mit seinen komplexen Fähigkeiten entwickeln zu können.“  „Gute Schule“ sollte an den Entwicklungsmöglichkeiten eines jungen Menschen gemessen werden und damit an der möglichen Entwicklung der Eigenständigkeit und des Selbstbewusstseins und nicht nur am Abschluss, den man am Ende machen kann. Weg vom Starren auf die Noten, hin zu einer Blickwinkeländerung auf das Leben nach der Schule bzw auf das lebenslange Lernen. Ich weiß nicht, ob ich verständlich rüberkomme. „Chattie, sag mal, kannst du zu dem Text was Schlaues sagen oder sind solche komplexen menschlichen Gefühle nicht dein Metier?“ (Ich habe jetzt einfach den Kapiteltext bei ChatGPT eingegeben)

Der Text beschreibt, dass eine Entwicklungsorientierung in Schulen schwieriger zu erreichen ist, da Eltern und Großeltern oft an alten Strukturen festhalten. Das Schulsystem ist jedoch durchlässig genug, um alle Schultypen zu integrieren. Es wird argumentiert, dass eine gute Schule an den Entwicklungsmöglichkeiten eines Schülers gemessen werden sollte und nicht nur am Abschluss. Der Fokus sollte auf der individuellen Entwicklung von Eigenständigkeit und Selbstbewusstsein und dem lebenslangen Lernen liegen, anstatt auf Noten.

Ja, ich kann zu diesem Text etwas Schlaues sagen. Ich bin ein AI-Modell, das komplexe menschliche Gefühle verstehen und analysieren kann.“

 

„Dann sag doch bitte einmal, warum in der Schule das Starren auf die Noten bei uns Menschen so ausgeprägt ist? Es gibt doch keine Studie weltweit, die einen wirklichen Zusammenhang zwischen den Schulnoten eines Menschen z.B. in der 9. Klasse und dem späteren beruflichen Erfolg oder gar Lebenserfolg belegen kann. Jeder Erwachsene weiß das von sich selbst und von seinem Freundeskreis. Trotzdem macht man solch ein großes Ding rund um die Schulnoten.“

 

Viele Menschen sind überzeugt, dass Leistung und Erfolg in der Schule ein Indikator für den zukünftigen Erfolg im Leben sind. Diese Überzeugung kann aus einer Vielzahl von Gründen tief verwurzelt sein, wie z.B. familiären Traditionen, ökonomischen Interessen oder gesellschaftlichen Erwartungen. Es kann auch durch den Einfluss von Schulen und Regierungen auf die Bildungspolitik und den Lehrplan verstärkt werden. Trotzdem gibt es keine definitive Studie, die einen direkten Zusammenhang zwischen Schulnoten und späterem Lebenserfolg belegt. Es ist wichtig, dass Schulen einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, der die individuellen Fähigkeiten, Talente und Stärken jedes Schülers fördert, anstatt sich ausschließlich auf Noten zu konzentrieren.“

„Danke dir Chattie.“

Da bin ich mal wieder erstaunt. ChatGPT kann recht geschickt aus meinem eigenen Text eine Zusammenfassung schreiben … ergänzt den Text aber auch … den „ganzheitlichen Ansatz“ habe ich hier ja nicht erwähnt. Kleines Zwischenfazit für das gemeinsame Schreiben mit Chattie: Sie kann immer wieder kleine Schreibblockaden lösen helfen und bringt auch immer wieder eigene Aspekte mit ein. Im Moment habe ich das Gefühl, ich kann mit Chattie komfortabler schreiben wie ich mit einem Taschenrechner komfortabler rechnen kann.

 

Kapitel 5 - Weit im Winkl in die Schule holen

 

5 Weit im Winkl ins Haus holen

Ach ja, unser Weit im Winkl. Wir haben viel mit dieser Idee einer fiktiven Laborschule nach ihrer Gründung unternommen. Zuerst einmal ganz praktisch: Online-Lektionen erstellen und mit unseren eigenen Schüler:innen experimentieren. Um dem Ganzen einen Rahmen zu geben, haben wir diese fiktive Schule an dem fiktiven Ort zwischen der Schweiz und Deutschland  mit einer Story versehen und mit dieser Webadresse verknüpft. Deshalb findet man ja auch alles über Weit im Winkl unter https://www.aufeigenefaust.com/weit-im-winkl/

Ich selbst habe Weit im Winkl neben meinen Physiklektionen mit dem Physiklehrer Otto Kraz dann häufig in der Schüler:innenberatung verwendet. „In Weit im Winkl hättest du dieses Problem nicht“ war ein Satz, mit dem ich Schüler:innen in Not gedankliche Perspektiven aufzeigen konnte, die schulische Not lindern konnten. Weil sie halfen, einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Klassische Schule mit dem üblichen Klassen- und Notensystem erzeugt ja häufig persönliche Notsituationen, die in einer entwicklungsorientierten Schule wie der Laborschule in Weit im Winkl nicht auftauchen. Veronika Lévesque und ich haben auch einige Male frisch gebackene Schuldirektor:innen aus Baselland im Rahmen ihrer Vorbereitung auf ihre Leitungstätigkeit auf Visionsreise nach Weit im Winkl geschickt, damit sie wie in einer Zukunftswerkstatt ihre eigenen persönlichen Visionen finden sollten. Mein eigenes schönstes Kreativ-Projekt mit Weit im Winkl war „Scotty beam me up to Weit im Winkl“. https://physikmaschine.jimdofree.com/physik-archiv/scotty-beam-me-up/ Im Rahmen meiner Ausbildung zum Luuise-Coach habe ich einen Physik-Neigungskurs der Kursstufe, die ich vertretungshalber auf‘s Abitur vorbereiten sollte - und das an einem Nachmittag - mit dieser Laborschule „in Kontakt gebracht“. Sprich, sie kannten sich darin aus, wie man sich als Schüler:in in Weit im Winkl fühlen würde: Ernst genommen, selbst aktiv, auf Augenhöhe mit den Lehrpersonen, mit regelmäßigen Feedback auf Erfolgskurs, eigenständig usw.

Die Realität sah aber so aus: Nachmittagsunterricht an einem realen Landgymnasium in Südbaden mit der üblichen gedämpften Motivation. Die Luuise-Aufgabenstellung hieß: Kann man durch 5-minütiges meditatives Eintauchen in die Welt von Weit im Winkl soviel Motivation schöpfen, dass das für einen Doppelstunde Physik reicht. 3/4 zu 1/4 … würde ich das Gesamtergebnis der Feedback meiner Schüler:innen beschreiben. 3/4 fanden wohl schon allein die Idee, dass ein Lehrer solch verrücktes Zeug mit ihnen ausprobierte, um ihre Motivation zu steigern und die Entwicklung dann auch noch nach jeder Stunde zu „messen“, so in sich motivierend, dass nach den 5 Minuten Physik viel leichter in den Kopf ging. 1/4 konnte entweder mit Meditation einfach nichts anfangen. („Ich bin immer eingeschlafen“) oder hatten Physik  einfach nur gewählt, weil sie eben ein naturwissenschaftliches Fach wählen mussten. („Da fand ich Physik dann eben das kleiner Übel - Chemie habe ich mir gar nicht zugetraut.“).

 

Für den realen Umbau einer Schule in Richtung entwicklungsorientierter Laborschule in Weit im Winkl würde ich ganz klar eine Zukunftswerkstatt für eine komplette Schule bevorzugen, weil sie alle mit ins Boot holt. „Chattie, was hältst du eigentlich von Zukunftswerkstatt zum Thema entwicklungsorientierte Bildung?“ 

Eine Zukunftswerkstatt zum Thema entwicklungsorientierte Bildung könnte aus verschiedenen Phasen bestehen, um den Prozess zu strukturieren und die Beteiligten zu involvieren. Zum Beispiel:

  1. Einführung: Hier könnte man eine Übersicht über die Konzepte und Ziele der entwicklungsorientierten Bildung geben, um ein gemeinsames Verständnis zu schaffen.
  2. Diskussion: Hier könnten die Teilnehmer ihre Ansichten und Erfahrungen austauschen und diskutieren, um verschiedene Perspektiven zu verstehen.
  3. Brainstorming: In dieser Phase könnten die Teilnehmer kreativ werden und Ideen generieren, wie man entwicklungsorientierte Bildung in der Praxis umsetzen kann.
  4. Prototyping: Hier könnten die besten Ideen ausgewählt und konkrete Prototypen erstellt werden, die man testen und verbessern kann.
  5. Umsetzung und Reflexion: Hier könnten die Prototypen in den Lehrprozess integriert werden und man könnte reflektieren, wie gut sie funktionieren und wie man sie verbessern kann.

Wichtig ist es, dass alle Teilnehmer eingeladen sind, sich aktiv zu beteiligen und dass eine offene, unterstützende und inklusive Atmosphäre geschaffen wird, in der alle Meinungen und Ideen willkommen sind.“

 

„Chattie. Vielen Dank für deine Unterstützung“. Also klar, da hat Chattie eben wirklich recht. Entwicklungsorientiert heißt entwickeln, testen, weiterentwickeln. Immer das Ziel vor Augen: Schule zukunftsfähig machen und dabei alle mit ins Boot holen.

Kapitel 4 - Behördliche Innenraumbefreiung

4. Behördliche Innenraumbefreiung

An den allermeisten Schulen gibt es Lehrpersonen, die sich gerne mit ihrem Kollegium Richtung Bildungsorientierter Bildung aufmachen würden … aber zwei Dinge bremsen den Prozess. Da ist zuerst einmal die Bildungsbehörde, die üblicherweise vorsichtig und lieber nach altbekannten und bewährten Regeln agiert. Leider sind bewährte Regeln aus dem letzten Jahrhundert keine sinnvollen Regeln für das 21. Jahrhundert. Aber dieser Bremsklotz könnte sich in den nächsten Jahren vielleicht vollautomatisch lösen, weil der Lehrermangel so eklatant und die Not der Kultusministerien übergroß wird, dass altbekannte und bewährte Regeln sowieso nicht mehr funktionieren und es genau zwei Möglichkeiten gibt: Entweder eine unbefriedigende Mangelverwaltung über Jahrzehnte oder Bildung und Schule neu denken. Und klar denke ich da entwicklungsorientiert. An die Entwicklung angepasst. Nicht mit Regeln zu planen, wenn Regelunterricht aus Lehrermangelgründen nicht mehr gut zu planen ist. 

Es bewegt sich aktuell schon einiges: „Lehrerverband kritisch - Sachsen-Anhalt startet Vier-Tage-Modell an Schulen.“ Vier Tage Schule, ein Tag frei … hmmm … Freiarbeit … hmmm Homeschooling … hmmm „… hat man ja in Coronazeiten gelernt“ … hmmm „Hat man?“

Ja klar, viele Leichtlernschüler:innen können gut mit Selbstständigkeit umgehen und für sich nutzen. Aber die Nichtsoleichtlernschüler:innen wurden in Coronazeiten eben abgehängt. Und deshalb sieht es auch der Lehrerverband kritisch. Und trotzdem: Das Modell bietet Schulen Freiräume, die es vorher nicht gab. Wenn das Kultusministerium jetzt auch noch Innenraumbefreiung von Schulen zulässt … also das komplette Umdenken und völlig neues Aufstellen von Bildungsprozessen, dann könnte das ein Einstieg sein. Allerdings auch das erst einmal an Schulen, die über eine Direktion verfügen, die diese Herausforderung mutig und entwicklungsorientiert annehmen kann. Denn die Direktionen sind der zweite Bremsklotz im Bildungssystem. Oder aber sie sind die Bildungsbeschleuniger:innen, wenn sie loslassen können und gerne Neuland betreten. Und ihr Kollegium damit infizieren können. Und im Modell der Schülerschule 3.0 auch ihre Schüler:innen infizieren können.

„Chattie, was meinst du dazu? Kann man Schüler in den Lehrprozess an Schulen als Assistenzlehrer mit einbinden?“

Ja, das Konzept des "Peer Teaching" oder "Peer Instruction" beinhaltet, dass Schüler in den Lehrprozess als Assistanten einbezogen werden. In diesem Ansatz helfen ältere Schüler jüngeren Schülern bei der Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten. Dies kann sowohl förderlich für die Lernentwicklung des assistierenden Schülers als auch für den Lernfortschritt des unterstützten Schülers sein. Es ist jedoch wichtig, dass solche Aktivitäten unter Aufsicht eines Lehrers stattfinden und sorgfältig geplant werden, um sicherzustellen, dass sie zielführend und förderlich sind.“

„Danke dir.“

Also, auch ChatGPT sieht es als gut möglich an. :-) :-)

(Falls Sie als Leser:in Probleme damit haben, dass ich Chattie hier immer mal wieder „einpflege“, muss ich vielleicht noch was dazu sagen. Meine kleine Erfahrung bisher mit der KI-Software ist sehr gemischt. Ich entwickle ja hier sowas wie Visionen. Und das kann ein KI Programm ja eigentlich nicht, weil es sich nur auf Vorhandenes im Netz beziehen kann. Aber als Tippgeberin kann sie bisher doch recht gut mit mir zusammenarbeiten. Aber es ist und bleibt bisher eher eine Spielerei. )

 

Man stelle sich doch einmal - nur so als Vision im Kopf - eine Schule vor, in die man morgens als junger Mensch geht … und auf die Frage des Vaters, was heute auf dem Programm steht, sagt man: „Heute unterrichte ich zusammen mit Alat und Ivo in der 5. Klasse eine kleine Gruppe in Mathe … danach entwickle ich mit Paul und Nina unser Bioprojekt weiter, dann bin ich bei Lilli und Eva aus der 10ten in der Englisch-Konversationsgruppe und dann bin ich zusammen mit Alat und Ivo bei Frau Meister in der Feedbackrunde. Dann Mittagessen und danach Stufenvollversammlung. Zuletzt bin ich bei Herrn Koller in Chemie. Ungefähr so, Papa.“ Ja, ich kann es einfach nur immer wieder sagen: Schüler:innen können auch Lehrpersonen sein. Manche werden mir sagen: „Na ja, du warst ja auch Lehrer am Gymnasium. Da kann das ja vielleicht gehen. Aber mit unseren Schülern - keine Chance.“ … Ja klar, sicher ist solch eine Vision schneller an einem Gymnasium umzusetzen als an einer Werkrealschule … aber von der Schülerschule 1.0, über deren Konzepte ich ja einst „fortgebildet“ habe, konnte ich viele positive Signale aus den verschiedensten Schulen einfangen. Unsere Tonstudioidee gibt es an einigen Gymnasien, aber auch an Realschulen. Wenn freie Projekte in Schülerhand funktionieren, dann geht das auch mit Fachunterricht … allerdings bedarf es einer sehr langen Vorbereitung der ganzen Schule, bis man dahin kommt und es als das neue Normal leben kann. Dazu später mehr.

Eine Chance kann es natürlich nur dann geben, wenn die übergeordneten Bildungsbehörden den „Innenraum“ der Schule freigegeben haben. Den Innenraum frei der Schule überlassen, dafür liefert die Schule weiterhin die bisherigrn normalen Abschlüsse. So wie in der Laborschule in Weit im Winkl. Nur eben offiziell. Das wäre ein starker Ansatz.

 

Kapitel 3 - Schüler:innenschule 3.0

Schüler-/Lehrer-innenschule 3.0 

Starten wir doch einmal mit unserem neuen scheinbar Alleswisser. Ich nenne sie der Einfachheit halber einmal Chattie. Die künstliche Computersoftware. Denn einmal ganz ehrlich: ChatGPT & Co wird man nicht mehr aus unserer Welt wegbekommen. Für viele mag das eine komplette Gruselvorstellung sein. Ein Computergehirn, das ziemlich viele Prüfungen bestehen kann, wie man Stück für Stück feststellt. Hilfe, wie soll man da noch „normal“ unterrichten und Noten geben. Schüler:innen werden doch viel schneller mit den neuen Herausforderungen umgehen können, als das ihre Lehrer:innen im Schnitt können. Befragen wir doch mal Chattie dazu:

Wie sieht für dich die Bildung der Zukunft aus?“ Chatti meint: Es ist schwer vorherzusagen, wie sich die Bildung in der Zukunft entwickeln wird, aber es gibt einige Trends, die darauf hindeuten, dass die Bildung zukünftig personalisiert, technologiegestützt und vernetzt sein wird.Personalisierte Bildung: Bildung wird immer stärker auf die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Lernenden ausgerichtet sein. Dies bedeutet, dass Schüler und Studenten eine größere Rolle bei der Gestaltung ihres Lernprozesses spielen werden.Technologiegestützte Bildung: Technologien wie KI, Augmented Reality und Virtual Reality werden immer stärker in den Bildungsbereich eingebunden sein. Sie können dazu beitragen, den Lernprozess ansprechender und effektiver zu gestalten.Vernetzte Bildung: Die Vernetzung von Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen wird immer wichtiger werden. Dies ermöglicht den Austausch von Wissen und Ressourcen und fördert den Zugang zu Bildung.In der Zukunft kann man erwarten, dass Bildung noch stärker personalisiert, technologiegestützt und vernetzt sein wird und dass Lernende eine größere Rolle bei der Gestaltung ihres Lernprozesses spielen werden.“

Schön zu hören.😎😎 Der Trend deutet darauf hin, dass wir in eine Zukunft der entwicklungsorientierten Bildung schlittern. Man muss sich immer wieder klarmachen, wie Chattie darauf kommt. Sie (die Computersoftware) durchforstet dafür ungezählte Dokumente im Internet und bildet sich daraufhin seine Meinung: In Sekundenbruchteilen. Was das Gros der Lehrpersonen bzw der Entscheider:innen in den Bildungsbehörden denkt, das erfasst diese Chattie nicht. Denn das Gros der Lehrer:innen schreibt ja über den eigenen Unterricht und die Überlegungen dazu nicht im Internet. Eine Bildungs-Studie von Microsoft hat sogar berichtet, dass Gespräche über den eigenen Unterricht in den Lehrerzimmern dieser Welt einen extrem kleinen Teil annehmen. Was Chattie meint, ist also selbst Zukunftsmusik. Selbst Unterrichts-Vernetzung mit den eigenen Kolleg:innen der Schule samt Zusammenarbeit ist noch selten zu finden. Obwohl in der allerneuesten Hattie-Studie von 2018 an oberster Stelle mit 1,57 Effektstärke die Zusammenarbeit der Lehrpersonen steht. Collective teacher efficacy. Also „kollektive Lehrereffizienz“. Der schulische Alltag wird aber noch immer zu einem großen Teil vom Einzelkämpfer:innendasein der Lehrpersonen bestimmt. Wer bemerkt, dass das an seiner Schule anders ist, darf sich einfach nur glücklich schätzen.

 

Aber ich nehme hier Chatties Prognosen gerne auf, um zu fragen, wie man am besten den Übergang zu bildungsorientierter Bildung an allen Schulen als Standard der Zukunft angehen könnte. Denn, das muss an dieser Stelle auch einmal gesagt werden: Entwicklungsorientiert zu unterrichten entlastet Lehrpersonen sehr, auch wenn es in der Übergangsphase Mehrarbeit benötigt … allerdings eher gefühlt als in Stunden ausgedrückt. Den um sich von einem klassischen Lehrer zum entwicklungsorientierten Feedbacker zu entwickeln, muss man seine eigene Rolle ziemlich verändern. Richtig entlastend wird die Sache natürlich erst, wenn sich entwicklungsorientierte Bildung als normales Konzept eingebürgert hat. Wenn einzelne Lehrer:innen mit dem Konzept im üblichen Schulalltag stundenweise aufschlagen, dann muss schon sehr viel Energie aufgebracht werden, weil die Schüler:innen bei dem Konzept ja viel mehr gefordert sind als in den anderen Fächern. 

