SchüLehr:in meets Hattie

Man muss wissen, wo man steht

Ich versuche einmal, mit Hattie deutlich zu machen, warum ausgebildete SchüLehr:innen für die Faktoren mit den höchsten Effektstärken geradezu ideal passen. Denn es sind Faktoren, die sich erwachsene Lehrpersonen oft erst mühevoll aneignen müssen, SchüLehr:innen aber ganz natürlich mitbringen. Ich habe hier einmal 5 Faktoren zusammengefasst, um meine These zu erklären.

1) Beurteilung des Peer Leistungsniveaus 1,85

3) Einschätzung des Leistungsniveaus durch die Lehrperson (SchüLehr:in) 1,42

6) Beurteilung des eigenen Leistungsniveaus 1,26

10) Feedback 0,86

5) Erkenntnisstufen 1,28

Dies sind allesamt Faktoren, die zu den TopTen der aktuellen Hattie-Studie gehören. Von inzwischen über 300 Faktoren. Fangen wir mit den Erkenntnisstufen an. Erwachsenen fällt es meist sehr schwer, sich in die Denkwelt von Kindern und Jugendlichen hineinzuversetzen. Man vergisst seine eigenen Erkenntnisstufen relativ schnell, deshalb - und das kennt fast jede:r - oft kann einem ein:e andere:r Schüler:in zauberhafterweise komplizierte Zusammenhänge besser erklären als die studierte Lehrkraft. Weil: Zu wissen, wie sich die Fragen in den verschiedenen Erkenntnisstufen anfühlen, das weiß man nach zwei, drei Jahren noch ganz gut, nach 20 oder 30 Jahren aber nicht mehr. Klar, es ist auch für SchüLehr:innen ein langer Weg, um auf Augenhöhe ernsthafte und ehrliche Feedbackkultur in eine Gruppe jüngerer Schüler:innen zu tragen. Aber es ist im Durchschnitt viel einfacher als von Lehrpersonenseite aus. Und eine unkomplizierte dauerhafte regelmäßige niederschwellige Feedbackkultur ist die wichtigste Grundlage für die eigene Beurteilung, wie gut die eigene Peer-Group arbeitet. Und wie das eigene Leistungsniveau dazu steht. Und SchüLehr:in weiß es dann gleich mit. Effektstärken 1,85 - 1,42 - 1,26 … Wir sprechen hier nicht von einer kleinen Nische des Unterrichtens … wir sprechen über die TopTen des effektiven Unterrichtens. Leider ist diese Botschaft der Hattie-Studie an den meisten Schulen noch nicht angekommen. Die TopTen der effektiven Ansätze für erfolgreichen Unterricht können SchüLehr:innen leichter umsetzen als erwachsene Lehrpersonen, wenn die „Ausbildung“ der jungen Kolleg:innen professionell erfolgt … einfach nur mal machen lassen funktioniert sicher nicht. Eins der Hauptprobleme werden sonst die Lehrkräfte sein, deren Rollenbilder in Frage gestellt werden und die zu unterrichtenden Schüler:innen, die nicht wissen, welche enorme Kraft und Energie in dem Ansatz steckt. 

Feedbackmethoden wollen gelernt sein. Und ohne ein tiefsitzendes mentales Einstimmen aller am Prozess Beteiligten sollte man nicht beginnen. Klasse 5 als Starterklasse ist dagegen ideal, weil man in einer neuen Schule einen Anfang hat, dem sowieso ein Zauber innewohnt. Dort muss man verorten, dass Lernprozesse dann gut funktionieren, wenn man weiß, wo man steht und wenn man wirklich will, dass man sich stark entwickelt.

 

Wird fortgesetzt

 

Eine Schnellbeschreibung der Effektstärken in der Hattie-Studie. Nehmen wir an, die rote Normalverteilung beschreibt die Mathe-Notenverteilung in einer Klasse - Noten 1 bis10. Den Abstand D=1 nennt man die Standardabweichung für eine solche Gauss-Kurve. Verschiebt sich die Kurve um D=1,5, dann kann man schon aus diesem Bild ablesen, wie zufrieden die Schüler:innen hier mit ihrer Mathe-Note wären. Diese Visualisierung soll natürlich nur sinnbildlich zeigen, was Effektstärken von 1 oder 1,5 oder gar 1,85 ausdrücken: Diese Faktoren haben einen extrem großen Einfluss auf den Lernerfolg. Man sollte es einfach nutzen.