Türchen 19 - Weit im Winkl 14

Weit im Winkl 1.0


Zwischenrein mal ein kleines Zwischenrein-Fazit

 

Die Welt hat sich in den letzten 150 Jahren sehr verändert. In Staufen wurde 1865 zum ersten Mal Latein unterrichtet. Erweiterte Volksschule. Der Beginn der "Höheren Bildung". Latein war das Maß aller Dinge. Die Welt wurde von wenigen Mächtige  geführt ... die Menschen waren in engen Schranken "gefangen". Nach heutigem Empfinden waren alle hinter dicken Gefängnismauern und Gitterstäben eingesperrt. Die Schule erzog ihre Schüler zum Gehorsam, zur Disziplin, zum Funktionieren für die damalige Welt. Systemkritik, reflektiertes Denken, selbstständiges Handeln, Fähigkeiten fördern, Weltoffenheit, Selbstbestimmung ... Keine Spur davon. Noch heute gibt es viel zu viele Relikte aus vergangenen Tagen. Dabei ist diese heutige Welt viel zu komplex geworden, als dass man sich dies eigentlich leisten kann. Wollen wir die Welt retten, müssen wir die Schule umkrempeln. Radikal. Aber die ganze Schulmaschinerie - von der Gesellschaft über Kulturbehörde bis hinein in die Schulen ist wie ein riesiger Dampfer, auf dem zwar viele wundervolle pädagogische Ideen schon entworfen wurden, aber die Trägheit des riesengroßen Schiffskörpers lässt einen kompletten Kurswechsel nicht zu. Außer man setzt sich mit einem kleinen Beiboot ab und beweist, dass man Schule auch komplett anders denken kann und dabei erfolgreich ist. Das ist die Story vom Laborgymnasium in Weit im Winkl, einer Schule, für die die Bezeichnung Schülerschule tatsächlich zutrifft. Wäre doch einfach zauberhaft, wenn so etwas wirklich mal passieren würde.

 

Weit im Winkl 2.0

Außerdem glaube ich, dass man mit ganz vielen kleinen Beibooten am Ende den großen Dampfer eben doch von seiner Richtung abbringen kann. Inzwischen gibt es so viele kleine Schulansätze und Schulprojekte und Unterrichtsexperimente und neue Ideen in der Welt des großen Bildungsdampfers, dass Schülerschule 3.0 greifbarer wird. Wenn immer mehr Bildungsmenschen merken, dass Schülerschule 3.0 keine Spinnerei ist, sondern das gesamte Ausbildungssystem auf neue starke Füße stellen kann und allen gut tut. Entwicklungsorientiert. 
Ich selbst habe Schülerschule 1.0 begriffen, als wir am Faust-Gymnasium Staufen vor 35 Jahren anfingen, aktive Schüler:innen eigene außerunterrichtliche Projekte leiten zu lassen. Was für ein Wahnsinn, wenn man Jugendliche wachsen sieht. Vor 15 Jahren durfte ich dann begreifen, was für großartige Pädagog:innen in unserer neu gegründeten Nachmittagsschule für Fünft- und Sechstklässler:innen sein können. Hausaufgabenbetreuung in Feinstkultur. Schülerschule 2.0 und ein superspannendes Schüler-Kollegium mit bis zu 80 jungen Kolleg:innen. Und Schülerschule 3.0 wäre der nächste Schritt … wenn man die jungen Kolleg:innen in das Kollegium wirklich integrieren könnte. Auch stundenplanmäßig.