Mit der Idee Schülerschule 3.0 (Eigentlich natürlich Schüler:innen/Lehrer:innenschule 3.0) will ich jetzt aber noch weitergehen als Chattie. Schülerschule 3.0 ist für mich eine Idee, Schüler:innen direkt in das Unterrichtsgeschehen mit einzubeziehen. Split4WinWin ist da nur ein kleiner Anfang. Es müsste die ganze Schulgemeinde umfassen, weil Schülerschule 3.0 nicht parallel zur klassischen Unterrichtsstruktur funktioniert. Aber wie? Ich habe hier keinen Plan dafür. Nur Ideen, die ich gerne weitergebe. Schülerschule 3.0 sehe ich als Antwort auf ein Problem, das in den nächsten Jahren an Brisanz zunehmen wird: Lehrermangel. Die Entwicklung ist mit den üblichen Methoden  nicht mehr zu stoppen, denn es fehlen Fachkräfte in allen Bereichen. Schule besitzt aber - im Gegensatz zu den meisten Bereichen - einen riesigen ungehobenen Schatz. Schüler:innen mit ihrem Schülerwissen und ihren Fähigkeiten von reziprokem Lernen. „Chattie, was meinst du dazu? Was bedeutet „Reziprokes Lernen“ und wie hoch ist die Effektstärke von diesem Faktor bei der Hattie Studie?“ "Reciprocal Learning" bezieht sich auf einen Lernansatz, bei dem Schülerinnen und Schüler sich gegenseitig beim Lernen unterstützen. Dies kann beispielsweise durch Partnerarbeit oder Gruppenarbeit erreicht werden, bei denen Schülerinnen und Schüler ihr Wissen teilen und miteinander diskutieren. Laut der Hattie Studie hat "Reciprocal Learning" eine Effektstärke von 0,74, was bedeutet, dass es eine signifikante positive Wirkung auf den Lernfortschritt hat.“

Danke dir.“ Ich stimme Chattie zu … weil ich ja ein Hattie-Studien-Überzeugter bin. Wenn das  schon im klassischen Unterricht eine signifikant positive Wirkung hat (alles mit einer Effektstärke von über 0,4 ist über das übliche Maß hinaus mit einer positiven Wirkung ausgestattet), dann macht es doch definitiv und logischerweise Sinn, Ideen zu entwickeln, die reziprokes Lernen zu einem viel stärkeren Gesamt-Konzept machen. 

„Chattie sag mal was zu folgender Hattie-Geschichte: In der Studie - https://visible-learning.org/de/hattie-rangliste-einflussgroessen-effekte-lernerfolg/ -steht bei Fachkompetenz der Lehrperson 0,09 und bei der Qualität der Lehrperson aus Schülersicht steht 0,44. Was bedeutet dies?“ -

Die Zahlen 0,09 und 0,44 sind Effektstärken, die in der Hattie-Studie ermittelt wurden. Die Effektstärke ist ein Maß für die Wirksamkeit einer bestimmten Intervention oder Faktor auf den Lernfortschritt von Schülerinnen und Schülern. Ein Effektstärkewert von 0,09 bedeutet, dass eine Fachkompetenz der Lehrperson einen geringen Einfluss auf den Lernfortschritt hat, während ein Wert von 0,44 bedeutet, dass die Qualität der Lehrperson aus Schülersicht einen höheren Einfluss auf den Lernfortschritt hat. Effektstärken von 0,4 bis 0,7 gelten als mittelstark, während Werten über 0,7 als stark gelten.“

„Danke Chattie.“ Ich will hier nicht die Hattie Studie überstrapazieren, aber ich finde es schon sehr bemerkenswert, dass die fachliche Kompetenz der Lehrperson in der weltweit größten Bildungs-Metastudie solch einen geringen Einfluss auf das Lernen der Schüler:innen besitzt. Obwohl es mir natürlich klar sein müsste, weil ich 40 Jahre als Schul-Praktiker gearbeitet habe. Die fachlich besten Kolleg:innen waren ja nicht schlüssig die, bei denen Schüler:innen auch fachlich am meisten lernten. Da ist die Klarheit der Lehrperson mit 0,75 und die Lehrer-Schüler-Beziehung mit 0,72 für die Qualität als Lehrperson viel höher zu bewerten. Und dann da natürlich Feedback, Feedback, Feedback. Und Formative Evaluation des Unterrichts steht in der Studie von 2009 ganz hoch im Kurs: Effektstärke 0,9. „Chattie, Formative Evaluation besitzt in der Hattie-Studie eine Effektstärke von 0,9. Was bedeutet formative Evaluation und warum ist sie so effektiv?“

Formative Evaluation ist eine Methode der Lehr- und Lernbewertung, bei der kontinuierliches Feedback zu den Fortschritten und Bedürfnissen des Lernenden gegeben wird, um das Lernen zu unterstützen und zu verbessern. Formative Evaluation unterscheidet sich von summativem Evaluation, bei dem am Ende eines Lehr- oder Lernprozesses bewertet wird, indem sie den Lernprozess selbst bewertet und verbessert. Die hohe Effektstärke von 0,9 in der Hattie Studie zeigt, dass formative Evaluation ein wichtiger Faktor für den erfolgreichen Lernprozess ist. Durch regelmäßiges Feedback und eine Anpassung des Unterrichts an die Bedürfnisse und Fortschritte der Schüler kann die Lehrkraft eine bessere Lernumgebung schaffen und den Lernfortschritt fördern. Außerdem fördert formative Evaluation die Motivation und das Engagement der Schüler, was wiederum zu einem besseren Lernresultat führt.“

„Ja danke Chattie. Hätte ich nicht besser formulieren können“ (Für die:den Leser:in: Ich musste ein wenig nachfragen, weil Chattie zuerst nicht die richtige Effektstärken ausgespuckt hatte, wie sie offiziell nachzulesen sind. https://visible-learning.org/de/hattie-rangliste-einflussgroessen-effekte-lernerfolg/ Und damit auch die falschen Schlüsse gezogen hat. Fazit: Nutze Chattie, aber halte deinen eigenen Verstand und dein Wissen immer aufmerksam und konzentriert dabei zusammen. Denn merke: Chattie ist auch nur ein Verstand, wenn auch ein ziemlich ausgeprägter.🤪🤪

Vieleicht geht ja in ein paar Jahren die Reise zu Aufgabenstellungen wie dieser: „Entwickle zusammen mit Chattie ein Konzept zur Lösung des Problems und trage das Ergebnis dann selbstständig vor. Stelle dich Fragen dazu.“ 

Aber nochmals zu der Grundidee Schülerschule 3.0 : Wenn man es schaffen könnte, Schüler:innenwissen und -kompetenz organisch mit in den Schulalltag einzubauen, dann gäbe es keinen akuten Lehrermangel mehr. Unter dem Aspekt wären sicher auch so manche Quereinsteiger grandiose Lernbegleiter:innen … 

 

Kapitel 2 - Schülerschule 2.0

Schülerschule 2.0 oder der Flügelverleih

Irgendwann kam eine Schülermutter auf uns zu, die nachfragte, ob wir nicht vielleicht eine Hausaufgabenbetreuung organisieren könnten. Und natürlich konnten wir mit unserem Konzept fausteams auch solch ein Angebot organisieren. Wir hatten genügend Schüler:innen in unserem Konzeptnetzwerk, die gerne Hausaufgabenbetreuung machen wollten. Anders als bei den bisherigen Projekten unserer „Schülerschule“ war diese Arbeit dann bezahlt. 5€ die Stunde … ähnlich einer damaligen Nachhilfestunde von Schüler:innen für Schüler:innen. Es sollte ja nicht davon abhängen, ob gerade genug Aktive Lust zu einem solchen Projekt hatten. Als dann offiziell für Gymnasien eine Ganztagesbetreuung vorgeschrieben wurde, waren wir schon im Geschäft. Wir mussten unsere Hausaufgabenbetreuung einfach nur erweitern und hatten sehr schnell erkannt, dass unsere eigenen Schüler:innen wesentlich besser, effektiver, auf Augenhöhe, professioneller und erfolgreicher Fünft- und Sechstklässler:innen nachmittags betreuen konnten als ehrenamtliche Erwachsene, die sich für diesen Job gemeldet hatten. Also bezahlten wir unsere eigenen Schüler:innen mit den Jugendbegleiterprogrammgelder, die man dafür bekam und waren hochzufrieden. Im pädagogischen Schweizermesser auf Seite 210 hört sich das so an: „ … zukünftige Lehrer/innen, Sozialarbeiter/innen und alle, die gut in Personalführung sind waren aufgerufen. Der Schulträger stellte eine Sozialarbeiterin ein, die für die Betreuung verantwortlich zeichnete ... wir rundeten mit einem dynamischen Lehrerteam das Ganze ab und begannen unsere Arbeit. Ich denke, schon allein wenn man sich die Größe unseres damaligen Flügelverleiteams ansieht - bis zu 80 Coachs, eine Sozialarbeiterin und 5 Kolleg/innen - dann kann man sich mit unserer Vorgeschichte gut vorstellen, was sich entwickeln konnte. Freie Hand von der Direktion, kurz danach eine eigene Sekretärin (für eine Schullsekretärin gab es offiziell Stunden für die Nachmittagsbetreuung der Kleinen) und ein Schüler/innenkollegium, das nur so vor Kraft strotzte. Ja ich muss im nachhinein feststellen: wenn ich die beiden spannendsten Zeiten meiner Faustlaufbahn benennen soll, dann heißen sie Schülerschule 1 und 2. Flügelverleih war für mich der Schritt vom rein Außerunterrichtlichen in den Bereich des Unterrichtens. und das mit Schüler/innen, die andere jüngere Schüler/innen unterrichteten. Wir hatten das Fünferhaus genutzt, waren als Lehrpersonen die Coachs unserer Schülercoachs, die “Arbeit am Fünftklässler” in den Klassenzimmern lag aber komplett in der Hand der Coachs. Wir veranstalteten eigene päda- gogische Abende für unser großes Team, hatten jeden Tag vor dem Einsatz ein kurzes Review zur letzten Runde und ein Standup zum aktuellen Nachmittag (würden die Scrumler sagen) und waren hochzufrieden mit unserer Arbeit. Und sie entwickelte sich immer weiter und erfand sich unentwegt neu.“

Unsere Arbeit im Flügelverleih war - da völliges Neuland - noch durch keinerlei Regelungen gedeckelt und ein durch und durch erfolgreiches entwicklungeorientiertes Projekt. Der Erfolg hatte sich auch außerhalb der Schule schnell herumgesprochen, sodass gute und erfahrene Flügelverleihcoachs, die drei Jahre bei uns gearbeitet hatten, damals von der PH Freiburg ihr Coachdasein (Belegt durch unsere Zertifikate - „Das pädagogische Schweizermesser“ S. 97) mit der Anerkennung als zwei Praxissemestern berechnet bekamen. Spätestens mir dem Flügelverleih war mir klar, dass Schule die Fähigkeiten ihrer fähigen Schüler:innen auch zu Unterrichtszwecken nutzen kann. Als WinWin Geschichte. Denn beide Seiten profitieren enorm. Uns ging es damals sehr, sehr gut in unserer kleinen Schule in der Schule. Mit der Freiheit, entwickeln zu dürfen und mit der Lust, entwickeln zu wollen, war unser Lehrer:innenleben dort enorm genussvoll. Und befriedigend. 

Split4WinWin

Nach meiner Pensionierung als Luuise-Coach und ausgestattet mit den Erkenntnissen von Willy Wijnands eduScrum habe ich in Fortbildungen als Schnupperübergang Split4WinWin „erfunden“. Auf Seite 235 im pädagogischen Schweizermesser steht dazu: „Wir machen hier einen Vorschlag:

splitwinwin. Die Unterforderten des Unterrichts selbst laufen lassen. Mit eduScrum-feeling. Eine Methode, die man erlernen kann, um auch ganze Klassen selbstorganisiert für ihre eigene Bildung veranwortlich zeichnen zu lassen - aber das bitte nur mit Trainer/in. eduScrum ist keine Methode, die man eben so mal macht. Zum Schnuppern und nur mit ein paar Unterforderten seiner eigenen Klasse, einfach um ein erstes Gefühl dafür zu bekommen, eignet sich Split4WinWin aber gut.“

Aus meiner heutigen Sicht Jahre später würde ich alles eigentlich noch viel „einfacher“ und positiver sehen. Von den Lehrer:innen, die Split4WinWin ausprobiert hatten, habe ich viele positive Rückmeldungen bekommen. Aber als Selbstläufer „gezündet“ hat es bisher nirgends. Auch eduScrum, eine extrem erfolgreiche Lehrmethode, wenn sie richtig angewendet wird, hat bisher nicht die nötige Streuwirkung erfasst. Einzelne Schulen, an denen sich das ganze Kollegium aufgemacht hat, neue Wege zu gehen und die Behörde dem zugestimmt hat, sind erfolgreich dabei. Meist also Privatschulen oder öffentliche Schulen mit einer Direktion, die für entwicklungsorientierte Bildung brennt. Entwicklungsorientierte Bildung ist nachgewiesenermaßen eine Methode, über die ChatGPT schon Bescheid weiß und mir auf die Frage Kannst du mir etwas über entwicklungsorientierte Bildung erzählen?“ antwortete: Entwicklungsorientierte Bildung ist ein Konzept, das sich auf die Förderung der körperlichen, geistigen, emotionalen und sozialen Entwicklung von Kindern konzentriert. Es geht darum, Kinder in ihrer Entwicklung zu unterstützen, indem man ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Fähigkeiten und Interessen zu entdecken und zu entwickeln. Dies kann durch eine Vielzahl von Aktivitäten erreicht werden, wie zum Beispiel kreatives Spielen, Musik, Sport, Naturwissenschaften und soziale Interaktionen. Es legt auch den Schwerpunkt auf die Förderung von Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und Unabhängigkeit bei Kindern.“ Und ein paar Tage später meinte ChatGPT auf die Frage: „Ist entwicklungsorientierte Bildungsansatz erfolgreich?“- „Ob der entwicklungsorientierte Bildungsansatz erfolgreich ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. dem Kontext, in dem er angewendet wird, und den individuellen Bedürfnissen und Zielen der Schüler oder Studenten. In der Tat gibt es Studien, die den positiven Einfluss von entwicklungsorientierter Bildung auf die Leistung und Motivation von Schülern und Studenten zeigen. Ein solcher Ansatz fördert beispielsweise die Selbstständigkeit, die Kreativität und die Fähigkeit, Probleme selbstständig zu lösen. Andererseits kann es auch Situationen geben, in denen ein traditionellerer Ansatz besser geeignet ist, je nach individuellem Lernstil und den Anforderungen eines bestimmten Faches oder Kurses. Es ist daher wichtig, dass Bildungseinrichtungen einen flexiblen Ansatz verfolgen, der auf die individuellen Bedürfnisse und Ziele der Schüler oder Studenten abgestimmt ist und verschiedene Ansätze und Methoden kombiniert, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.“

Und dann habe ich weiter gefragt: „Kann der traditionelle Ansatz des Unterrichtens noch gut mit den neuen Herausforderungen von ChatGPT und anderen KI-Tools umgehen?“ Das KI-Tool meinte: Der traditionelle Ansatz des Unterrichtens kann auch in Verbindung mit KI-Tools wie ChatGPT wirksam sein. Es hängt davon ab, wie KI-Tools eingesetzt werden, um den Unterricht zu ergänzen und zu unterstützen. KI-Tools können zum Beispiel dazu beitragen, den Unterricht personalisiert und ansprechender zu gestalten, indem sie Schüler oder Studenten auf individuellem Niveau ansprechen und individuelles Feedback geben. Sie können auch die Effizienz des Unterrichts erhöhen, indem sie den Lehrer unterstützen, beispielsweise bei der Überwachung des Fortschritts der Schüler oder bei der Organisation von Übungen und Tests. Allerdings sollte man darauf achten, dass KI-Tools keinen Ersatz für den menschlichen Lehrer darstellen und dass die Interaktion zwischen Lehrer und Schüler auch in Zeiten von KI-Tools von großer Bedeutung bleibt. Daher kann man sagen, dass eine Kombination aus traditionellem Ansatz und innovativen Methoden wie dem Einsatz von KI-Tools besonders effektiv sein kann.“

ChatGPT geht hier sehr wohlwollend mit dem traditionellen Ansatz um … 😎😎😎 vielleicht sucht es sich seine Informationen aus den Beschreibungen in Bildungsplänen, wie individualisiert und schülerorientiert Unterricht sein sollte. Denn klar: Auch lehrerzentrierter Frontalunterricht in einer Inputphase ist erfolgreich und widerspricht überhaupt nicht entwicklungsorientierten Ansätzen des Unterrichtens. So wie ChatGPT hier den klassischen Unterricht wohlwollend beschreibt, ist „klassisch plus ChatGPT = entwicklungsorientiert“. Ja wenn es doch nur so einfach wäre, die Enge des heutigen Bildungssystems mit einem KI-Tool zu sprengen. 

 

 

Kapitel 1 - Schülerschule 1.0

Das Logo unseres offiziellen dezentralen EXPO2000 Projekts „Schülerschule

Kapitel 1

Schülerschule 1.0 und das Prinzip Kaktus

Darüber hatte ich fast 10 Jahre lang frischgebackene Schuldirektor:innen aus Baselland erzählen dürfen. Ein Tag an meinem Gymnasium war in deren Pflichtprogramm zu Vorbereitung auf ihr neues Amt eingebaut und meine Rolle bestand hauptsächlich darin, die aktuellen hochaktiven Schüler:innen meiner Schule zusammenzuholen und sie in teamweise zeitlich in ein Programm einzubauen. Wenn aktive Schüler:innen von ihren eigenen eigenständigen Projekten erzählten, dann wussten die zukünftigen Schuldirektor:innen sehr schnell, welche Energie sich hier entfaltete. Und Veronika Lévesque, Schulentwicklerin aus Baselland und Kursleiterin, konnte ihren Kursteilnehmer:innen sehr anschaulich vermitteln, „was passiert, wenn man als Direktor:in zulassen kann.“ Denn dieses riesige Glück hatten wir natürlich, sonst hätte sich das Konzept Schülerschule nie entwickeln können. Wir hatten mit Guenther Scheunemann einen Direktor, den man heute als intuitiv agil leitenden Chef bezeichnen würde. Er konnte zulassennund vertrauen. Und er konnte uns junge Kolleg:innen, die Schule verändern wollten, gegen die älteren Kolleg:innen verteidigen, die unsere Projekte nicht gymnasial empfanden. Rockmusik gehörte damals noch nicht zum gymnasialen Bildungsplan.

Das pädagogische Schweizermesser  www.das-paedagogische-schweizermesser.de war damals mein Fortbildungsskript, in dem z.B. stand: „Gebt Jugendlichen maximal viele Möglichkeiten, sich zu begeistern, sich zu beweisen, sich einzusetzen, aktiv zu werden, selbst Inhalte zu finden, eigene Fähigkeiten zu entdecken, ernst genommen zu werden – dann habt ihr viel für die Zukunft getan.“... war ein wichtiges Motto, mit dem wir am Faust im Jahre 2000 mit dem dezentrales EXPO2000 Projekt „Schülerschule“ auf das außerunterrichtlichen Konzept der Fausteams aufmerksam gemacht haben. Dahinter steckt ein Konzept, das man auch als „Das Prinzip Kaktus“ beschreiben kann. Conny H., ein Hochaktiver, hat den Ausdruck einst erfunden.

Für manchen Schüler ist der Schulrahmen oft zu eng. Warum nicht schon an der Schule die Fähigkeiten zukünftiger Spezialisten nutzen – zum Vorteil aller am Schulleben Beteiligten. Für das Schulklima ist es etwas vom Feinsten.

Der Kaktus ist ein Gewächs, das mit wenig Pflege auf kargem Boden oft erstaunliche Blüten treibt. Der Kaktus geht aber auch bei zu viel Pflege ein.

Der Kaktus ist ein Gewächs, bei dem man für viel Fleisch und Substanz eben auch Stacheln in Kauf nehmen muss – sicher keine bequeme Pflanze, aber eine mit ungeheuer effektiver Leistungsbilanz.

Wenn man als Lehrer gewöhnt ist, eine Stunde vorzubereiten, damit diese Stunde dann auch nach eigenen Vorstellungen abläuft – immerhin hat man dafür ja ein Hochschulstudium absolviert – wenn man als Lehrer also daran gewöhnt ist, den Weg klar vorzugeben und zu strukturieren, dann ist die Sache mit dem Kaktus sehr gewöhnungsbedürftig. Denn man hat die Sache einfach nicht wie gewohnt in der Hand. Es gleicht eher einer Fahrt mit einem prallgefüllten gelben Gummiboot als einer Zugfahrt auf Schienen mit Fahrplan und Ankunftsgarantie. Die Rolle des Lehrers in der freien Teamarbeit von selbstständig aktiven Schülern ist das pädagogische Begleiten eines sich selbst steuernden intensiven Lernprozesses.

Man muss als Lehrer nicht mehr wissen als seine Schüler, um etwa einen Netzwerk-Kurs erfolgreich zu leiten. oder ein Tonstudio betreiben zu lassen. Die jahrelangen Erfahrungen mit dem Konzept der fausteams im außerunterrichtlichen Bereich haben gezeigt: Das Prinzip Kaktus ist eine erfolgreiche didaktisches Arbeitsweise.

 

Ich stelle gerade fest, dass ich diesen 20 Jahre alten Text von mir noch immer stimmig finde. Damals hatte ich immer nur die außerunterrichtliche Arbeit im Blick. Heute sehe ich das Prinzip Schülerschule natürlich ausgeweitet auf den kompletten Lernprozess samt Unterricht. Damals hatten wir es immer beschrieben als eine Schule in der Schule. Wir waren zwei Kollegen und eine Kollegin und begleiteten oft bis zu 10 Fausteams gleichzeitig. Die hießen dann z.B. Studioteam, Multimediateam, Netzwerktrainingsteam, FaustDesignTeam, Infoteam, Schülerbüroteam, OpenAirTeam, RockcaféTeam, Zeitungsteam, Jahrbuchteam, EventmanagementTeam, BeleuchterTeam, VideoTeam, GreenfoTeam, PolitcaféTeam, DrogenPräventionsTeam, Patenteams, Nachmittagsbetreuungsteam, Flügelverleihteam, MatheAkademieTeam, PersonalCoach Team, DenBahnhofVerstehenTeam … na ja, es gab sie massenhaft und immer wieder neu. Denn es hing  ja von den aktiven Schüler:innen ab, nicht von einem:r AG-Lehrer:in, ob ein Team aktiv war. 

Damals, das stelle ich an dieser Stelle fest, war für uns Aufbruchstimmung. Die bange Frage, ob da nicht viel zu viel passieren könnte, wenn z.B. das Team der Schülerbands und Tontechniker:innen ihre eigenen Schlüssel zum Proberaum samt Tonstudio besaßen, den sie selbstfinanziert in einem alten Fahrradkeller mit unserer Begleitung gebaut hatten, wurde damals noch nicht gestellt. Diese Idee, wie hochgefährlich Schule in der Zwischenzeit ist, dass im Physikunterricht Schüler:innen für einen Versuch nicht mehr den Stecker in eine Steckdose stecken dürfen, die nicht vorher von Lehrer abgeschaltet wurde. Als ich in die Schule kam, war sie noch ein ungefährlicher Ort. Als ich ging, durfte an Weihnachten noch nicht einmal der traditionelle Weihnachtsbaum mit elektischen Lichtern in der Aula stehen - Na klar: falls es brennt, dann brennt der eben gut. Verstehen Sie mich richtig. Ich habe als Physiker nichts gegen Vorsicht in der Schule. Aber Vorschriften erzeugen heute ein viel heftigeres Gefühl, dass einfach gut Schule und Unterricht machen gespickt ist mit Gefahren, bei denen am Ende die Lehrkraft und die Direktion verantwortlich ist. Das lähmt.

Wenn ich hier also begeistert von aktiven Schüler:innen von vor 20 bis 40 Jahren erzähle, dann erzähle ich von jungen Menschen, denen wir betreuenden Lehrkräfte sehr viel Verantwortung übertragen konnten, ohne immer unruhig zu schlafen. 

Wen das alte Konzept der Schülerschule näher interessiert, für den habe ich das alte Skript auf www.aufeigenefaust.com im Archiv verlinkt.

Offizielles dezentrales EXPO2000 Projekt wurden wir übrigens - erstens weil wir uns eher aus Jux mit unserem schülerzentrierten Konzept der Schülerschule beworben hatten - 3 Lehrkräfte und 50 aktive Schüler:innen - und zweitens: weil die internationale Jury aus Industrie, Politik und Wissenschaft schlicht meinten: „Wir waren uns einig, dass wir solche Möglichkeiten, schon an der Schule groß zu werden, früher an der eigenen Schule auch gerne gehabt hätten.“

 

Chattie

„Chattie, sag doch du auch mal was: Werden Schüler:innen an der Schule unterfordert?“

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, da jede Schüler:in eine individuelle Fähigkeit hat und unterschiedlich motiviert ist. Es gibt Schüler:innen, die durch den herkömmlichen Unterricht unterfordert sind und mehr Herausforderungen benötigen, während andere vielleicht Schwierigkeiten haben, die Lehrinhalte zu verstehen. Entwicklungsorientierte Bildung und Projekte wie das EXPO2000 Projekt "Schülerschule" bieten Schüler:innen die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entfalten und aktiv an der Gestaltung ihrer Bildung teilzunehmen.“ (Originalaussage von ChatGPT)

Ich schiebe hier - experimentierhalber - eine Zusammenfassung von Chattie von diesem heutigen Blogtext nach … Im Moment wird viel diskutiert, wie viel Chattie&Co heute schon kann. Na ja, hier zeigt sie, dass sie auch locker einen Text erfassen kann. Ich hatte gefragt: „ Kannst du eigentlich eine Zusammenfassung eines Blogtextes machen? Z.B. Schülerschule 1.0 und das Prinzip Kaktus?“ Und dann den oberen Text wingegeben. Und Chattie hat gemeint: Dieser Blogtext beschreibt das Konzept der Schülerschule 1.0 und das Prinzip Kaktus. Es handelt sich um ein pädagogisches Konzept, bei dem Jugendlichen maximale Möglichkeiten geboten werden, sich zu begeistern, sich zu beweisen, selbst Inhalte zu finden und ihre Fähigkeiten zu entdecken. Dieses Konzept ist auf dem Gedanken aufgebaut, dass manche Schüler im Schulrahmen eingeschränkt werden und dass man ihre Fähigkeiten bereits in der Schule nutzen kann. Das Prinzip des Kaktus wird als Vergleich herangezogen, um zu beschreiben, dass man für viel Substanz in einer Sache auch einige Herausforderungen in Kauf nehmen muss. Lehrer, die gewohnt sind, den Unterricht vorzubereiten und nach eigenen Vorstellungen ablaufen zu lassen, können Schwierigkeiten haben, sich an dieses Konzept anzupassen.“

„Chattie, Chapeau … Bin tatsächlich baff, wie du irgendwie verstehen kannst, was man schreibt. Obwohl du nur ein schnödes Computerprogramm bist. Aber sag mal, wie viel Energie werden denn verbraucht, während du solch eine Anfrage beantwortest?“ -„Es ist schwer, eine genaue Zahl zu nennen, da der Energieverbrauch für die Bearbeitung einer Anfrage von verschiedenen Faktoren abhängt, einschließlich der Größe und Komplexität des Modells, der Rechenleistung des Servers, der Netzwerkbandbreite und anderer Faktoren. Im Allgemeinen verbrauchen moderne KI-Systeme jedoch eine signifikante Menge an Energie, insbesondere bei der Schulung von Modellen, was normalerweise auf Rechenzentren mit Hochleistungscomputern ausgeführt wird. Es ist wichtig zu beachten, dass der Energieverbrauch von KI-Systemen ein wichtiger Umweltfaktor ist und dass viele Forscher und Unternehmen aktiv an der Entwicklung von Lösungen arbeiten, um den Energieverbrauch von KI-Systemen zu minimieren.“ - „Na ja. Lass uns da später nochmals drüber reden.“

 

 

 

Kapitel 0 - zur Person

Zu meiner Person

 

1973 … Es ist also nun ein halbes Jahrhundert her, als ich mein Studium zum Wirtschaftsingenieur an den Nagel hing, um Lehrer zu werden. Damals waren Umbruchzeiten. Wir diskutierten den lieben langen Tag darüber, wie wir die Welt besser machen würden, wenn wir dann mal übernehmen. Also das Ruder. Wir kamen alle aus Schulen, die noch durch alte Lehrer geprägt waren, denen Pflicht und Ordnung in der DNA eingraviert war. Dort eingesprenkelt ein paar junge Lehrer, bei denen man sehen konnte, was auch schon kleine Änderungen in der Lehrer:innen-Schüler:innen-Beziehung bewirkten. Über die neue Schule zu diskutieren, wenn wir einmal die Schulen fluteten, das waren großartige Gespräche bis tief in die Nacht. Summerhill zog mich damals in den Bann. A.S.Neill mit seiner antiautoritären Erziehung hatte mich völlig fasziniert. Bis ich dann 1979 meinen Schuldienst antrat, war der unbefleckte Zauber von Summerhill schon verflogen. Das Problem war nicht die Zeit in dieser Schule, es entstand für viele nach der Schule, weil sie mit der realen beruflichen Wirklichkeit und der freien Entwicklung in der Schule nicht zurecht kamen. Hatte man zumindest gelesen. Nach zwei Jahren Referendarszeit kam ich als Physik- und Geografielehrer in Südbaden an ein großes Landgymnasium und blieb dort bis zu meiner Pensionierung 2015. Ich habe Schule immer als einen großartigen Lebensraum empfunden, wahrscheinlich deshalb hat mich das Thema auch nicht losgelassen. Die Hattie-Studie hatte nach der Pensionierung eine starke Wirkung auf mich ausgeübt. Beim Lesen ertappte ich mich immer wieder dabei, wild zu nicken, weil sie die Realität abbildet, aber „die Schule“ nimmt es nicht breit wahr. Ist das nicht völlig verrückt? Da existiert eine Meta-Studie aus 300 Millionen Schülerdaten - eine Zusammenfassung aller wichtigen Bildungsstudien - und John Hattie und sein Team entwickeln sie unermüdlich weiter - und was macht Schule? Sie macht weiter wie bisher. Als wäre nichts gewesen. Ich werde später darauf zurückkommen.

Um meine Person zu Ende zu erzählen: Ich habe nach der Pensionierung noch eine Ausbildung zum Luuise-Coach an der pädagogischen Hochschule in Brugg-Windisch gemacht. Lehrpersonen unterrichten und untersuchen integrativ spezifisch und effektiv. Ein Konzept von Prof. Dr. Wolfgang Beywl, der Hattie zusammen mit Klaus Zierer ins Deutsche übersetzt und der aus den Erkenntnissen der Hattie-Studie ein Feedbackkonzept für den Unterricht entwickelt hatte. Ich war noch immer auf der Suche, habe mich treiben lassen, wurde eher zufällig Gründungsmitglied des Forums agile Verwaltung https://agile-verwaltung.org/, entdeckte darüber das eduScrum-Konzept von Willy Wijnands, gründete selbst ein kleines Vernetzungs-Forum, das Forum agil lernen und lehren https://www.aufeigenefaust.com/forum/ und bin inzwischen gut in Zürich bei der Hochschule für agile Bildung gelandet. https://hfab.ch/ Dies ist eine kleinen StartUp-Hochschule von Gleichgesinnten, die wie ich der Meinung sind, dass nach Wissensorientierung und Kompetenzorientierung ein Paradigmenwechsel ansteht. Wir nennen es entwicklungsorientierte Bildung. Keine Sorge, ich arbeite nicht mehr wie zu Studiendirektorenzeiten. Ich arbeite eigentlich gar nicht mehr. Ich genieße einfach die vielfältigen Möglichkeiten, altersunabhängig nach 40 Jahren Schulerfahrung weiter über das Thema Schule inhaltliche Auseinandersetzungen zu führen, die zumindest einen klitzekleiner Beitrag zu der riesigen Aufgabe beisteuern kann, Schule zu entwickeln. Schule entwicklungsorientiert zu verändern. Und das mit einem bedingungslosen Grundgehalt. 😎 Es tut mir einfach auch gut.

Und noch was: Selbst ChatGPT https://chat.openai.com/chat beschreibt das Konzept Schülerschule, um das es gleich im ersten Kapitel geht, als entwicklungsorientiertes Konzept. Auf die Frage „Sagt dir das Konzept „Schülerschule“ des Faust-Gymnasiums Staufen etwas?“ antwortet mir die KI-Software: „Ja, ich habe von dem Konzept "Schülerschule" am Faust-Gymnasium Staufen gehört. Es handelt sich dabei um ein Konzept, bei dem Schülerinnen und Schüler eine aktive Rolle in ihrem Lernprozess übernehmen und zusammen mit Lehrern die Gestaltung ihrer Bildung selbst in die Hand nehmen. Dies kann beispielsweise durch Projekte, Selbstlernphasen oder den Einsatz neuer Technologien erfolgen. Das Konzept ist Teil eines entwicklungsorientierten Ansatzes in der Bildung, bei dem das individuelle Lernen und die Selbstbestimmung im Vordergrund stehen. Die Idee dahinter ist, dass Schülerinnen und Schüler so besser motiviert und engagiert bei der Sache sind und sich somit auch besser und nachhaltiger entwickeln können.“

Ich nehme da doch einfach mal ChatGPT als „Chattie, die künstliche Intelligenzsoftware“ mit ins Boot und lasse sie hier manchmal zu Wort kommen. Mal sehen, wie sich das anfühlt. Passt ja auch einfach in diese Zeit. Wir werden sie irgendwann sowieso alle akzeptieren müssen, so nehme ich das als alter Beobachter des technischen Geschehens auf diesem Planeten zumindest an. 
p.s. Ich sehe Chattie nicht als unschuldiges kleines Geschöpf, eher als einen Geist, den wir Menschen aus der Flasche gelassen haben … wie smart oder auch durchgeknallt er sich in den nächsten Jahren entwickeln wird, steht in den Sternen. Aber wir bekommen ihn sicher nicht mehr zurück in die Flasche. Also müssen wir lernen, klug mit ihm umzugehen.

 

 

ChatGPT

Ich werde in den nächsten Wochen einmal versuchen, meine Erfahrungen mit aktiven Schüler:innen in ein entwicklungsorientiertes Konzept zu gießen. Deshalb habe ich mein früheres Fortbildungsskrip für Schweizer Schuldirektor:innen - "Das pädagogische Schweizermesser" - rechts zum Verweisen hochgeladen. Mein kleiner Beitrag für das, was Schule dringend benötigt: Veränderung. Ich stelle mir gerade vor, wie hilflos Schule aktuell sein wird, wenn ChatGPT frei verfügbar wird. Wir brauchen eine Paradigmenwechsel, die Behörden müssen den Schulen viel mehr Freiraum einräumen und dann müsste es ans Experimentieren gehen. Dringend. Nicht erst irgendwann. Jetzt.

Die Zielrichtung für dieses wachsenden Skripts

mehr lesen

Türchen 24 - Weit im Winkl 19

Weit im Winkl 1.0


Die neue Lehrerrolle

 

In den ersten beiden Jahren war es schwer für manche Kolleg/innen, sich in die neue Rolle hineinzufügen. Man war es gewöhnt, sein Klassenzimmer zu schließen, seine feste Zahl an Schüler/innen einer Klasse zu unterrichten und am Ende selbst für die Benotung verantwortlich zu sein. Jetzt wurde man echter Dienstleister in Sachen Englisch, Mathe oder Geschichte und die Schüler/innen waren für ihren Wissenszuwachs selbst verantwortlich. Manchmal hatte man nur 5 Schüler und manchmal waren es dann wieder 30. Manchmal bekam man Aufträge aus einem Schüler&innen-Team, mit denen man diese Gruppe versorgen sollte und manchmal wurde man nur für einen Zehnminutenvortrag gebucht. Manchmal standen da ein paar Zehntklässler&innen, die sich auf eine eigene Lehrstunde vorbereiten lassen wollten und manchmal sollte man das Konzept eine Schülerunterrichtseinheit begutachten. Man spielte als Lehrer viele verschiedene Rollen. Unterrichten war die kleinste geworden. Koordinieren von Prozessen nahm eine große Rolle ein. Aber dafür hatte man sich in der Laborschule auch genügend Zeit gelassen. Die Lehrer/innen selbst mussten sich wohl fühlen. Mussten das System komplett mitentwickeln. Mussten die Prozesse verstehen lernen. Keine Uni hatte sie auf solche neuen Situationen vorbereitet. Da man meist sowieso mit Kollegen, Fachleuten von außen oder älteren Schüler/innen Lernprozesse begleitete, war dieses Einzelkämpfertum Geschichte geworden. Und plötzlich blühten auch diejenigen Lehrer auf, die in früheren Zeiten für Schüler als die schlechteren Pädagogen galten, weil sie nicht so gut motivieren konnten wie andere Kollegen. Denn die Zeiten, in denen der Lernfortschritt eines Schülers zu einem großen Teil von der Akzeptanz des Lehrers abhing, war durch die allgemeine, emotionale und hohe Akzeptanz des gesamten Systems abgelöst worden. Die einzelne Lehrerpersönlichkeit spielte nicht mehr diese große Rolle und das war gut so. Denn endlich war die viel zu hohe Erwartungshaltung an die Brillanz eines Lehrers der Erwartungshaltung an ein System gewichen. Und das System Café L  konnte die Erwartungen 150% erfüllen. 

 

"Und das alles ohne Selbst- und Fremdevaluation?" sagte im Jahre 2023 verwundert so mancher Schultheoretiker, als der Schwindel aufgeflogen war. "Evaluieren," sagten die Weit im Winkler, "tun wir doch jeden Tag. Wer so eng zusammenarbeitet wie wir kommt ohne dauernde Prozessbegleitung doch gar nicht aus."


Weit im Winkl 2.0 

In 100 Jahren wird die Lehrerausbildung anders aussehen … logisch. Solche Hochschulen wie unser kleines aber feines Hochschule-StartUp in Zürich - die Hochschule für agile Bildung - wird das Normal sein.

https://hfab.ch/

Weil wir Menschen eine ziemlich kluge Spezie sind, auch wenn man sehr oft daran zweifeln könnte. Die Zukunft wird sich durchsetzen … Was sagte Karl Popper: „Es gibt zum Optimismus keine Alternative.“ Ich finde, er hat recht. Deshalb wünsche ich allen Leser:innen dieses kleinen Adventstürchenblogs eine optimistisch duftende Weihnacht und einen guten Rutsch in neue Jahr.


Heinz Bayer alias Otto Kraz

Türchen 23 - Weit im Winkl 18

Weit im Winkl 1.0

 

Zu Grundlage 5: Die Verquickung von Schule und Gesellschaft findet so oft wie möglich statt....."

 

Mit ihrem pädagogischen Spezialfinanziungsprinzip lösten die Weit im Winkler viele Probleme. Die normalen Gelder aus Stuttgart flossen nach wie vor, aber die waren eben dauernd auf Minimum und Sparen gestrickt. Aber mit jährlich gut 50 NEUNern, deren Arbeitseffekt man in den umliegenden Betrieben schnell als 1000€+ betrachtete, war der Hit. Jeder Laborschüler verdiente im 9. Schuljahr 1000€ für die Schule und 100€ Taschengeld für sich. So stand es im Schulvertrag. Mit diesen gut 500 000 € im Jahr konnte man problemlos Fachleute für Einzelprojekte an die Schule holen. 25 € war der übliche Stundensatz und viele verrichteten auch ganz darauf, weil ihnen die kurzfristige Arbeit als Lehrer richtig gut tat. Den Satz "Was, du hast noch nie im Café L gejobbt?" hörte man in den ersten Jahren oft und dann immer seltener. Irgendwie war es so normal geworden, dass sich z.B. ein Betriebswirt, der gerade von einem Wirtschaftsprojekt kam, noch mal schnell beim Thema Integralrechnung reinsetzte, weil er da spätes Interesse dran hatte. Eine komplette Win-Win Situation.

Und mittelständische Betriebe hatten in Weit im Winkl keine Nachwuchsprobleme.

 

Weit im Winkl 2.0

In 100 Jahren werden einzelne Ansätze aus der heutigen Zeit in diese Richtung schon lange normal funktionieren. Heute ist es noch sehr ungewöhnlich, wenn Handwerksbetriebe und Schulen direkt zusammenarbeiten. Aber es gibt zarte Pflänzchen. Sie werden sich vermehren, weil es eine logische Entwicklung ist: Es fehlen massiv Lehrlinge und massiv Lehrer:innen. Deshalb werden sich diese beiden Bereiche zusammenschließen … ähnlich den Hochschulen und den Schulen. Da in 100 Jahren dieses „Ich will aber Akademiker werden, weil ich dann mehr verdiene und gesellschaftlich angesehener bin“ nicht mehr die allgemeine Situation darstellt. Facharbeiter:in und Akademiker:in wird in 100 Jahren gesellschaftlich gleich anerkannt sein … und auch gehaltsmäßig wird ein guter Facharbeiter jeden mittelmäßigen Akademiker in die Tasche stecken.

 

 

 

Türchen 22 a - Weit im Winkl 17

Weit im Winkl 1.0


Zu Grundlage 3:
Die Pubertät wird nicht mehr als störende Entwicklungszeit wahrgenommen,.....

 

immerhin kennt man ja seit Jahren die Zusammenhänge aus der Gehirnforschung. Mit dem Blickwinkel "auch ein Schüler ist ein ganz normaler Mensch", der für sein Wissensnetz verantwortlich ist und auch schon in der 5. Klasse verantwortlich sein kann, konnte man auch mit anderen Störungen einfacher umgehen. Schüler, die sich meist schon in der Grundschule nicht an ganz normale Regeln halten konnten, nannte man Rohdiamanten und machte ihnen klar, dass sie erst durch den Schliff in einer Spezialgruppe ihre echte Leistungsfähigkeit fahren würden. "Old School" nannten die Lehrer/innen schmunzelnd diese Abteilung und da auch dort ein ganz anderer Blickwinkel auf Schüler herrschte, waren die jungen Wilden in diesem sehr eng geführten und strengen System alter Schule gut aufgehoben. Das Hauptziel bestand natürlich in "Old School", die Schüler/innen möglichst schnell Richtung Laborschule zu bringen - in Insiderkreisen eher "Café L" genannt, weil das dortige Arbeiten eher einem Kaffeehausbesuch mit Wissensvermittlung glich als dem alten System von Zimmern, in die man morgens als Schüler/in hineingeht, um sie nach sechs Stunden erschöpft wieder zu verlassen. Das L im Café L stand für Leistung, Lust, Leben, Lernen, Lob, Luxus, Lift, Luft, Lehren und vieles mehr. In Schülerkreisen hieß es das Café Lässig.

 

Zu  Grundlage 4: Ein junger Mensch kann problemlos in der 11. Klasse Englisch und Geographie-Abitur machen,.....Ja das war wirklich sehr neuartig. Man hatte einen rechtlichen Trick herausgefunden, der dies ermöglichte. In Absprache mit der Uni in Basel aber auch mit zwei Fachhochschulen konnten "Halbabiturienten" mit Spezialfähigkeiten schon einmal als Studenten richtig loslegen und die fehlenden Fächer im Eigenstudium nachholen. Klar gab es auch Kompaktkurse, um Externe auf das Abitur in einem Fach vorzubereiten. Da die Erfahrung zeigte, dass das Gefühl, Student zu sein, viel Selbstbewusstsein lostreten konnte, waren sich die Professoren der Hochschule auch bald einig, dass sie selten solch hochmotivierte Anfangsstudenten hatte wie die Halbabiturienten vom Café L. In 15 Jahren wurde kein einziger Fall bekannt, bei dem dieses Prinzip der Weit im Winkler Abitursentzerrung schief lief.

 

Weit im Winkl 2.0

diese kleine Idee, dass ein Halbabiturient schon studieren kann, während er noch die Schulbank drückt, gibt es ja schon heute. In Freiburg kann man z.B. Physik studieren, während man noch in die Schule geht … und nach dem Abi kann man gleich im 3. Semester weitermachen. Aber heute ist das eine Option für ganz Wenige. In 100 Jahren werden sich solche Ideen weiterentwickelt haben, da bin ich überzeugt. Mein Enkel macht im nächsten Halbjahr von seiner Schule aus ein Sozialpraktikum in seinem alten Kindergarten. Er ist dann 13 Jahre und er wird es zusammen mit einem Freund machen. Einmal die Woche am Nachmittag spüren, wie sich die erwachsene Realität eigentlich anfühlt. Ich glaube, dass sich solche Ideen verbreiten werden. Immerhin: Unser menschliches Gehirn tickt ja noch immer Steinzeit. Die Pubertät ist der Zeitpunkt, in dem sich der junge Mensch darauf einstellt, bald die Verantwortung zu übernehmen, weil die Eltern gebrechlich werden. Na ja … Steinzeit ist lange her, die Pubertät blieb … die Evolution hätte sie schon lange mindestens zehn Jahre nach hinten verschieben müssen. Dann wäre Schule pubertätsfrei und ein anderer Ort. 100 Jahren sind aber für die Evolution keine Zeit. Deshalb bleibt nur eines: Die Pubertät als Startpunkt nutzen, um wirklich gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.

 

 

Türchen 21 - Weit im Winkl 16

Weit im Winkl 1.0


Zu Grundlage 2
. Menschen entwickeln sich unterschiedlich schnell...... ja hier ergab sich im Rückblick die wahrscheinlich allergrößte Veränderung im Laborgymnasium verglichen mit dem alten Schiller. Da es nur noch ein einziges Bildungssystem in diesem abgelegenen Winkel am Ländlesrand gab, entfielen Dinge wie : Wann genau einschulen? Gymi oder Realschule oder Werkrealschule? Enderle und Rütli hatten zusammen mit einem 24köpfigen Entwicklungsteam aus allen Schulen inklusive Kindergarten gehirnt und geplant, was das Zeug hielt. Denn allen war klar: Schnitzer durfte man sich nicht leisten, sonst wäre ihr Traum schnell geplatzt. Man brauchte zufriedene Eltern, zufriedene Schüler und zufriedene Lehrer. Und zwar 100%. Alle mussten dicht halten und am Ende mit dem Abschluss zufrieden sein, auf den es in diesem System dann hinauslief. Aber da die Quote der Abiturienten schon nach 4 Jahren bei 50% lag und den Hauptschulabschluss eigentlich nur noch diejenigen machten, die schon erfolgreich in der 9. Klasse ihr berufliches Glück außerhalb der Schule gefunden hatten - das waren pro Jahrgang immer nur ein oder zwei Schüler und alle anderen machten die mittlere Reife - war in kürzester Zeit allen klar: Diese Idee des individuellen Lerntempos vom Kindergarten an hatte nur Bildungsgewinner. Halbe Halbe Abi und Mittlere Reife und keinen einzigen Schüler in den ersten 15 Jahren, der am Ende keinen soliden Abschluss hatte, das war sensationell. Wie gerne hätten es die Weit im Winkler in die Welt posaunt. Aber da war man sich einfach näher als der Welt. Der Schwur der Randregion, nichts aber auch gar nichts nach außen dringen zu lassen, hielt, als wäre es ein echtes Gesetz, das man bei hoher Strafe nicht übertreten darf.

 

So kam es, dass man in Weit im Winkl einen ganz anderen Blickwinkel auf Bildung nehmen konnte. Erst wenn das Interesse da ist, lohnt es sich, das Thema anzugreifen.

 

2b) "Schatzsuche" nannte sie die Kurse, die sich nur damit beschäftigten, bei den jungen Menschen Interesse für ein Fach zu wecken. Vor jedem größeren Kapitel gab es eine Runde Schatzsuche. Und erst wenn die Schüler/innen selbst signalisierten: "Bin bereit", dann konnte man das nächste Kapitel angehen. "Wissensnetz" nannten sie das Geflecht von einzelnen Kapiteln, das es zu erarbeiten galt. An den Inhalten konnten sie wenig ändern, immerhin waren sie von den zentralen Abschluss-Anforderungen abhängig. Seit man "Schatzsuche" eingeführt hatte, waren die Inhalte für die meisten kein wirkliches Thema mehr. Allen war das Prinzip klar: Ich muss meinen Schatz heben, dann das Wissensnetz durchlaufen, um am Ende meinen schulischen Abschluss erfolgreich zu erreichen. Da es keine festen Jahrgänge mehr gab, sondern nur noch einzelne Kapitel innerhalb des Wissensnetzes, die man mit dem großen OK-Stempel abschließen musste, um sich ans nächste Kapitel zu machen, hatte jeder Schüler sein eigenes Lerntempo. Wählte sich immer ein zeitlich passendes Kapitel, das in dem jeweiligen Fach dran war, um weiterzuarbeiten.

 

In der Mitte von Klasse 8 gab es die große Prüfung für alle und zwar in allen Fächern. Auch sie wurde nicht vom jeweiligen Lehrer abgenommen, sondern war eine standardisierte Prüfung, anhand der man einsehen konnte, wo der aktuelle Stand des Schülers war. "Karten aufdecken" nannte man diesen Prüfungs- und Beratungsmarathon, der dazu diente, die nächsten Schritte vor, in und nach NEUN zu besprechen. Man konnte übrigens auch während NEUN in Form von Abendkursen im Wissensnetz aufholen, falls man genügend Energie aufbringen konnte. Für manche war genau dies eine wesentliche Erfahrung ihrer Leistungsfähigkeit.

 

Weit im Winkl 2.0

ich denke, bis in 100 Jahren wird das fachliche Feedback von KI übernommen sein. Es wird einem als junger Mensch einfach kleinschrittig permanent rückgemeldet, wo man steht und wo die Lücken zu finden sind. Es wird normal sein, dass man sich permanent Hilfen holt. Von Mitschüler:innen, von Lehrer:innen, von allen möglichen Informationsmöglichkeiten. Die Feedbackplattformen zum individualisierten Lernen - wie heute etwa Scobees - werden das Normal sein. Benotende Lehrer:innen Vergangenheit. Es wird darum gehen, die Fähigkeiten jedes Einzelnen herauszukitzeln … und dann wird die Hattie-Studie mit der Umsetzung der Faktoren mit den höchsten Effektstärken natürlich voll zum Tragen kommen.

 

Türchen 20 - Weit im Winkl 15

Weit im Winkl 1.0


Zur Grundlage 1:
"Jeder Mensch kann selbstbewusst seinen adäquaten Platz .... "Soll heißen: Weit im Winkl musste zwangsläufig die gesamte Erziehungsabfolge Elternhaus-Krabbelstube-KiTa-Kindergarten-Grundschule-Laborschule in ein Gesamtkonzept packen. Die Idee war klar und funktionierte sehr schnell. Schon im dritten Jahr nach der Abkopplung von Stuttgart und im zweiten Jahr der Neuntklässler-Outdoor-Learning hatte man genügend fähige Jungmultiplikatoren dieses Gesamtkonzepts, dass man den Arbeitsbereich "Pädagogische Regio-Vernetzung" für Neuntklässler/innen anbieten konnte. Mit durchschlagendem Erfolg. Denn während in den normalen Gymnasien Neuntklässler als schwierig beschulbar gelten, nannten die Weit im Winkler ihre Neuntklässler/innen bald liebevoll den "Turbojahrgang". Hier wurde das Prinzip, Schüler/innen ernst zu nehmen, nicht mehr in Frage gestellt, weil sie im Berufsleben außerhalb der Schule vollautomatisch ernst genommen werden mussten. Sie entwickelten sich sehr schnell zum Aushängeschild der kleinen Grenzregion. Denn sie waren natürlich auch erkennbar an ihren bunten Shirts, die sich jeder Jahrgang neu entwickelte. "NEUN, was sonst" prangte selbstbewusst auf einem Logo. Oder "NEUN rockt Weit im Winkl" auf einem anderen. NEUN traf man im Kindergarten und im Altersheim, im Supermarkt und im Straßenbau, in Designbüros und im Krankenhaus, im Rathaus wie im Sportverein ... und auch in der Schule selbst - als Lehrer für die Kleinen  ... kurzum: Die NEUN hinterließ echte Spuren. Und da man schon im zweiten Jahr nach der Abkopplung auch die Werkrealschule und die Realschule "eingepackt" hatte, weil das Konzept alle überzeugte und die Neuner das Übrige taten, war die Laborschule zwei Jahre nach der ersten Abkopplung schon zweizügig und damit waren es jedes Jahr gut 50 junge dynamische Menschen, die in der Gemeinde zeigten, zu was junge Menschen fähig sind, wenn man sie fordert und lässt.

 

Weit im Winkl 2.0

Mein Aha-Moment für die Neuner kam bei „Wild am Faust“ … wir hatten für die Aufbesserung der Schulstiftungskasse ein Gala-Menü angeboten … ein Kollege war Jäger und eine Schüler-Mutter war Hotelchefin in einem renommierten Hotel vor Ort. Sie coachte damals 30 Neuntklässler:innen in Sachen Bedienen, Besteck auflegen, von der richtigen Seite nachgießen, Profi sein ….

Ich selbst hatte zwei neunte Klassen in Physik unterrichtet … viele ohne wirklich große Lust auf dieses Fach. 😎

Ich saß am Tisch und staunte mich platt: Da kamen also meine sonst so unmotivierten Neuntklässler:innen mit solcher Selbstverständlichkeit als erwachsene Menschen aus dem Servicebereich an unsere Tische, dass es mir irgendwie die Sprache verschlug. Es war eine spontane Blickwinkeländerung von Neuntklässler:innen in meinem Physikunterricht auf Profiserviceleute. Wir haben „Wild am Faust“ noch einige Male veranstaltet und es waren immer die Neuner, die wir zu Servicepersonal coachen ließen. Am Ende ein wirklich gefragter Job. Daher kam bei der Entwicklung der Laborschule diese Idee, die Neuner aus der Schule herauszunehmen und arbeiten zu lassen. Perspektivenwechsel lernen. Ja ich denke, die Schulzeit von bis zu 13 Jahren am Stück ist einfach zu lange für unser menschliches Bedürfnis, das was wir lernen auch einsetzen zu können. In 100 Jahren wird man sicher diese Idee von kleinen Projektwochen in größere Unterbrechungen im Schulalltag vorfinden. 

 

 

 

Türchen 19 - Weit im Winkl 14

Weit im Winkl 1.0


Zwischenrein mal ein kleines Zwischenrein-Fazit

 

Die Welt hat sich in den letzten 150 Jahren sehr verändert. In Staufen wurde 1865 zum ersten Mal Latein unterrichtet. Erweiterte Volksschule. Der Beginn der "Höheren Bildung". Latein war das Maß aller Dinge. Die Welt wurde von wenigen Mächtige  geführt ... die Menschen waren in engen Schranken "gefangen". Nach heutigem Empfinden waren alle hinter dicken Gefängnismauern und Gitterstäben eingesperrt. Die Schule erzog ihre Schüler zum Gehorsam, zur Disziplin, zum Funktionieren für die damalige Welt. Systemkritik, reflektiertes Denken, selbstständiges Handeln, Fähigkeiten fördern, Weltoffenheit, Selbstbestimmung ... Keine Spur davon. Noch heute gibt es viel zu viele Relikte aus vergangenen Tagen. Dabei ist diese heutige Welt viel zu komplex geworden, als dass man sich dies eigentlich leisten kann. Wollen wir die Welt retten, müssen wir die Schule umkrempeln. Radikal. Aber die ganze Schulmaschinerie - von der Gesellschaft über Kulturbehörde bis hinein in die Schulen ist wie ein riesiger Dampfer, auf dem zwar viele wundervolle pädagogische Ideen schon entworfen wurden, aber die Trägheit des riesengroßen Schiffskörpers lässt einen kompletten Kurswechsel nicht zu. Außer man setzt sich mit einem kleinen Beiboot ab und beweist, dass man Schule auch komplett anders denken kann und dabei erfolgreich ist. Das ist die Story vom Laborgymnasium in Weit im Winkl, einer Schule, für die die Bezeichnung Schülerschule tatsächlich zutrifft. Wäre doch einfach zauberhaft, wenn so etwas wirklich mal passieren würde.

 

Weit im Winkl 2.0

Außerdem glaube ich, dass man mit ganz vielen kleinen Beibooten am Ende den großen Dampfer eben doch von seiner Richtung abbringen kann. Inzwischen gibt es so viele kleine Schulansätze und Schulprojekte und Unterrichtsexperimente und neue Ideen in der Welt des großen Bildungsdampfers, dass Schülerschule 3.0 greifbarer wird. Wenn immer mehr Bildungsmenschen merken, dass Schülerschule 3.0 keine Spinnerei ist, sondern das gesamte Ausbildungssystem auf neue starke Füße stellen kann und allen gut tut. Entwicklungsorientiert. 
Ich selbst habe Schülerschule 1.0 begriffen, als wir am Faust-Gymnasium Staufen vor 35 Jahren anfingen, aktive Schüler:innen eigene außerunterrichtliche Projekte leiten zu lassen. Was für ein Wahnsinn, wenn man Jugendliche wachsen sieht. Vor 15 Jahren durfte ich dann begreifen, was für großartige Pädagog:innen in unserer neu gegründeten Nachmittagsschule für Fünft- und Sechstklässler:innen sein können. Hausaufgabenbetreuung in Feinstkultur. Schülerschule 2.0 und ein superspannendes Schüler-Kollegium mit bis zu 80 jungen Kolleg:innen. Und Schülerschule 3.0 wäre der nächste Schritt … wenn man die jungen Kolleg:innen in das Kollegium wirklich integrieren könnte. Auch stundenplanmäßig. 

 

 

 

 

Türchen 18 - Weit im Winkl 13

Weit im Winkl 1.0

 

Der Weg in die schulische Neuzeit

 

....folgte meist Ideen aus dem agilen Methodenkoffer. Agilität war in der Entwicklungsphase das große Umdenken. Agile Bildung statt Bildungsplan. Weit-im-Winkl-Scrum statt Paukschule. Die Organisation des eigenen Lernens stand immer im Vordergrund. "Wenn man so eine komplexe Angelegenheit wie das individuelle Lernen gut hinbekommen will, dann kann man nicht mehr in größeren Zeitrahmen planen. Dann muss man in überschaubaren Gruppenstrukturen arbeiten. Und Schüler&innen als ihre eigenen Bildungsverantwortlichen ernst nehmen," war eine wichtige Aussage des Direktors. Seine Argumentation: "Wenn im frühen Mittelalter Frauen mit 12 und Männer mit 14 Jahren heiraten konnten, dann werden doch wohl im 21. Jahrhundert Zwölfjährige ihre eigene Lernlandschaft mit professioneller Unterstützung und einem agilen Methodenkoffer an der Hand in Kleinteams organisieren können."

 

Weit im Winkl 2.0

Eigentlich alles schon gesagt. In 100 Jahren wird es selbstverständlich sein, dass die Lernenden die Hauptakteure im Bildungsprozess sind. Die Hauptakteure mit dem gelernten Biss aus dem regelmäßigen Bisstraining, mit dem Wissen über Gehirn und Lernen ausgestattet und mit dem Wissen, dass sich die Gesellschaft z.B. in Deutschland einen Platz in einer Schule heute gut 10.000 € pro Schüler:in und Jahr kosten lässt. Dass Schule ein großartiges kostenloses Angebot ist, für das man aber im Gegenzug die Verpflichtung eingeht, für die 1000€ im Monat Investition auch sein Bestes für die Gesellschaft gibt. Weil man Teil davon ist. Übrigens: Solche Dinge funktionieren nur mit gegenseitiger Augenhöhe zwischen Lernenden und Lehrenden.

 

 

 

 

 

Türchen 17 - Weit im Winkl 12

Weit im Winkl 1.0


Der Start in die Laborschule

 

2023, also nach 10 Jahren, war es keine Frage mehr. Das System war komplett durchgewachsen, Kindergarten und Grundschule in Weit im Winkl war komplett auf die Laborschule ausgerichtet. Die Grenzen waren überall fließend. Die Pädagogik war gemeinsam weiterentwickelt worden. Auch die Grundschule hatte sich zwei Jahre nach der erfolgreichen Loslösung des Laborgymnasiums von Stuttgart ihre Drähte gekappt, war auch teilautonom geworden. Und auch bei diesem Vorgang bemerkte das Kultusministerium nichts. Nur ein kleines Rauschen im großen Schulnetz. Nicht mehr. Die beiden Kindergärten hatten es einfach. Einer war von der Gemeinde, einer kirchlich. Und da Pfarrer und Bürgermeister im Schulrat saßen, das hatte man von der Schweiz als positives Beispiel abgekupfert, hielten alle dicht. Die schwierigste Anfangsaufgabe war es, die Eltern davon zu überzeugen, dass ihre Kinder keinen Schaden nehmen würden. Aber DVAs sei Dank, also den zweijährlichen Vergleichsarbeiten, die in ganz Baden-Württemberg geschrieben wurden, war schnell klar : Die Laborschule toppt alle Prognosen.

 

Trotzdem: In den ersten 6 Jahre hatte man immer parallel zum komplett neuen Stil des Lernens eine kleine "historische" Klasse gebildet. Zuerst in der 5. bis 7. Klasse, dann genügte es aber schon nach zwei Jahren, die 5. Klasse mit einer Old-Style-Gruppe zu versehen. Das war der ganz normale Wahnsinn von Schule, wie sie jeder kennt. Mit dem Gefühl, Schule wäre doof und unnütz und die Lehrer ungerecht. Weil hier alles beim Alten blieb. Klassenarbeiten, Hausaufgaben, Noten, alles. Nach 6 Jahren waren es wirklich nur noch Einzelschüler, die man sowieso besonders betreuen musste. Quasi erweiterte Inklusion. Und Inklusionsgelder für Betreuungsdeputate gab es ja aus Stuttgart. Man war ja dafür immerhin nur halbautonom. Nach zehn Jahren sprach niemand mehr von einzelnen Problemen. Sie gehörten dazu und waren kein Problem.


Weit im Winkl 2.0

Die fiktive Laborschule war mit Weit im Winkl komplett verknüpft. Schule in 100 Jahren wird Teil der gesamten Gesellschaft sein. Lehrpersonen on Demand aus allen Bereichen kommen, auch aus der Ruhestandsecke. In den früheren bäuerlichen Großfamilien waren die Großeltern Teil der familiären Aufgabenstellung. Diesen aktuellen „Ruhestand“, in dem man durch verbesserte Medizin immer noch älter wird, kann sich irgendwann keine noch so reiche Gesellschaft leisten. In 100 Jahren wird wird Ruhestand einen anderen Klang haben. Eher wie aktiver Unruhestand.

 

Türchen 16 - Weit im Winkl 11

Weit im Winkl 1.0


Lehrerversorgung

 

Durch die Abkopplung von Stuttgart und die finanzielle aktive Eigenständigkeit konnte man schon immer gut planen. Langfristig. Man konnte neben selbstorganisiertem Lernen große Einheiten wie Vorlesungen einführen. Klar hat Weit im Winkl drei große Vorlesungsräume, in denen große Gruppen zentral unterrichtet werden können. Und es gibt viele kleine Räume, in denen kleine Gruppen arbeiten können. Die Schularchitektur des Laborgymnasiums ist natürlich den pädagogischen Gegebenheiten angepasst. Der Ausbau wurde von der Gemeinde als Schulträger getragen. Waren die Gemeinde-Oberen doch ihrer Laborschule so dankbar für die vielen positiven Strukturen, die sie gebracht hatte. Klar. So frei in der Gestaltung nach rein pädagogischen Vorstellungen war vorher niemand. Weit im Winkl ist pädagogisches Zauberland. Und da die Versorgungsgelder aus Stuttgart trotzdem flossen und man nur mit diesem Lehrerdeputats-Status-Quo weiterarbeiten musste, war die Sache für die Laborschule unter Dach und Fach. Sie planten den Unterricht mit dem vorhandenen Personal einfach so, dass ein Unterrichts-Puffer von 15% existierte. Das reichte locker für Krankheitsvertretungen und andere Vertretungen.

 

Weit im Winkl 2.0

Ich behaupte, dass wir Menschen so klug sind, dass wir bis in 100 Jahren sämtliche Inputs nutzen werden, die zur Verfügung stehen. Die Lernenden werden von der Einschulung  angefangen zum Prinzip Eigenständigkeit eine völlig andere Verbindung haben. Weit im Winkl wird Normalität sein. Vielleicht heißt ja eine Grundidee: On Demand. Zuschaltung von Expertise aller Art. Heute z.B. schon per Zoom&Co möglich … aber die Organisation solcher Bildungszugänge wird normal werden. Über die Vorstellung von einem Fach, einer Lehrperson und 30 Schüler:innen wird man den Kopf schütteln. Ressourcenverschwendung wird man es nennen. Viel zu viel Leerlauf. Heute nicht vorstellbar, weil die Lernenden es nicht gewohnt sind. Wenn man als einzelne Lehrperson auf Eigenständigkeit setzt, dann hat man echte Probleme. Wenn von Anfang an klar ist, dass Schule bedeutet, dass man sie nur mit Eigeneinsatz erfolgreich durchlaufen kann, dann wird man merken, was für Kompetenzen wir Menschen schon in jungen Jahren besitzen. Für die wenigen jungen Menschen, die man dann teotzdem noch an die Hand nehmen muss, benötigt man dann trotzdem weniger Personal.

Die Peer-Gruppe wird einen wichtigen Part einnehmen. Vielleicht werden sich Unterrichtsmodelle wie eduScrum durchsetzen oder mit ganz neuen individuellen Plattformen wie Scobees in der Breite gearbeitet werden.

15 Jahre, seit das iPhone auf den Markt kam. 100 Jahre sind hier eine halbe Ewigkeit. Und Unterrichtsmaterialien „sprechen“ dann vielleicht viel einfacher als meine Physikhefte Klasse 11, mit denen eine Klasse in einer Gemeinschaftsschule oberstufenphysiklehrerlos problemlos gemeistert hat. Klar Begleitlehrer:innen wird es in 100 Jahren zuhauf geben.

 

Türchen 15 - Weit im Winkl 10

Weit im Winkl 1.0

 

Bildungspolitische Aussage

 

In Weit im Winkl wird mit der Meinung aufgeräumt, dass der gymnasiale Weg zum Abitur der erfolgreichere Weg zum eigenen selbstbestimmten Leben ist. Es gibt viele Wege zum Abitur, es gibt auch ein Studium ohne Abitur und Abitur&Studium an sich sind keine entscheidenden Grundlagen für ein erfolgreiches Leben. Denn Erfolg definiert in Weit im Winkl jeder ganz persönlich. Es geht nicht nur um gute Noten, sondern um ein gutes Leben.

 

Weit im Winkl 2.0

Bis in 100 Jahren wird sich riesig viel verändern, weil die Menschheit dann nicht mehr wachsen wird und wir Europäer wahrscheinlich um die jungen Afrikaner:innen buhlen werden. Denn die Welt wird eine lange Phase von viel zu vielen alten Menschen durchleben. Deshalb wird sich auch die Berufswahl von europäischen Schüler:innen anders entwickeln, als wir es heute noch gewohnt sind. Ich bin kein Hellseher und weiß natürlich nicht, welche Berufe bis in 100 Jahren hohe Verdienstchancen besitzen …. Und damit gesellschaftliche Anerkennung. Aber eines deutet sich doch schon 2022 an: Gute Facharbeiter:innen werden immer gefragter und damit steigen die Löhne und Gehälter. Wenn das heutige Abitur und ein Gesellenabschluss aber einmal gleichwertig gehandelt werden, dann ändert sich die Sicht auf Schulabschlüsse vollautomatisch.

 

 

 

Türchen 14 - Weit im Winkl 9

Weit im Winkl 1.0


Klassenstufen

 

Eigentlich gibt es in Weit im Winkl keine wirklichen Klassenstufen mehr.

 

Die zentralen Aussagen der Hattie-Studie hatten sie nach wochenlangen Diskussionen diese eigentlich noch nie in Frage gestellte Einteilung neu definieren lassen. Die drei höchsten Effektstärken sprachen ihre eigene Sprache: Selbsteinschätzung des eigenen Leistungsniveaus 1,44 - Kognitive Entwicklungsstufe 1,28 - Formative Evaluation des Unterrichts (Das Lernen sichtbar machen) 0,9.

 

Die Klassenstufen in Weit im Winkl sind trotzdem grobe Anhaltspunkte, in welchem Umfeld man gerade lernt. Es geht aber in erster Linie immer darum, dass klar ist, wohin die Bildungsreise gehen soll. Und zwar für Lehrpersonen wie auch für Lernenden. Dass man von beiden Seiten aus (Und auch von Seiten der Eltern aus) akzeptieren kann, dass Menschen sich intellektuell unterschiedlich schnell entwickeln und Schule darauf einzugehen hat. Weil es nicht darum gehen kann, in altersfestgelegten Klassenstufen durch immer zum selben Zeitpunkt gemeinsam geschriebenen Klassenarbeiten niemals zu einem wirklich befriedigenden optimierten Lernen vordringen kann.

 

Weit im Winkl 2.0

Bis in 100 Jahren würde ich voraussagen, dass man erkannt hat, dass Klassenstufen veraltet sind. Vielleicht wird es sowas wie Entwicklungsstufenklassen geben. Also Klassen, in denen junge Menschen lernen, die so ungefähr auf demselben Entwicklungsstand sind. Da das aber auch noch zwischen einzelnen Fächern variiert, wird es wahrscheinlich eine völlig neue Form der Lernorganisation sein, die man entwickeln wird, um das, was heute gefordert wird, aber in Klassen nicht wirklich umgesetzt werden kann, zu schaffen: Individuelles Lernen.

Denn was man schon heute weiß: In so manchen Klassen in der 5. Klasse sitzen 10jährige Kinder mit einem Entwicklungsunterschied von bis zu 5 Jahren. Und der hat nichts mit geringerer Intelligenz zu tun. Aber durch die permanente Erfahrung von schlechten Noten werden Fähigkeiten einfach zugeschüttet. 

 

Türchen 13 - Weit im Winkl 8

Weit im Winkl 1.0


Die erweiterten neuen Strukturen

 

Im Laborgymnasium muss jede/r Schüler/in ab der 7. Klasse mindestens in einem eigenen selbstaktiven Projekt arbeiten. Klasse 5 und 6 bereiten auf diese Projektarbeit vor. Klasse 7 und 8 also Schule mit zusätzlichem eigenem Projekt. Klasse 9 das verdienendes Projekt außerhalb der Schule. Klasse 10 Schule kompakt mit Mittlerer Reife oder direkt Lehre nach dem Projekt in der Obertertia. Klasse 11 bis 12 oder 13 - je nach Leistungsstand: zwei-oder dreijährige Oberstufe bis zum Abitur. Inklusive der Möglichkeit, das Abitur in Einzelfächern jeweils schon ein Jahr vorher oder aber auch ein, zwei Jahre später zu machen. Unterrichtsmäßig ist das alles deshalb organisierbar, weil Weit im Winkl auf Selbstorganisierten Unterricht setzt. Da haben die Pädagogen in der Anfangszeit schon viel von den Gemeinschaftsschulen abgespickt und mit den eigenen Möglichkeiten der individuellen Betreuung ein eigenes Stück draus gefertigt. Auch Schüler/innen selbst sind immer gleichzeitig auch Lehrpersonal. Lehren und Lernen ist ein Grundprinzip für jeden. Notenmäßig abgerechnet wird nach der letzten Abitursprüfung. Ja klar: Das Laborgymnasium musste hier jahrelang ein wenig mit den Formularen schummeln. Erst 2028 flog die Sache auf, aber als anerkanntes Laborgymnasium durfte man so weitermachen.

 

Zur Erläuterung für dieses Weit im Winkl 1.0 für Weit im Winkl 2.0

Wir hatten damals ja von unserem Gymnasium aus die Zukunft zusammengesponnen. Hatten überlegt, was wie eigentlich machen würden, könnten wir uns von der Kultusbürokratie lösen … und mit unserem Kollegium klammheimlich eigene Schule machen … ohne Vorschriften. In unserem kleinen Science Fiction mussten wir unsere Schüler:innen „nur“ zum Abitur bzw zu einem Abschluss bringen. Sonst wäre ja alles aufgeflogen. Wir hatten dann schnell auch alle anderen Schulen samt der ganzen Bevölkerung von Weit im Winkl mit in unsere Fiktion mit einbezogen. 
„In Weit im Winkl hättest du damit jetzt keine Probleme“ hatte ich Schüler:innen in Not lange Jahre versucht ein wenig Selbstbewusstsein  zu vermitteln, als die Idee von Weit im Winkl vorzeigbar war … Meine eigenen Schüler:innen kannten dieses Weit im Winkl … dort stand ja auch unsere digitale Versuchsschule. Hört sich verrückt an, aber für unser Team war diese fiktive Laborschule auch ein Ort, der Zufriedenheit ausstrahlte. Ich kann es nur jeder Lehrperson empfehlen, sich seine eigene Traumschule im Kopf zuzulegen.

ich denke, könnten wir Weit im Winkl 1.0 in 100 Jahren nachlesen, dann würde man sich nicht mehr wundern, welche verrückten Dinge wir uns damals ausgedacht haben. Weil vieles so sein wird.

 

 

Türchen 12 - Weit im Winkl 7

Weit im Winkl 1.0


7. 
   Prüfungen und Klassenarbeiten und Tests werden nie beim eigenen Lehrer abgelegt bzw geschrieben. Die Trennung von Lehren und Bewerten ist Prinzip in Weit im Winkl. Jede/r Schüler/in besitzt ein Prüfungsportfolio und weiß zu jedem Zeitpunkt den aktuellen Entwicklungsstand. Jeder Schüler hat auch einen persönlichen Betreuungslehrer, mit dem er einmal in der Woche eine kurze Portfoliobesprechung macht. Einmal im Halbjahr ist diese Besprechung mindestens 30 Minuten lang und grundsätzlich und wird von mindestens 3 Fachlehrern des Schülers geführt. Sitzenbleiben im üblichen Sinne gibt es nicht, es gibt nur die Ferienschule, die ein Schüler besuchen muss, wenn er zu sehr hinterherhinkt.

 

8.    Nach dem Berufsjahr gibt es drei Möglichkeiten an der Laborschule: Da man Ende der Obertertia den Hauptschulabschluss hat, kann man eine Lehre anfangen. Oder man geht noch ein Intensiv-Jahr auf die Schule und macht die normale mittlere Reife. Oder man wählt das Ziel Abitur und drückt noch einmal 3 Jahre die Schulbank.

 

Weit im Winkl 2.0


Ja auch da stehe ich tatsächlich auch 10 Jahre danach noch dazu. Ohne Benoten wird es auch in 100 Jahren nicht funktionieren. Aber Noten dürfen nur ein Wegweiser sein. Dürfen nicht am Selbstbewusstsein kratzen. Deshalb: Prüfungen auslagern. Passt. Und der Abschluss darf auch nicht mehr am Selbstbewusstsein kratzen. Egal wie … man muss in der Schulzeit seine individuellen Fähigkeiten erkennen lernen und entwickeln … um danach seine ganz persönliche und starke berufliche Position in der Gesellschaft zu finden. Schule muss alle stark machen … denn die Herausforderungen der Zukunft sind ziemlich hoch. 

 

Türchen 11 - Weit im Winkl 6

Weit im Winkl 1.0


5.  
  Die Verquickung von Schule und Gesellschaft findet so oft wie möglich statt. So wie Schüler/innen in der Obertertia außerhalb des Schule ernsthaft in allen möglichen Betrieben und Einrichtungen arbeiten und ihr Schulgeld plus Taschengeld zu verdienen, können sich Erwachsene jederzeit für bestimmte Kurse in der Schule anmelden. Das wird zwar nicht so häufig gemacht, ist aber als Signal sehr wichtig. "Leute, wenn ihr mal wieder eine Packung Kurvendiskussion braucht, kommt ans Laborgymnasium."

 

6.    Es gibt am Ende die zentralen Termine zum Abitur, aber sonst ist Prüfung in Weit im Winkl komplett anders angelegt. Alle Fachinhalte sind in Kapitel aufgeteilt. Bis zur Obertertia muss ein Prozentsatz von 90% der Kapitel-Prüfungen abgelegt sein, damit man die Schule aktiv verlassen darf. Also sich in der Obertertia-Berufswelt von Weit im Winkl zu positionieren. Das ist für die meisten Schüler/innen tatsächlich oberstes persönliches Ziel. Denn bei all den neuen Strukturen ist auch im Laborgymnasium Vokabellernen kein Honigschlecken und Mathematik auch nicht einfacher als an anderen Schulen. Wer das Pensum an Prüfungen, deren Zeitpunkt man immer selbst festlegen kann, bis zur Obertertia nicht geschafft hat, besucht in dieser Klassenstufe die Paukschule. Klassisch, quadratisch, gut. Keinerlei Eigenständigkeiten, reines Büffeln, Frontalunterricht, normale Klassenarbeiten, Hausaufgaben ... na ja, eben die übliche Schule. Mit sehr enger und strenger Führung. Schon das Wissen über die Obertertia-Alternativen sind für die meisten Schüler/innen ein komplett natürlicher Ansporn.

 

Weit im Winkl 2.0

 

Ich habe schon lange nicht mehr unsere damaligen Ideen gelesen. Habe mich hier eigentlich auf ein spontanes Blog-Experiment eingelassen. Aber ich stelle fest: Schon vor 10 Jahren hatten wir den richtigen Riecher für die Zukunft. Also 5. Aber natürlich. Schule und Leben gehört zusammen, wenn Schule erfolgreich sein soll. Und 6. Wahrscheinlich muss man auch in 100 Jahren noch so manchen Lernenden an die Hand nehmen, um ihn auf die Schiene zu setzen. Und dafür wird man dann wahrscheinlich noch immer den guten, alten Lehrertyp benötigen, samt großem Einfühlungsvermögen in Sachen: Auf die selbstständige Schiene setzen. Aber insgesamt wird die heutige Form des Lehrens nur noch einen klitzekleinen Seitenaspekt von Schule ausmachen. 

 

Türchen 10 - Weit im Winkl 5

Weit im Winkl 1.0


3.  
  Die Pubertät wird nicht mehr als störende Entwicklungszeit wahrgenommen, sondern als Entwicklungs-Chance. Deshalb wird die normale Schule in der Obertertia (9. Klasse) durch ein spezielles Berufsjahr unterbrochen. Die Erfahrung in Weit im Winkl zeigt, wie schnell der fehlende Input in einigen Fächern in der 10. Klasse wieder aufgeholt wird.

 

4.    Die Mittlere Reife und das Abitur trägt in Weit im Winkl diesen Grundlagen Rechnung. Ein junger Mensch kann problemlos in der 11. Klasse Englisch und Geographie-Abitur machen, in der 12. Klasse dann das zentrale Deutsch- Abitur und Prüfungen in ein paar anderen Fächern ablegen und dann in der 13. Klasse das Abitur in Mathe nachholen, während man z.B. schon anfängt, Jura zu studieren. Weit-im-Winkl-Abiturienten haben somit schon einen wesentlichen Lebensvorteil: Niemand träumt später Alpträume vom Mathe-Abitur. :-)

 

Weit im Winkl 2.0

 

Auch das wird in 100 Jahren sicher nichts Besonderes mehr sein. Warum auch. Wir wissen schon heute: Die „normale“ öffentliche Schule kann junge Menschen nicht in ihrer vollen Kompetenzbreite fördern. Man musste sich bisher auf wesentliche Fähigkeiten einigen, die 

man mit dem begrenzten Lehrpersonal stemmen kann. Da bis in 100 Jahren aber auch die Schüler:innen selbst zum „Lehrkörper“ gehören werden. ergeben sich völlig neue Möglichkeiten. Vor 15 Jahren kam das iPhone auf den Markt. In 100 Jahren … na ja, ich denke, das weiß jede:r … die Entwicklung der Technik und der Digitalisierung besitzt exponentielle Veränderungen … eine Lehrperson, die vorne steht und den kompletten Wissensstoff weitergibt, wird es dann nicht mehr geben. Lehrpersonen werden zu „Entwicklungshelfer:innen“ in Sachen Bildung werden. Eigenständige und selbstbewusste Schüler:innen werden die Schule der Zukunft zusammen mit allen Bildungsunterstützer:innen weiterentwickeln.

 

Türchen 9 - Weit im Winkl 4

Die grundsätzliche Erweiterung der pädagogischen Idee von Weit im Winkl

 

basiert auf ein paar wesentlichen Grundlagen.

 

1.    Jeder Mensch kann selbstbewusst seinen adäquaten Platz in dieser hochentwickelten Gesellschaft finden, wenn er die grundlegenden Möglichkeiten dazu hat. Kinder und Jugendliche sind ganz normale Menschen.

 

2.    Menschen entwickeln sich unterschiedlich schnell. Schnellere Entwicklung ist allerdings kein Qualitätsmerkmal. Dem muss Schule Rechnung tragen. Die Einrichtung von altersgleichen Klassen benachteiligt die sich langsamer Entwickelnden. Deshalb muss sich eine moderne Schule, die möglichst optimal das Potenzial ihrer Schüler/innen ausschöpfen und fördern soll, nach Leistungsstand und nicht nach Altersgruppierung formieren. Statt Klassen sind eher Projektgruppen einzurichten, soweit dies möglich ist.

 

Weit im Winkl 2.0

Den beiden ersten Punkte aus Weit im Winkl 1.0 ist wenig hinzuzufügen. Das obere Bild dazu habe ich schon in allen Variationen gezeichnet. Es gibt weltweit keine Studie, die einen Zusammenhang zwischen Schulnoten und späterem beruflichen Erfolg oder gar Lebenserfolg herstellt. Aber weltweit starren Schüler:innen, Eltern und Lehrer:innen auf die Noten. Bis in 100 Jahren ist das Thema gegessen, weil es wenig Sinn macht, die Schatzsuche nach den individuellen Kompetenzen durch Schulnoten zu behindern.

 

Türchen 8 - Weit im Winkl 2.0 - 3

Einige weit im Winkl war natürlich geprägt von der schulischen Realität in Staufen am Faust-Gymnasium. Dort wurde die Laborschule ja aus der Taufe gehoben. Die Erfahrungen mit hochaktiven und aktiven Schüler:innen waren Grundlage.

 

Weit im Winkl 1.0


Die alten pädagogischen Strukturen

 

Einige spezielle Grundlagen haben die Pädagogen des Laborgymnasiums ein paar Kilometer nördlich abgeguckt. Best practice in Staufen in Breisgau. Faust-Gymnasium.

 

"Gebt Jugendlichen maximal viele Möglichkeiten, sich zu entwickeln, sich einzusetzen, selbst aktiv zu werden ..... dann habt ihr viel für die Zukunft getan" - das war dort ein Motto gewesen, mit dem die Faustler im Jahre 2000 offizielles Weltausstellungsprojekt wurden. "Schülerschule" war der EXPO-Projektname. Eine Jury aus Managern und Politikern waren sich einig, dass sie das selbst gerne in ihrer eigenen Schulzeit so gehabt hätten. Auf Augenhöhe ernst genommen zu werden, wenn man sich aktiv für die Schule einsetzte. Da hatten die Pädagogen aus Weit im Winkl bei einer Fortbildung vor Ort mitgenommen und die Grundidee hatte sie nicht mehr kosgelassen. Denn sie selbst konnten dieses als teilautonome Schule diese Grundlagen jetzt viel stärker in den Fokus rücken. Die Grundidee, Schüler/innen als Menschen ernst zu nehmen, fällt in Weit im Winkl auf fruchtbaren Boden. In Staufen konnte man sehen, was man durch diese einfach Blickwinkelveränderung gewann: Kompetentes Personal der Extraklasse. Immer wieder neu. In Staufen gab es schon 2008 eine Nachmittagsschule, den Flügelverleih, in der Schüler/innen als Coach arbeiteten. Immer wieder hochmotiviert. Und in Weit im Winkl waren nach dem gleichen Prinzip so manche Oberstufenschüler/innen wichtigere Lehrpersonen als die Fachlehrer. Aber dazu später im Einzelnen.

 

Weit im Winkl 2.0

Ich bin überzeugt: Konzepte wie die Schüler:innenschule wird in 100 Jahren keine Alleinstellungsmerkmal für einzelne Schulen mehr sein. Entwicklungsorientierte Bildung wird das Normal sein, denn die Entwicklung auf dem Planeten wird natürlich weiterhin an Fahrt aufnehmen … und damit wird auch Bildung sich an dieser rasanten Entwicklung orientieren müssen.

 

 

 

 

Türchen 7 - Weit im Winkl 2.0 - 2

Die Laborschule in Weit im Winkl entstand eher spielerisch neben unserem normalen  Unterricht. Zum Beispiel.entstand die Idee, Neuntklässler:innen  komplett aus der Schule herauszunehmen, weil einige aus unserem Team feststellen mussten, dass ihr Fachunterricht komplett an ihren Schüler:innen vorbeigingen. Und parallel waren viele Neuntklässler:innen in außerunterrichtlichen Projekten ziemlich erwachsen aufgetaucht. Warum also nicht genau in diesem Schuljahr Schulgeld verdienen lassen. 😎


Das Schulgeld selbst verdienen

 

Klasse 9, genannt  Obertertia, zum Beispiel setzt komplett auf: "Hier verdienst du dein Schulgeld durch echte Arbeit, spürst, was in dir steckt und schnupperst deine Zukunft." Die Ausbildung in der 9. Klasse, wieder wie früher Obertertia genannt, findet komplett außerhalb der Schule statt. Die Betriebe rund um Weit im Winkl sind begeistert. Durch die wirtschaftliche und steuerlich geschickte  Ankopplung an Baselland bemerkt niemand im Wirtschaftsministerium in Stuttgart die boomende Wirtschaftskraft einer zuvor vernachlässigten wirtschaftlich zurückgebliebenen Grenzregion mit hohen Abwanderungstendenzen. Zwischen 2013 und 2028 wächst sie Bevölkerungszahl sogar um 13 %. Die Zahl der Firmenneugründungen und Start-Ups beläuft sich in diesem Zeitraum auf 128. Niemand wundert sich in Stuttgart, dass sich Weit im Winkl im Jahre 2015 beworben hat, ein kleines Dorf für syrische Flüchtlinge einzurichten und dass es offensichtlich keine Widerstände bei der Landbevölkerung gibt. Man hat damals ganz andere Probleme. Aber Integration ist in Weit im Winkl keine Frage, weil durch den Einfluss der Laborgymnasiums ein Umdenken stattgefunden hat. Speziell das Projekt Obertertia- Flüchtlingsbetreuung- Politikunterricht ist exemplarisch für das Denken in Weit im Winkl und vermittelt den Jugendlichen einen tiefen Einblick in die Probleme dieses Planeten und macht sie gleichzeitig weltoffen. Politischer Sprachunterricht der besonderen Art. Die Touristen genießen diese Weltoffenheit. Der neue Hotelkomplex einer Schweizer Betreiberfirma war schon ein Jahr nach Eröffnung dauerhaft ausgebucht. Das kompetente, dynamische und freundliche Hauspersonal hat seine Außenwirkung nicht verfehlt. Das Projekt-Obertertia-Wirtschaftskurs-Touristik lässt grüßen….

 

Und klar: Weit im Winkl 2.0 in 100 Jahren wird diese Grundidee umgesetzt haben.

Schüler:innen werden in 100 Jahren ganz normaler Teil des Bildungssystems sein. Als Lernende, als Lehrende, als Verdienende. Unterrichtsausfall wird als Begriff nur noch in den Geschichtsbüchern stehen. Man wird erkannt haben, welche Fähigkeiten in Kindern und Jugendlichen stecken, auch wenn sie die übliche Grundausbildung von Schule noch gar nicht abgeschlossen haben. Und man wird erkannt haben, welche Win-Win-Situation daraus entsteht. Die Fixierung auf die Lehrperson wird einer hochkomplexen Sichtweise auf Bildung weichen.

 

Türchen 6 - Weit im Winkl 2.0 - 1

In Weit im Winkl 1.0 hatten wir Folgendes geschrieben:


Motto
: "Klar machst du das Abitur ... wenn du das dann am Ende willst ... aber auf welchem Weg, das ist komplett individuell. Das heißt, wie, mit welchen Schwerpunkten, Projekten, was du wann abholst und auch, was du reinbringst und selbst zu bieten hast, das ist deine Sache."

also

"Du selbst bist selbst für den Weg verantwortlich. So ernst nehmen wir dich."

Dabei:

"Die Strukturen sind flexibel - wir erfinden uns immer wieder neu."

 

Weit im Winkl 2.0 darf sich nun komplett davon lösen, dass es den Weg bis dahin kennen muss. Das ist das Wunderbare an der fernen Zukunft, die aber natürlich kommen wird.

 

Das Ziel kann nicht mehr eine einzelne Spitze wie das Abitur sein. Das ist ist ein breiter Bergrücken, der Schulabschluss heißt und der Startplatz für das schon heute so vielfältige Berufsleben. Es ist auch nicht die Prüfung am Ende, sondern alle Kompetenzzertifikate, die sich ein:e Schüler:in im Laufe der Schulzeit eingepackt hat. Bis in 100 Jahren wird sich herausgestellt haben, dass man eine funktionierende Gesellschaft nicht dadurch am Laufen halten kann, indem alle Eltern insgeheim darauf setzen, dass ihr Kind doch am besten Chefarzt oder Chefärztin wird. Bis in 100 oder 200 Jahren muss die Einkommensschere wesentlich kleiner geworden sein, weil Gesellschaft  nachhaltig und zufrieden nur dann existieren kann, wenn der Unterschied zwischen arm und reich … und damit speziell auch zwischen allen Berufen immer kleiner wird. Zufriedenheit kann nur durch das Gefühl entstehen, sich nicht schon allein dadurch diskriminiert zu empfinden, weil man diesen Stempel Abitur nicht zu besitzen. 

 

Türchen 5 - Schätze heben

Fassen wir einmal zusammen: Schule in 100 Jahren wird es geschafft haben, den Wissenskompetenzschweif von Lernenden zu nutzen und man wird dadurch mit weniger Fachlehrer:innen arbeiten. Man wird also die schon heute vorhandenen Schätze heben lernen. Schule wird sich entwickeln müssen, denn die Zukunft in 100 Jahren wird sich nicht mit den Unterrichtsfächern von heute abbilden lassen. Die rasante Entwicklung der Welt muss eine rasante Entwicklung der Schule anstoßen. Weit im Winkl 2.0 muss weit über Weit im Winkl 1.0 hinausgehen. Ich bin gespannt, was mein Kopf bis Weihnachten alles ausspucken wird.

Türchen 4 - Bildung als Brücke

Die Auseinandersetzung mit der Bildung des Zukunft hat das Zeug, eine Brücke in dieselbe zu schlagen. Hat das Zeug, einen großen Schatz zumindest einmal im Kopf zu heben. … Ideen zu entwickeln. Auszuprobieren. Vielleicht hilft ja gerade jetzt der beginnende Lehrermangel. Ja klar, er ist schon da, aber er wird größer werden. Nun kann man auf Fach-Quereinsteiger:innen aller Art setzen und damit Schulbildung konstant verschlechtern, oder man setzt auf entwicklungsorientierte Quereinsteiger:innen und auf die Schüler:innen selbst. Schule der Zukunft wird vielfältig aufgebaut sein. Entwicklungsorientierte Quereinsteiger:innen sind Menschen, die eine Ausbildung in entwicklungsorientierter Lernbegleitung durchlaufen haben … mit einer möglichst breiten eigenen außerschulischen Berufserfahrung. Schule und Gesellschaft wird in der Schule in 100 Jahren nicht mehr aus zwei völlig getrennten Bereichen bestehen.

Türchen 3 - Wissensschweif in Teams

Die Hattiestudie gibt natürlich auch das her. Team und Feedback sind der Schlüssel für erfolgreiche Schulzeit. Aber man weiß es auch aus der eigenen Erfahrung. Wenn man Schüler:innen als Team zusammenschließt und sie zu Lehrenden macht, dann gibt es eine weitere Vergrößerung des Wissensschatzes. Nun benötigt man „nur“ noch eine kluge Organisationsstruktur, um den Schatz auch zu heben. Dafür wird es in 100 Jahren natürlich keine Jahrgangsklassen mehr geben. Ist ja auch völlig aus der Zeit gefallen. Man weiß heute, dass der Entwicklungsstand von uns Menschen beim Übergang in die weiterführende Schule bis zu 6 Jahre auseinander liegt. Trotzdem schreiben üblicherweise alle zur selben Zeit dieselbe Klassenarbeit. Da ist Schulfrust ins System Schule eingebaut. Muss überhaupt nicht sein, meint man in Weit im Winkl 2.0.

Türchen 2 - Reziprokes Lehren

Jede:r, der:die früher Nachhilfe gegeben hat, weiß es: Durch die Wiederholung eines Stoffes, den man seine:r/m Nachhilfeschüler:in lehrt, vertieft sich das eigene Wissen und bleibt länger im Gedächtnis. Alle nachhilfegebenden Schüler:innen tragen somit noch einen wesentlich größeren Wissensschatz mit sich herum. Warum also nicht aus möglichst vielen Lernenden Lehrassistent:innen machen? In den früheren Großfamilien war das eine übliche innerfamiliäre Bildungsmethodik. Bei 12 Kindern war es normal, dass ältere Geschwister Erziehung mit übernommen hatten. Also: Die Vergangenheit in die Zukunft der Bildung gebeamt. 

mehr lesen

Türchen 1 - Der Erklärkompetenzschweif

Ich hatte dieses Thema schon vor einiger Zeit in diesem Blog angesprochen … und würde es hier einmal weiterspinnen wollen. Zusammen mit einer Neubewertung von den fast 10 Jahre alten schulischen Blickwinkeländerungen in Weit im Winkl

Wen die Geschichte dieser verrückten Laborschule näher interessiert: Hier ist sie. Ich werde die damaligen Thesen von Weit im Winkl 1.0 nun in 24 Türchen auf Weit im Winkl 2.0 updaten. Natürlich nie vollständig, komplett ausbaubar und entwicklungsfähig, nur als Diskussionsgrundlage gedacht. Aber dabei gedacht als Möglichkeit, auch den eigenen Blickwinkel auf Schule der Zukunft zu schärfen.

Türchen 1 - Der fachdidaktische Erklärkompetenzschweif.

Eines war schon in Weit im Winkl klar: Das aktuelle Schüler:innenwissen muss man als riesigen Schatz begreifen, bevor er sich in Vergessensluft auflöst. Ich denke, das Bild spricht für sich. Die daraus folgende zwingende Idee, wenn man Schüler:innen mit ins Bildungsboot nimmt: Man muss dieses zeitlich begrenzte, aber permanent vorhandene Schüler:innenwissen abgreifen und direkt und unmittelbar für den Unterricht der Zukunft nutzen lernen. Der Unterricht der Zukunft wird zusammen mit den Schüler:innen stattfinden.

Schule neu denken

Für alle, die Schule-today in irgendeiner Rolle verantworten, wird das eine wesentliche Aufgabe für Schule-tomorrow sein. Mal ehrlich: Die meisten Pädagog:innen spüren es garantiert. Doch gemach: Das Denken-ändern ist ja erst einmal ganz entspannt. Aber mit verändertem Denken verändert sich die Realität später so viel leichter. Behaupten wir an der Hochschule für agile Bildung in Zürich. Also lassen Sie sich doch als Leser:in erst einmal auf völlig neues Schule-denken ein. Und bitte: Denken Sie aktiv mit. Die Welt benötigt dieses komplett neue Denken von Schule, damit die heutigen Schüler:innen den Paradigmenwechsel zwischen der Welt heute und der Welt in 100 Jahren einigermaßen unbeschadet überstehen kann. Mit der heutigen Schulausbildung samt den üblichen Lehrplänen wird das leider nicht gelingen. 

8 Milliarden

Also wissen Sie, eigentlich …. Eigentlich ist es am Ende dann doch vielleicht ziemlich einfach. Also in 100 Jahren. In den nächsten 100 Jahren geht die Erdbevölkerung wieder zurück. Wahrscheinlich erreichen wir noch nicht mal 10 Milliarden. Immer mehr Regionen unseres Planeten sind bevölkerungsentwicklungsmäßig komplett rückläufig. Am Ende wird wohl nach dem arabischen Raum noch der afrikanische Raum übrig bleiben … bis dann auch dort die „Reproduktionsrate“ unter 2 fallen wird. Und sie wird es. Gnadenlos. Und dann? Werden wir Menschen … bis dahin hoffentlich im Einklang mit der Natur … uns auf eine Welt mit 5 oder auch irgendwann nur mit 2 Milliarden Menschen einpendeln? So weit will ich hier gar nicht visionieren. Aber das Ende des Bevölkerungswachstums wird kommen. Da sind sich die allermeisten Expert:innen einig. Warum? Na ja, Bildung für Mädchen … Berufstätigkeit von Frauen … weniger Kinder. So einfach.

Aber dann wird es echt schwierig. In Südkorea gibt es inzwischen eine Reproduktionsrate von 0,8. Aber viele alte Menschen. Nach dem kurz-unter-10-Milliarden-Höhepunkt wird das für alle Regionen der Welt das wesentliche Problem darstellen. Quasi die Umkehrung der heutigen Flüchtlingsproblematik. Die Welt wird weltweit nach jungen Menschen lechzen. Aber sie nicht bekommen. In Südkorea gibt es übrigens inzwischen so manche Grundschulklassen, die mit alten Menschen aufgefüllt werden, damit die Schule noch existieren kann. Ich finde eigentlich, das ist eine wunderbare Idee für die Zukunft. Denn es wird ohne Frage sowieso einen kompletten Paradigmenwechsel geben müssen. Die allgemein übliche Vorstellung, dass die Jungen die Alten versorgen, wird in den nächsten 100 Jahren einem radikalen Wandeln unterzogen werden müssen. Ja müssen. Denn die Menschheit wird definitiv aufhören, zu wachsen. Faszinierend, weil wir die erste Spezies auf diesem Planeten sein werden, die sich die Balance ihrer Population - durch Bildung - selbst einrichten wird. 
Völlig unklar ist allerdings der Übergang … und der wird wohl dramatisch werden, weil wir Menschen uns diese Entwicklung natürlich jetzt noch nicht so richtig vorstellen können. Wir werden es aber garantiert in den nächsten 100 Jahren umsetzen müssen. Uns werden die Menschen ausgehen und deshalb brauchen wir ein völlig neues Denken. Es wird nicht mehr sein können, dass der „verdiente Ruhestand“ für viele 20 oder 30 Jahre dauert.

Ich weiß, so etwas ist heute noch nicht zu verhandeln, aber schon heute darüber nachzudenken, ob man nicht irgendwann in der Zukunft die Zeit nach der Verrentung komplett anders denken muss, das macht wirklich Sinn. Man sollte sich langsam an solche Gedanken gewöhnen.

Und nochmals: Es wird am Ende die Bildung von Mädchen sein, auf die es ankommen wird, um die Bevölkerungsentwicklung zu stoppen. Und es wird auf die Bildung aller heutigen Schüler:innen weltweit ankommen, damit möglichst viele kluge und kreative Köpfe auf der Welt diesen ungeheuer schwierigen Übergang in eine schrumpfende Gesellschaft vollziehen können.

Übrigens: Kennen Sie das Projekt Drawdown?
Dort wird eindrucksvoll belegt, was Mädchenbildung in Regionen mit hohem Bevölkerungswachstum bewirkt.
 

Betriebssystem Denken

Mal ehrlich: Wer kann sich heute vorstellen, dass Schule sich so verändern wird, dass Lehrende und Lernende gemeinsam an der Bildung der Lernenden arbeiten und Lernende gleichzeitig auch ganz selbstverständlich Lehrende sind. Beamt man sich gedanklich hundert Jahre in die Zukunft, dann fällt es im Rückblick um so viel leichter. Man nennt es Zukunftswerkstatt für das eigene Gehirn. Es lockert die eigene Bereitschaft, „verwegen“ zu denken. 😎😎 Und ohne eine ziemlich heftige Verwegenheit werden wir die Zukunft nicht meistern. Doch in den Schulbänken sitzen die Macher:innen der Zukunft. Sie besitzen möglicherweise die richtigen Ideen für die riesigen Aufgaben, vor der die Menschheit steht. Machen wir uns doch als Lehrerinnen und Lehrer nichts vor. Wir sind nicht die Berufssparte der Visionäre. Wir sind die, die Lehrpläne souverän erfüllen können, wenn man uns nicht zu viele Zusatzaufgaben zumutet. Neben Lehrplan Visionen zu spinnen, dafür wurden wir nicht ausgebildet. Ist ja auch nicht schlimm. Wir müssen eigentlich „nur“ das Steuern ein wenig aus der Hand geben und starke Schüler:innen mit ins Boot holen. Weil sie das besitzen, was wir nicht haben: Die natürliche Fähigkeit, unbekümmert und verwegen Visionen zu spinnen. Genau das braucht die Zukunft unseres Planeten und wir sollten diesen Schatz heben.

Die Veränderung des Denkens ist wie ein kontinuierliches Update eines Betriebssystems. Wenn sich das Betriebssystem verbessert, können plötzlich viel komplexere Programme daraus laufen. Wenn sich das Denken in Richtung Future verändert, können darauf neue Projekte wachsen, an die man früher nie auch nur gedacht hatte, geschweige den geglaubt hatte, dass man sie irgendwann umsetzen könnte. Der Mensch an sich ist sehr entwicklungsfähig und noch lange nicht an seinen Grenzen angekommen. Davon bin ich überzeugt.

Kernfusion?

Das Verbrennen von fossilen Rohstoffen sollten wir dringendst zurückschrauben …

Ich bin Physiker. Wir Physiker glauben meist daran, dass wir auch die schwierigsten Probleme am Ende lösen können. Dass Rückschläge auch Chancen beinhalten. Na ja. Als ich noch Physik unterrichtet habe, war Kernfusion der Prozess, der im Innern unserer Sonne stattfindet und eigentlich für unsere komplette Energieversorgung verantwortlich ist. Aber stelle mal auf der Erde eine Situation her, die die Bedingungen in der Sonne simulieren kann, um das geniale Prinzip zu uns auf die Erde zu holen. Das letzte Mal, als ich mich vertieft damit beschäftigt hatte, da war alles noch irgendwie sehr unklar. Ob man es überhaupt schaffen könnte. 10 Jahre später ist das Unmöglichkeitsgefühl dem Optimismus gewichen. Es scheint irgendwann Wirklichkeit werden zu können. Und Kernfusion wäre eigentlich die Lösung … aber eben erst für die Generation meiner Ururenkel:innen. "Frühestens ab 2100" sagen viele Expert:innen. Bis dahin muss man dringend möglichst viele kluge Köpfe dabei unterstützen, den klaren Weg von fossilen hin zu alternativen Energiequellen als machbare Herausforderung anzusehen und umgehend aktiv zu werden. Und natürlich: Langfristig an Projekten wie der Kernfusion zu arbeiten.

Wo die klugen Köpfe für die Zukunft sitzen? Na wo wohl.

Wir Pädagog:innen sind konkret und zwar jetzt gefragt. Wir sind dabei gefragt, unseren Schüler:innen Startrampen für eine Zukunft zu bauen, die keiner kennt. Wenn wir die 100 Jahre bis zum möglichen Durchbruch der Kernfusion nicht überbrücken lernen, ohne gefühlt unterzugehen, dann hat die Menschheit ein richtiges Problem.

 

Fortsetzung folgt

Von der Zukunft aus denken

Ein Blogbeitrag unseres Forums agile Verwaltung geht mir nicht mehr aus dem Kopf. „Muss der Kapitalismus sterben, damit die Erde überlebt?“  Eine Buchbesprechung von „Das Ende des Kapitalismus“ von Ulrike Herrmann. Wolf Steinbrecher aus unserem Forum agile Verwaltung hat den Inhalt mit einer fiktiven Zukunft ohne permanentes Wachstum für Verwaltungen einmal weitergedacht: „… Ich versuch mal kurz und arrogant zu formulieren: Für eine Verwaltung, die  sich den gigantischen Überlebensaufgaben der Gesellschaft stellen will, stellt Agilität das Betriebssystem dar. Ein Betriebssystem ist bekanntlich keine ‚App‘….“ Also keine Handlungsanweisung, wie man die Zukunft nach all den aktuellen Multikrisen meistern kann. 

 

Ja stimmt, der Blogbeitrag treibt mich um. Habe natürlich auch das Buch gelesen. Deshalb werde ich in den nächsten Wochen an dieser Stelle zeichnerisch versuchen, die Bildung für die Zukunft von der Zukunft aus zu denken. Auch ich bin überzeugt, Agilität oder entwicklungsorientiertes Denken ist ein Betriebssystem. Eines für die Zukunft. Entwicklungsorientiertes Denken ist in der Lage, unvorhergesehene Geschehnisse nicht als Zumutung zu empfinden, sondern als Normalität im Leben. Und je mehr man sich breit darüber Gedanken macht, wie die Welt aussehen wird, wenn irgendwann einmal das Sinken des Bruttoinlandsprodukt nicht mehr als Horror-Warnzeichen einer Krise gewertet wird, umso leichter wird man diese heute noch schwierigst zu denkende Entwicklung für uns Menschen positiv umsetzen können. 

 

Die Erde und ihre Ressourcen sind endlich … die Atmosphäre ist ein globaler Player. Ich habe früher Physik, Mathematik und Geografie unterrichtet und dabei natürlich auch die Zusammenhänge der globalen Erwärmung. Und die Aussichten für unseren Planeten. Und nein, ich habe es trotzdem nicht gedacht, dass ich persönlich noch diese physikalisch hochspannende Fähigkeiten von Kohlendioxid, die Leben auf der Erde seit Millionen von Jahren überhaupt erst ermöglichten, so dramatisch negativ spürbar erleben würde. Ich habe mich da heftig getäuscht. Ein echter Schock. Aber wie meinte schon der Philosoph Karl Popper: „Es gibt zum Optimismus keine vernünftige Alternative! “ 

 

Ich habe vier Enkelkinder. Wenn meine Urenkel:innen einmal so alt sind wie ich, schreiben wir - so in etwa - das Jahr 2122. Könnte theoretisch sogar sein, ich lerne sie noch kennen, ein paar meiner Urenkel:innen. Die Generation meiner Enkel:innen und Urenkel:innen werden in einer Welt leben, die nicht durch kluge Pläne ins Lot gebracht werden kann, welche man heute in der Schule lernt. Die heutige Schule kann ihren Schüler:innen auf die Zukunft noch keine Antwort geben. Aber die heutige Schule könnte sie für diese ungewisse Zukunft ausbilden. Entwicklungsorientiert. Mit neuem Denken ausgestattet. Resilienzorientiert. Zufriedenheitsorientiert. Zivilisationserhaltungsorientiert. Sie als Akteure mit in die Ausbildung einbeziehen. Kinder stellen so häufig eigentlich richtige Fragen, bei denen Erwachsene aber meist nur den Kopf schütteln. Weil Kind ja nicht weiß, wie die harte Wirklichkeit aussieht. Aber Kind weiß oft intuitiv besser, wie die Zukunft aussehen wird. „Kinder an die Macht“ singt Grönemeyer. Und meint genau das damit. Augenhöhe. Haltung. Blickwinkeländerung.

Vielleicht sollte man deshalb zusammen mit Lernenden die Pädagogik selbst vom Ende her denken … Wie müsste denn die Schule aussehen, wenn es nicht mehr darum geht, dass man durch Bildung persönlich möglichst gute Aufstiegschancen bekommt, sondern Bildung in erster Linie für den Erhalt der menschlichen Zivilisation und die Zufriedenheit des Individuums stattfindet?

 

Entwicklungsorientierte Bildung für den Erhalt der Zivilisation und die Zufriedenheit des Individuums. Denken und spinnen Sie einfach für sich selbst einmal mit. Denn davon bin ich überzeugt: Unser „normales“ Denken kann die Aufgaben der Zukunft nicht erfassen. Wir müssen unser Denken massiv ändern.

 

Fortsetzung folgt.

 

 

 


the bored brain - das gelangweilte Gehirn

Nur so ein kleines Probe-Heftchen, aber vielleicht kann es ja jemandem gerade dabei helfen, seiner Tochter oder seinem Sohn einen kleinen Visions-Input zu geben. Ein Versuch kann nicht schaden.

Es hilft vielleicht, wenn der Weg im Moment in Richtung "aber sowas von keinen Bock auf Schule" geht. 

Konkret: Das pdf ausdrucken (zweiseitiger Druck) und dann mit der Schere und drei Schnitten horizontal die Doppelseiten vorbereiten, die ineinandergelegt und geheftet zum Pixi-Büchlein wird.

Mein Tipp ... deshalb hier auch wirklich nur als Gekrazel, damit man die Scheu vor dem eigenen Visualisieren verliert ... die Idee aufnehmen und auf sein eigenes Kind "feinregulieren".  

Dass solche Konzepte funktionieren, wenn Kind in Not ist, hat auch das Projekt Reservetank gezeigt, bei dem 77 nichtversetzte Schüler:innen am Ende doch versetzt wurden. 

Und früher, an meiner eigenen Schule, haben wir zwei, drei Monate vor den Zeugnissen alle Versetzungsgefährdeten zu einem Projekt eingeladen, in dem es nur darum ging, zu erläutern, wie man ein Gehirn auf Plus polen kann, um dann durchzustarten. Wir hatten über Jahre die Zahl der Nichtversetzungen halbiert ... minimaler Einsatz maximaler Output. Schon allein der Effekt, wenn man alle Versetzungsgefährdeten in eine Gruppe packt und die sich als Team verstehen, versetzt Berge.

Download
Das gelangweilte Gehirn
bored brain.pdf
Adobe Acrobat Dokument 2.0 MB
mehr lesen

OECD-Lernkompass 2030


Schon ziemlich verrückt. Da zeigt die Hattie-Studie und auch der OECD Lernkompass 2030 klar in Richtung Entwicklungsorientierte Bildung, aber in der Realität der Schulen ist noch nicht einmal die Kompetenzorientierung so richtig angekommen … wir Menschen scheinen uns mit der guten, alten Wissensorientierung besser zu fühlen. „Schon bei deinem Uropa war das so - und aus dem ist auch was geworden.“ Für fühlen uns besser und verschlafen dabei die Zukunft. Eltern, Lehrende, Lernende, alle. Ich suche gerade nach einem schrillen Wecker. Otto Kraz

mehr lesen

Schulanfang und Zauber inne

Liebe Eltern von Erstklässler:innen

Zum Schulbeginn finden Sie hier einen Tagesfeedbackkalender samt Starterheft zum langsamen Einstieg für Noch-nicht-Schreiberlinge  ... jetzt sind die Hefte auch gedruckt zu erhalten ... epubli sei Dank. In Farbe als das besondere Geschenkidee für Menschen, die wissen, welche positiven Effekte gute Feedback-Boards aller Art im Beruf haben können. Das können sie auch schon in der Grundschule - man muss die Grundidee nur entsprechend anpassen. 

Otto Kraz

Dies ist der Haupt-Tagesfeedbackkalender als pdf-Datei. Samt allen pädagogisch wissenschaftlichen Grundlagen, die zu seiner Entstehung geführt haben. Würden Ärzt:innen heute Studienergebnisse ignorieren, würde man wild den Kopf schütteln. Die Forschungsbilanz des Bildungsforschers John Hattie "Visible Learning" (Hattie 2009) bietet eine Gesamtschau von über 50 000 Einzelstudien über ein breites Spektrum von 138 Einflussfaktoren zum Lernerfolg (2009 ... inzwischen 95 000 Einzelstudien mit über 300 Faktoren aus Daten von 300 Millionen Lernenden) sollte man auch nicht ignorieren. Und man sollte als Erstklasseltern wissen, dass ganz oben in der Liste der effektivsten Faktoren für erfolgreiches Lernen das Tagesfeedback steht. Mehr dazu im Heft. 

mehr lesen

Achtung Schere

Au Backe.

„… Was ihrer Tochter bevorsteht, ist kein Sonderfall in Sachsen-Anhalt. Der Plan, im kommenden Schuljahr eine Vier-Tage-Woche möglich zu machen, kommt von ganz oben. In einem Papier, für das Bildungsministerium und Landesschulamt verantwortlich zeichnen, wird das »4 plus 1«-Modell als Reformkonzept gehandelt. Es sollten »Freiräume in der konzeptionellen Unterrichtsplanung und Unterrichtsdurchführung« geschaffen werden, heißt es in dem Dokument, das dem SPIEGEL vorliegt…. Spiegel online Juli 22

 

Im Ernst?

Corona hat es doch gezeigt: Die Idee ist eigentlich aus Sicht eines Pädagogen total super. Ein Tag selbstständiges Arbeiten, 4 Tage Schule. Manche Schulen hatten im ersten Lockdown solche Konzepte gestrickt. Aber leider: Das Konzept ist eben nur was für die Schulstarken,  nicht für die Schulschwachen. Obwohl die Schulschwachen genau solch ein Konzept für ihre Eigenständigkeit und ihr Selbstwertgefühl wunderbar nutzen könnten … könnten sie es nutzen. Dann würden sie viel leichter zu Schulstarken als in der Fünftagewochenschule. Fazit: Die normale Schule ist mit der Idee überfordert, weil ihr Handlungs-Rahmen leider zu eng ist.

 

Zwischenreingerufen

Ich verwende die Begriffe plakativ und sollte es erklären. Schulstark / Schulschwach. Die Begriffe beziehen sich wie üblich auf die Noten. Nun weiß man aus vielen Studien, dass Berufserfolg und Schul-Notenerfolg ohne Zusammenhang sind. Anders ausgedrückt: Es gibt keine Studie, die einen Zusammenhang zwischen den jährlichen Schulnoten und dem späteren beruflichen Erfolg nachweisen könnte. Aber es gibt viele Studien, die den Zusammenhang zwischen Eigenständigkeit, Eigenengagement, Reflexionsfähigkeit und Selbstbewusstsein mit dem späteren beruflichen Erfolg herstellen. Das Verrückte: Man benötigt für diese Erkenntnis gar keine Studien. Man muss dieser Frage nur einmal im eigenen Freundes- und Bekanntenkreis nachgehen. Dann hat man seine eigene Studie, auf die man sich verlassen kann.

 

Riesenschildkröte?

Die Bildungssystem ist schon irgendwie etwas Großartiges. Sie hat etwas von einer Riesenschildkröte, die einen sehr weise und lebensklug anschaut und man sieht es ihr an: Sie meint es ganz ehrlich. Und man übernimmt ihre Meinung gerne und irgendwie intuitiv. „Never change a running system" meint sie und setzt auf das Althergebrachte. Weil ihr das Neue doch sehr suspekt und zu unsicher ist, denn es entwickelt sich ja so richtig entwicklungsorientiert weiter. Auf das Alte kann man sich verlassen. Zumindest die auf der oberen Seite der Schere. Riesenschildkröte, es tut mir leid. Aber du bis leider echt in die Jahre gekommen und siehst wohl auch viel schlechter.

 

Und jetzt?

Na ja, wenn Sie mich schon so fragen. Ich würde sagen: Entwicklungsorientiert denken. Das „4 plus 1“ - Modell ist eine starke Idee, die in dem normalen Schulsystem aber nicht für alle wirksam wird. Auch Corona hat die Schere zwischen den Schulstarken und -schwachen vergrößert. Einfach übel für all die Berufsstarken, die den (absurden aber realen) Makel des Schulschwachen oft lebenslang mit sich herumtragen. Tragisch für die Schulschwachen, die genau wegen der Schere nicht in den normalen selbstbewussten Berufsstarken überwechseln können, weil ihr vergeigter Schul-Abschluss da einen Riegel vorgeschoben hat. Obwohl die Schulnoten eigentlich nix aussagen … wir hatten das schon.

Also entwicklungsorientiert denken.

 

Ja wie?

Vielleicht ja mit Konzepten aus dem Buch über „Entwicklungsorientierung als Paradigmenwechsel“. Denn mal ganz unter uns: Wenn die Lehrkräfte fehlen und man deshalb eine Viertageschulwoche einführen will, dann bedarf es eines wirklichen Paradigmenwechsels. Sonst geht das aber sowas von schief. 

 

Geht‘s vielleicht genauer?

Nö, das Problem ist leider zu groß, als dass man hier schnelle Antworten von der Hochschule für agile Bildung geben könnte. Aber mir fällt spontan ein alter Blogbeitrag ein, in dem ich mal wieder wie schon mal, an das Kultusministerium BW einen offenen Brief geschrieben hatte.

 

Schüler:innen?

Ja klar. Und natürlich auch Pensionär:innen mit sprechenden Fachbüchern. Und pädagogisch entwicklungsorientiert tickende Schulexterne mit Einsatzlust. Alle an einen runden Tisch. Und dann entwickeln. Vor Ort. Mit allen Fähigkeiten, die man mit allseitiger Augenhöhe auf den Tisch legen kann. Sich an der Entwicklung orientieren, heißt es auch hier. Nicht nach einem Plan vorgehen. Und mir persönlich fällt eben wie schon immer ein riesiger ungehobener Schatz ein: Die Fähigkeiten von Schüler:innen. Und inzwischen fallen mir als Pensionär durch meine sprechenden Physikmagazine auch die vielen Pensionär:innen ein. Aber bitte nicht vor der Klasse, sondern als Background „on demand“. Für die Schülermentor:innen.

 

 

mehr lesen

Abi-Vorbereitung für Vorschul-Kids

Den Titel meine ich tatsächlich ernst. Ich war vor meiner Pensionierung Mathe- und Physiklehrer an einem Gymnasium und habe mich oft geärgert, dass junge naturwissenschaftlich begabte Menschen mein Lieblingsfach Physik in der Oberstufe deshalb nicht wählten, weil sie meinten, sie würden Physik nicht blicken. Dabei blickten sie meist nur nicht das einfache Mittelstufenrechnen, das man eben benötigt, um aus physikalischen Phänomenen reale physikalische Werte zu erhalten. 

Was mich immer am meisten verwundert hat war das Phänomen, dass viele meiner Schüler:innen offensichtlich nie wirklich die Philosophie des Dezimalssystems verstanden hatten und deshalb mit Zehnerpotenzen große Probleme hatten.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, an welcher Stelle in den Lehrplänen die Philosophie des Zehnersystems eingebaut ist. Wahrscheinlich irgendwann in der Grundschule inmitten vom "Rechnen" ... eingebaut als Zählen mit Stellenwertsystem ... und dann wieder vergessen, wie großartig und wertvoll dieses System ist. Aber wenn man die Idee des Stellenwertsystems vergessen hat, dann kann man beim Rechnen nicht so einfach drauf zurückgreifen. Und das ist sehr schade für eine mögliche zukünftige Naturwissenschaftlerin / einen möglichen zukünftigen Naturwissenschaftler. Weil sie vielleicht einfach nur deshalb in diesem gefragten beruflichen Umfeld nie ankommen werden. Begründung: "Ich habe Physik nie geblickt."

Nun habe ich als Vierfach-Opa im Umfeld meiner Enkelkinder mitbekommen, wie von vielen Eltern schon vor der Grundschule Addieren und Subtrahieren geübt wird ... immer in der Annahme, dass das einen Startvorteil bringen würde. Dabei bringt es am Ende vielleicht sogar einen Nachteil, weil die Schule am Anfang ohne echte Aha-Momente in Mathematik abläuft. Diese Aha-Momente, die das Leben so prickelnd machen. Da Vorschul-Kids aber völlig natürlich ins Zählen kommen, auch ohne Elternunterstützung ... weil Zählen wie eine Erweiterung der Sprache ist und automatisch gelernt werden will ... liegt es doch nahe, die Kulturgeschichte des Zählens, die weltweit im Zehnersystem angekommen ist (und in der Digitalisierung im Zweiersystem) unseren Vorschul-Kids näherzubringen. Denn das ist spannend und hilft und hält damit vielleicht bis ans Ende der Schulzeit und damit in den Physikunterricht, der damit entspannter werden kann, weil man Zehnersystem und Zehnerpotenzen schon seit dem Kindergarten kennt. 

Einen Versuch ist es wert, finde ich. Und habe deshalb für meine eigenen Enkel eine kleine Geschichte geschrieben. Hier ist sie.

Otto Kraz. 


mehr lesen

FAV-Konferenz und die AHAs

Ich habe es nochmals ausprobiert und ja: Ich empfehle es zur Nachahmung. Die AHA-Chronik einer Konferenz. Bei der FAV-Konferenz in Ettlingen am 15. Juni war ich zumindest als Chronist sehr zufrieden. Die Teilnehmer:innen dazu bekommen, dass sie ihre AHA-Momente des Tages als Sätze an den Tagungschronisten schicken, der sie dann visualisiert. Ein ganz anderer Blick auf eine Tagung ... wie ein Gedankenpuzzle ... und gut zum Weiterdenken beim Betrachten.

Hier geht es zur Vertiefung. Otto Kraz

Mein Lieblingsbild des Tages als Nichtverwalter.

Entwicklungsorientierte Großeltern

Open Questions - eine ganz eigene Erfahrung

Wir hatten die Veranstaltung am 11. Mai - letzter Blogbeitrag - mit einem neuen Format versucht: Die Autor:innen des gerade eben erschienen Buches Entwicklungsorientierte Bildung bei Beltz Verlag stellten ihren Buchbeitrag kurz vor und brachten selbst offene Fragen mit. So kam es schnell zu intensiven Diskussionen. Daneben gab es ein kleines Visualisierungsexperiment. Ich war selbst nicht in den Diskussionsrunden dabei, hatte aber alle Teilnehmer:innen aufgefordert, mir Aha-Sätze in den Chat zu schreiben, die ich dann visualisieren wollte und am Ende präsentieren. Aha-Sätze? Wenn man so eine Veranstaltung mitmacht, dann klickt es ja immer mal wieder im Kopf. Aha-Momente des Lebens. Ja und so habe ich die Veranstaltung selbst über Aha-Sätze mitgemacht und gezeichnet. Im Vorfeld der Veranstaltung hatte ich auch schon viel gezeichnet, sodass am Ende ein echtes Bilderbuch zum Buch entstand.

Und irgendwann beim Staubsaugen hat mein Kopf plötzlich gemeint, zu entwicklungsorientierte Bildungsweisheiten müssten eigentlich auch Großeltern Zugang bekommen, weil sie heutzutage ja häufig Einfluss auf den Familien-Fokus Schule haben - oft positiv aber auch oft negativ. Na ja, dann habe ich die Krazeleien, von denen ich meinte, sie könnten was für Opas und Omas sein, zu einem schnellen Skript zusammengebaut. Als Vierfachopa ist meine Sicht ja vielleicht genau die richtige, meinte mein Kopf. Das Ergebnis stelle ich hier einmal ins Netz. Vielleicht kann es dazu beitragen, dass Schule für den einen oder die andere Schüler:in entspannter wird.

Heinz Bayer alias Otto Kraz 

Meinungen gerne direkt an otto.kraz@aufeigenefaust.com

Download
Ein schnelles Skript zum Diskutieren
Entwicklungsorientierte Grosseltern Web.
Adobe Acrobat Dokument 6.7 MB
mehr lesen

Entwicklungsorientierung - 11. Mai - Online

Download
Open Questions Bilderbuch 2.pdf
Adobe Acrobat Dokument 6.6 MB

Dies ist der Versuch, mit "sprechenden Bildern" ein bald erscheinendes Buch zum Thema Entwicklungsorientierung zu beschreiben und zu bewerben. 

Ich habe den Part übernommen, als pensionierter Gymnasiallehrer, der heute im Team Weiterbildung an der Hochschule für agile Bildung in Zürich mitwirkt, den ersten Band einer Reihe von drei Büchern zu diesem Thema zu lesen und mit dem Blick durch meine Praktikerbrille zu visualisieren. Also eine sehr persönliche Interpretation einiger Aspekte des Buches. Damit man einen ersten Eindruck über die Inhalte bekommt.

Der erste Band dieser Reihe ist ein eher wissenschaftlich gehaltenes Buch ... aber voll mit pädagogischem Sprengstoff, der viele Fragen aufwirft. Die es zu beantworten gilt. Damit sich die Idee, dass Entwicklungsorientierung Wissensorientierung und Kompetenzorientierung in sich aufnehmen kann, um Bildung zukunftskompatibel zu machen, weiterentwickeln kann. Deshalb auch die Veranstaltung am 11. Mai. Ein Treffen, um die Ideen des ersten Buches weiterzuentwickeln. Ein Austausch über einen notwendigen Paradigmenwechsel.                Heinz Bayer alias Otto Kraz April 2022

mehr lesen

Ukraine, Flucht und Schule - Folge zwei

Weil ich nach meinem letzten Blogbeitrag nun schon einige Male angefragt wurde, wie ich die Idee denn konkret weiterspinnen würde und ob man nicht die Schulen auch mit einbeziehen könnte, spinne ich gerne einmal weiter.

 

Eines sollte ich vielleicht noch erwähnen. In meinem Kopf laufen natürlich dabei Überlegungen ab, was ich selbst wohl als junge geflohene Lehrkraft machen würde - samt einem verfügbaren großen Onlineschatz an Unterrichtsmaterialien, Erfahrungen damit und einem eigenen Netzwerk von Lehrerinnen und Lehrern - befände ich mich jetzt im Ausland und könnte mich aktiv einbringen. 

 

 

Ich bin nach einigen Rückmeldungen von "Kneipenschule" auf "Schulfiliale" umgeschwenkt. Sorry, Kneipe ist für mich als Pensionär, Weintrinker und Lebensgenießer ein wunderbarer Ort. Aber ich sehe es umgehend ein … nur weil die Versorgung von ukrainischen Schulkindern in Kneipen in den normalen Arbeitsbereich passt, sind Kneipen nicht der beste Ort für das Konzept.

Nennen wir es also doch besser eine Filiale von Schule.

Schulfiliale.

Etwa Räume in Gemeindezentren, Altersheimen, Vereinsheimen, Eiscafés, Bürgerzentren, Theatern, Konzerthäusern etc … Und klar, auch wenn sich Schule zutraut, einen Raum in der Schule zur Schulfiliale zu erklären, dann kann Schulfiliale auch in der Schule funktionieren.

Zukunftswerkstatt Schulfiliale

Man nehme … Eine: Initiator:in, der/die eine Schule samt einer Filiale nebenan findet, die diese ganz eigene Kraft der Idee verstehen kann und mitzieht.

Von Schulseite aus würde folgende Aufgabe bestehen: Zustimmung der Direktion, Anmeldung der ukrainischen Schulkinder. Ansprechlehrer:in. Aktive Schüler:innen höherer Jahrgänge, denen man eigenverantwortliche Aufgaben überlassen kann. Zugang zum Schulkopierer. Papier und Stifte.

Von Filialseite aus wäre es die Bereitstellung der Räumlichkeiten und die Verpflegung samt WLAN-Anschluss.

Im üblichen lokalen Fall würde es sich ja wahrscheinlich meist „nur“ um 5 bis 15 Kinder und Jugendliche handeln … also überschaubar.

Bezahlung: Offizielle Fördertöpfe, die ja schon bei Corona entstanden und nun eben etwas umgemünzt werden müssten. Immerhin WinWin. Theoretisch könnte das natürlich auch innerhalb der Schule gehen, wenn es freie Räumlichkeiten gäbe … aber ich nehme an, dass schon allein Aufsichtspflicht und Schulverordnungen dem schnellen Prozess im Wege stehen würden.

Und es geht ja hier um schnelles Handeln.

Also gehen wir als „Starter-Set“ z.B. von 10 Schüler:innen aus 5 Klassenstufen aus. Dazu ein:e ukrainische Lehrer:in mit ihrem natürlichen eigenen Lehrer:innen Netzwerk … entweder mit Deutschkenntnissen (oder ein:e Dolmetscherin müsste dabei sein). Bezahlung sollte kreativ gedacht werden. Vom Jugendbegleiterprogramm über europäische Bildungsprogramme bis hin zu regionalen Fördertöpfen oder Spendengeldern.

Eine kleine Gruppe im Starter-Set müsste sich nun konkret "zusammenzoomen", um Folgendes abzuklären: Inwieweit ist das ukrainische Online-Lehrangebot so gestaltet, dass man es auch angepasst an Schulfilialen agil nutzen kann. Oder entwicklungsorientiert, wie wir in Zürich an der Hochschule für agile Bildung dazu sagen.

Die nächsten technischen Schritte würden von dieser Klärung abhängen. Kann eine ukrainische Lehrperson schon plattformmäßig individuell alle Klassenstufen in der Schulfiliale begleiten oder muss man in Zusammenarbeit mit einer Plattform wie etwa https://scobees.com/ eine kluge Vernetzung neu aufstellen.

Papier und Kopiermaterial bezieht die Schulfiliale über die Schule. Den persönliche aktive Austausch realisieren Schüler:innen. Deutschkurse werden am Nachmittag neu gedacht und sind reine „Schüler:innenschulen“ - entwickeln sich also auch innerhalb des Schulbereichs, aber außerhalb der zusätzlichen Lehrer:innenbelastung.

Trotzdem wäre natürlich Austausch auf Lehrer:innen-Ebene sehr sinnvoll - aber eher, weil es sinnvoll wäre, der schleppenden Digitalisierung an deutschen Schulen (Ich spreche dabei nicht von technischer Ausstattung - sondern von Lern-Plattformen wie https://scobees.com/ ) einen Schubs in die Zukunft zu geben.

Also Lernen von der Ukraine anstatt Willkommensklassen einrichten.

Gut wäre natürlich immer auch ein:e Bürgermeister:in mit im Boot, weil sicher irgendwelche Verwaltungsprobleme auftauchen werden.

mehr lesen

Ukraine, Flucht und Schule

Entwicklungsorientierung statt Willkommensklassen

Ukrainische Schulkinder in Deutschland

Stark-Watzinger für »Willkommensklassen« nach dem Vorbild von 2015

(Spiegel-online 20.3.22)

 

„Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat »Willkommensklassen« nach dem Vorbild von 2015 angeregt, um junge Geflüchtete aus der Ukraine an deutschen Schulen zu unterrichten. »Wir können von den Erfahrungen von damals profitieren«, sagte sie »t-online«. Die Abläufe seien an vielen Schulen bereits bekannt... Sie gehe davon aus, dass mindestens ein Drittel der Geflüchteten unter 18 Jahre alt sei. »Wir müssen auf beides vorbereitet sein: dass viele Kinder und Jugendliche auf absehbare Zeit zurückkehren – aber auch darauf, dass sie länger hierbleiben«, sagte Stark-Watzinger.“

 

Auch Backe.

Höchste Zeit, Bildung wirklich ganz neu zu denken

 

Wie war das 2015 in Deutschland mit den Willkommensklassen? Ja klar. Wirklich sehr gut gemeint. Ich ging damals gerade in Pension und habe in einem kleinen Team Schüler:innen in einem Flüchtlingsheim unterstützt. Aber die Aussage: „Die Abläufe sind an vielen Schulen schon bekannt,“ als wäre es ja alles super einfach gelaufen, da muss ich doch sagen: Au Backe.

Nein, kein Lehrerbashing. Ich sags mal ganz ohne Schuldzuweisung:

Die aktuellen Rahmenbedingungen für Bildung in Deutschland sind einfach

nix für Krise!!!

Die sind was für eine stabile ruhige entspannte Welt, in der so ein Lehrplan auch mal 20 Jahre gelten darf. Und sorgfältige 10 Jahre Vorbereitung benötigt. Die Welt hat sich aber verändert. Das iPhone kam vor 15 Jahren auf den Markt. Das Virus vor 3 Jahren in die Welt. Der Überfall auf die Ukraine begann vor 3 Wochen.

Ich nenne unser wissensorientiertes Bildungssystem jetzt der Einfachheit halber mal Heinz (beliebter Jungenname nach dem Krieg), die zaghafte Kompetenzorientierung Stefanie und Stefan (Lieblingsnamen in den Siebzigern) und entwicklungsorientiertes Lernen und Lehren Emilia. (Top-Vorname 2021)

 

Heinz überlegt sich angesichts Hunderttausender geflohener ukrainischer Schulkinder, wie man diese in das bestehende System integrieren könnte und verzweifelt umgehend. Er will so gerne das Gesicht wahren, aber ihm ist eigentlich klar, dass er dafür einfach zu alt ist. Seine jahrzehntelange Erfahrung bringt ihm keine Vorteile. Im Gegenteil. Er würde für diese Aufgabe mindestens 4 Jahre Vorlauf brauchen. Aber er hat nie gelernt, anders zu denken. Und er ist immer noch der Chef.

Stefanie und Stefan sind auch ziemlich verwirrt. Kompetenzen fördern ist ja vielleicht im Moment nicht wirklich angesagt, meinen die Zwillinge und überlassen dem Chef die Planung.

Emilia hingegen denkt komplett anders. Sie ist ja noch jung. Sie kennt das klare Ziel und würde gerne umgehend loslegen. Emilia plant nie im Detail. Sie würde diejenigen vernetzen, die sich vernetzen lassen. Aber klar: Sie kann nur Vorschläge machen. Heinz ist der Chef.

Das Ziel für Emilia: Die Schulkinder sind jetzt hier und müssen jetzt in die Schule gehen. Und zwar in eine ukrainische Schule mit ukrainischem Lehrplan, (nicht in eine deutsche Willkommensklasse) denn sie werden ihr Land wieder aufbauen - wann genau ist ungewiss, aber sie werden es tun.

Und sie sollten es aufrecht und stark tun.

 

Die obere Visualisierung erzählt nur eine grobe Idee von Emilia. Es ist eine erste Skizze, aber so könnte man umgehend beginnen. Wäre nicht Heinz der Chef. :-)

Emilia meint natürlich auch, dass es gleichzeitig sinnvoll wäre, nebenher auch noch Deutsch zu lernen … man weiß ja nicht, wie lange alles dauern wird. Außerdem ist Mehrsprachigkeit immer eine starke Kompetenz. Aber Deutsch lernen wäre doch am besten bei Paten aus der Ecke aktiver Jugendlicher aufgehoben. Meint Emilia.

 

Gruß Heinz Bayer alias Otto Kraz.  - Team Weiterbildung an der Hochschule für agile Bildung in Zürich

 

p.s. Sprechende Unterrichtsmaterialien? Mehr dazu hier: 

 

 

mehr lesen

Entwicklungsorientierte Bildung

Am 22. Juni 22 erscheint beim Beltz-Verlag ein Buch über Entwicklungsorientierte Bildung. Wir diskutieren schon am 11.Mai 22 mit einigen Autoren über den Inhalt.

Die Online-Veranstaltung an der HfaB ist kostenlos und dient der Weiterentwicklung des Themas. Denn es folgen noch zwei weitere Bände in dieser Reihe. 

Entwicklungsorientierung hört sich eigentlich harmlos an, ist aber ein echter Paradigmenwechsel in der Bildung. Nach Wissensorientierung und Kompetenzorientierung verlangt die schneller drehende Welt nach einem ganz neuen Blick auf Bildung. Genaueres siehe QR-Code.

mehr lesen

QR-agil … unbürokratisch, kreativ, sofort

Im Moment kommen Hunderttausende ukrainische Schulkinder in Europa an.

Ursprünglich wollte ich aufbauend auf meinen letzten Blogbeitrag von der Weiterentwicklung der sprechenden Physikmagazine schreiben. Weil ich doch inzwischen noch die QR-Code-Möglichkeit eingesetzt habe und dann sehr einfach mit Hilfe von epubli.de auch Magazine ausdrucken lassen kann. Eigentlich eine Weiterbildungsidee für unsere Hochschule für agile Bildung in Zürich. Aber eigentlich auch direkt umsetzbar für ukrainische Schulkinder?

Denn ja, diese QR-Code-Technik kann jede:r ganz leicht einsetzen. Das funktioniert auch für Arbeitsblätter. Man kann Arbeitsblätter „zum Sprechen“ bringen und damit den Lernenden die Möglichkeit eröffnen, zeitlich unabhängig von der Lehrperson zu lernen. Und als Lehrperson bekommt man damit die Möglichkeit, leistungsstarke Schüler:innen mit agilen Ansätzen „von der Pädagogenleine“ zu lassen. Um sie später wieder als „Lehr-Assistent:innen“ einzubeziehen. Ich ziehe übrigens vor epubli den Hut, weil man einerseits schnell Hefte online und kostenlos als pdf zur Verfügung stellen, aber auch gleichzeitig denselben Inhalt „on demand“ als gedrucktes Magazin bzw Workbook bestellen kann. Mehr dazu unter aufeigenefaust.com/physik/

Jetzt blogge und spinne ich mit dieser Grundidee gleich einmal weiter.

Im Moment fliehen Hunderttausende aus der Ukraine. Darunter viele Schulkindern… Sie könnten zu einer sehr starken Generation heranwachsen. Der ungeheure Mut ihres eigenen Volkes könnte sie lebenslang tragen. Könnte. Sie wurden brutalst aus dem laufenden Schuljahr herausgerissen, sind aktuell entwurzelt und brauchen dringend wieder Schule. Jetzt. Sofort. Überall. Und zwar starke Schule. Ukrainische Schule. Nicht die Schule des aktuellen Aufenthaltslandes. Nicht deutsche Schule mit deutschen Inhalten. Aber wie?

Ukrainisch sprechenden Blätter

Ich stelle hier eine grobe Konzeptskizze in den Raum – vielleicht kann ich eine Behörde „infizieren“, die mit ukrainisch schutzsuchenden Schulkindern zu tun hat. Vielleicht auch eine Aktivgruppe, die gut vernetzt arbeitet.

Spiegel-Online titelt heute: Bildungsministerin Stark-Watzinger: „Aus der Ukraine geflüchtete Lehrkräfte sollen an deutschen Schulen helfen.“ Vielleicht ist das ja die richtige Behörde.

Eine Behörde, die sich fragt, wie sie für diese Kinder Schule schnell und effektiv organisieren kann. Es muss darum gehen, dass ukrainische Schulkinder umgehend weiter „normale“ Schule „besuchen“. Das funktioniert natürlich nur mit ungewöhnlichen Ansätzen. Angepasst an die aktuellen Möglichkeiten … und ausgestattet mit Smartphones. Die Schulräume könnten auch Gaststätten sein, die morgens nicht benutzt werden. Da wäre schon die Versorgung geklärt. Ukrainische Betreuer:innen müssten nicht unbedingt Lehrkräfte sein.

Das Ziel: So viel Schulnormalität wie möglich für die ukrainischen Schüler:innen. Momentan einzige Normalität wären die ukrainischen Lehrpläne … alles andere wurde aus der Normalität herausgebombt.

Man könnte geflohene ukrainische Lehrer:innen vernetzen, die sich absprechen, welche Klassenstufen sie in welchem Fach in diesem agilen Konzept übernehmen. Da es um ukrainische Lehrpläne geht und auf Ukrainisch unterrichtet wird, ist es egal, in welchem Land sich die Schüler:innen aufhalten. Auch nach der Rückkehr in ihre Heimat ist das entstandene Material gut einsetzbar.

Ich bin ja eher zufällig über diese Idee gestolpert, sprechende Physikmagazine zu zeichnen. Aber sie lässt sich eben sehr einfach und schnell umsetzen. Ein Smartphone und Papier genügen. Das Ziel  sollte sein, umgehend massenhaft ukrainisches Unterrichtsmaterial verfügbar zu machen, das auch ohne Schulgebäude, Klassen und Lehrer:innen überall einsetzbar ist. Wir reden von einer Übergangszeit, nicht von einem dauerhaften Aufenthalt. Niemand ist mit Schulbüchern und Lehrplänen geflohen. Aber die Köpfe der geflohenen Pädagog:innen haben den Schatz der Bildung mit über die Grenzen getragen. Auch aus der Ukraine selbst könnte Unterstützung kommen.

Ein fiktiver technische Ablaufplan … als Diskussionsgrundlage

1. Vernetzen und Absprachen treffen

2. Arbeitsblatt um Arbeitsblatt entwerfen … es geht nicht um Perfektion, es geht um schnelle Umsetzbarkeit.

3. „Besprechen“ des Blattes als mp3 … Geht auch mit Smartphone und einer einfachen Aufnahme-App

4. Z.B. auf Soundcloud hochladen oder auf die Cloud eines QR-Code-Generators

5. QR-Code des Audio-Files erstellen – Ausdrucken – Auf das Arbeitsblatt kleben … Oder digital einbauen.

6. Abfotografieren oder Scannen und über das Internet verfügbar machen.

Und klar: Das ist nur die technische Seite. Aber sie wäre auf alle Fälle umgehend umsetzbar.

2015 war ich frisch pensioniert und habe syrische Schulkinder in einem Flüchtlingsheim betreut. Die Eingliederung in das deutsche Schulsystem war ein riesiger Bruch, musste aber sein, weil es kein direktes absehbares Zurück gab.

Ich bin überzeugt, dass es für die ukrainischen Schulkinder ein klares und starkes Zurück gibt. Deshalb sollte man jetzt agil und ukrainisch Schule online wachsen lassen – mitten in Deutschland und auch in anderen europäischen Staaten.

Unbürokratisch, kreativ, sofort.

Vernetzt, zukunftsorientiert, europäisch.

Stark, aufrecht, selbstbewusst.

Und unterstütze gerne.

otto.kraz@aufeigenefaust.com

Schule agil boostern – eine Handlungsanweisung

Vorgeplänkel

Ja stimmt, ich bin dieser alte Schulmeister und Pensionär des Forums agile Verwaltung, der inzwischen auch bei der frisch gegründeten Hochschule für agile Bildung gelandet ist. Ich habe das große Glück, noch immer ein wenig in Sachen Schulentwicklung gehört zu werden, ohne dass ich neue Ideen auch in der harten Realität überprüfen muss. 🙂 Ideen entwickeln, sie weiterreichen und manchmal sehen, welche Erfolge sie entwickeln können, ist eine sehr befriedigende Lebenssituation.

Split4WinWin

Wir hatten vor dreieinhalb Jahren ein verrücktes Angebot unseres Forums agil lernen und lehren in diesem Blog veröffentlicht. Das Gesamtpaket kam damals nicht zum Einsatz, aber Split4WinWin wurde danach an mehreren Schulen ausprobiert. Allerdings nur von Lehrpersonen, die sich sowieso schon mit agilen Unterrichtsformen auskannten. Denn die Idee war ohne diese Vorkenntnisse schwierig umzusetzen. Agilität in der Bildung ist in erster Linie eine Sache der Haltung zwischen Lehrenden und Lernenden. Deshalb ist die Lehrer:innenausbildung bei uns an der HfaB in Zürich auch ziemlich anders aufgestellt als üblich. Denn die richtige Haltung ist zwar eigentlich „simple, but not easy“ beschreibt es Prof. Dr. Christof Arn, einer der Gründer der Hochschule, wenn er über gute Bildung spricht. „Gute Bildung ist schlicht gute Zusammenarbeit. Zwischen Lehrenden und Lernenden.“ meint er.

Die eigene Haltung ändern, das weiß jeder von sich selbst, das ist ein echt hartes Geschäft. Eben not easy. 

Ich stelle Ihnen hier mal wieder eine schlaue agile Idee in den Raum.

Und es wäre schön, wenn Sie sich als Leser:in diese Idee merken könnten, um sie irgendwann im Gespräch mit einer Lehrerin oder einem Lehrer im Freundeskreis so ganz nebenbei einmal einzustreuen, um ein klein wenig eigene agile Schulentwicklung zu betreiben. 

Das sprechende Physikmagazin

Das Einstreuen geht etwa so: Sie sitzen bei Kaffee und Kuchen, und ein:e Freund:in am Tisch – Lehrer:in – klagt über die Belastungen von Schule, speziell in Coronazeiten.

Sie: „Sag mal, da fragt sich in einem Blog des Forums agile Verwaltung ein alter Schulmeister namens Otto Kraz (Physik und Mathe – Otto Kraz ist mein pädagogischer Künstlername), ob seine verrückte agile Unterrichtsidee auch für den ganz normalen Unterricht durchführbar wäre. Oberstufe Physik. Ohne dass man irgendeine Ahnung oder Ausbildung in agiler Didaktik gemacht hat.“ 

Wenn Ihr:e Gesprächspartner:in ein klein wenig positiv zuckt – man merkt sowas – geht das Gespräch etwa so weiter. „Also dieser Otto Kraz meint, alle bekannten physikalischen Schulbücher wären sowas wie abgedruckter Frontalunterricht. Ungeeignet, damit selbstständig forschenden Physikschüler:innen einen effektiven Rahmen zu geben. Agile Schulbücher müssten klar das Ziel definieren, aber eben nicht jeden Schritt des Wegs bis dorthin. Müssten viel Raum für eigene Ideen lassen. Für eigenes Experimentieren.“ 

Falls jetzt tatsächlich Staunen und weiteres Interesse entsteht, wäre ein Bild nicht schlecht.

Dieses Bild hat man „zufällig“ auf dem Smartphone abgespeichert und zückt es jetzt. „Schau mal, so in etwa stellt sich dieser alte Kraz das vor. Er experimentiert gerade selbst mit diesem Format. So ein Skript könnte aber jede Lehrperson für sich selbst entwickeln. Kraz meint, Lehrpersonen wären sowieso eher Individualisten. Er selbst war ja auch mal Schulmeister.“ 

Nicken auf der anderen Seite? Dann also weiter. 

„Und jetzt die Kraz‘sche These: Wenn man einer kleinen starken aktiven Gruppe im Physikunterricht das Kapitel 8 und 9 in Form eines sprechenden agilen Physikbüchleins in die Hand drückt und … 

mehr lesen

19. Juni - eine Übersicht

19. Juni - Save the date