10. Materialbeschaffung
Genauso wie Chattie kann ich für Zukunft der Bildung keinen klaren Plan entwerfen, aber zumindest ein grobes Gesamtkonzept entwickeln. Es gibt ja auch schon einige Privatschulen, die entwicklungsorientierte Ansätze in ihrem Bildungskonzept haben. Zum Beispiel die element-i Schulen in Baden-Württemberg. Chattie, kannst du zu denen was herausbekommen?
„Ja, das Konzept der element-i Schulen ist eine Form der entwicklungsorientierten Bildung, die sich auf eine individuelle Förderung und Entwicklung jedes Schülers konzentriert. Es legt großen Wert auf die Stärkung der Selbstbestimmung, Kreativität und emotionalen Intelligenz der Schüler. Die element-i Schulen nutzen einen personalisierten Ansatz, bei dem die Bedürfnisse und Interessen jedes einzelnen Schülers berücksichtigt werden, um eine Umgebung zu schaffen, die zu einer positiven Entwicklung beiträgt. Das Konzept betont auch den interdisziplinären Ansatz, bei dem verschiedene Fächer und Bereiche in Projekten und Aktivitäten verknüpft werden, um ein tieferes Verständnis und Engagement zu fördern.“
Ja genau in diese Richtung sollte die Reise gehen … allerdings eben aus der Lehrermangel-Not heraus … und nicht als Privatschule mit Schulgeld, sondern an einer „normalen“ öffentlichen Schule … am leichtesten sicher umzusetzen an Gemeinschaftsschulen. Denn sie setzen ja schon jetzt auf viele entwicklungsorientierte Konzepte. Ausgangspunkt für dieses kleine Skript heißt also: Nehmen wir eine Gemeinschaftschule in Sachsen-Anhalt, der die Lehrer:innen wegpensioniert werden und an der keine jungen Kolleg:innen in Sicht sind. Weil eben Fachkräftemangel. Allerdings kein Schüler:innenmangel. Und jetzt? Quereinsteiger als Lehrpersonen werden breit diskutiert. Ich meine, klar, wenn es genügend Quereinsteiger:innen gibt, die das richtige pädagogische Gespür haben, dann kann man als gut aufgestelltes Kollegium mit dem Fokus auf kollegialer Zusammenarbeit auch gut passende Nichtlehrer:innen in ein Konzept einbinden. Aber bitte: Kollegiale Zusammenarbeit, dahinter steckt eine völlig andere Auffassung von Schule als man es gewohnt ist. Nicht Einzellehrpersonen in einzelnen Klassen und mit einzelnen Fächern. Es sollten Kolleg:innen sein, die so ticken wie Chattie das Prinzip der element-i Schulen beschrieben hat. Da dies aber in den aktuellen öffentlichen Schulen nicht so ist, bedeuten Quereinsteiger:innen an die Schulen eine schlechtere Versorgung. Nicht weil die Quereinsteiger:innen keine Kompetenzen mitbringen, aber sie haben für dieses Einzelkämpfersystem Schule nicht die nötige Ausbildung. Das Einzelkämpfersystem Schule - jeder in seinem persönlichen Schulzimmer mit seinem persönlichen Ansatz und seinen persönlichen Methoden - lässt Quereinsteiger:innen in den seltensten Fällen gut aussehen. Ohne Einzelkämpferausbildung durch erfahrene Einzelkämpfer. Mit einer Schülerschule 3.0 würde alles anders aussehen. Dort könnte man für Quereinsteiger:innen mit Lust auf Schule viele Stellen stark besetzen … denn Schülerschule 3.0 setzt auf kollegiale Zusammenarbeit … und das auch mit den Schüler:innen.
Ich beginne an dieser Stelle einmal eine Rechnung. Ich unterteile meine frühere Arbeitszeit in verschiedene Abschnitte. Fachlicher Input … Schüler:innenfragen beantworten … Übungsphasen begleiten … Feedback geben … Hausaufgaben besprechen … Wiederholungen besprechen … Referate anhören … Noten für mündliche Leistungen geben … Unterricht vorbereiten … Arbeiten vorbereiten … Klassenarbeiten, Klausuren und Tests korrigieren … Klassenarbeiten besprechen … Elternabende .. Wandertage … Landschulheime … am Klassenklima arbeiten … Einzelgespräche … Konferenzen … Recherche aller Art … Leerlauf … Vertretungsstunden … und und und.
Und jetzt unterteile ich einmal, was die fachlich ausgebildete Lehrperson auf alle Fälle selbst machen muss, um das fachliche Niveau zu regulieren, was die Lehrkraft auch an pädagogisch einbezogene Erwachsene mit pädagogischem Gespür und Nähe zum Fach übernehmen könnte, was man auch entwicklungsorientiert ausgebildete Schüler:innen übergeben kann und was KI-Programme bald übernehmen könnten.
Fachlicher Input … Schüler:innenfragen beantworten … Übungsphasen begleiten … Feedback geben …Arbeitsstand der einzelnen Schüler:innen im Blick behalten-etwa bei Scobees … Hausaufgaben besprechen … Wiederholungen besprechen … Referate anhören … Bewertungen für mündliche Leistungen geben … Unterricht vorbereiten … Arbeiten vorbereiten … Klassenarbeiten, Klausuren und Tests korrigieren … Klassenarbeiten besprechen … Elternabende .. Wandertage … Landschulheime … am Klassenklima arbeiten … Einzelgespräche … Konferenzen … Recherche aller Art … Leerlauf zum Luft holen … Vertretungsstunden begleiten … Material beschaffen.
Das ist jetzt nur mal so auf die Schnelle hingeschrieben … ich breche es deshalb auf eine schlichte Formel herunter: Wenn man Arbeiten, Tests und Klausuren an einer Schule standardisiert und möglichst digitalisiert und die „Noten“ besser mit Entwicklungsgesprächen ermittelt - ergänzt durch die Ergebnisse der standardisierten Arbeiten, dann entlastet das schon einmal und stärkt gleichzeitig das Lehrer-Schüler-Verhältnis, wenn die Entwicklungsgespräche fair ablaufen … vielleicht sogar unter Mitwirkung von Schüler:innen. Wie genau, das muss sich individuell an Schulen erst noch entwickeln. :-)
Ich will ja eigentlich gerade nur eine „kleine“ Rechnung aufmachen. Wenn man Schüler:innen als Assistent:innen so einbauen kann, dass viele Übungsphasen ohne Lehrperson funktionieren, wenn gut aufbereitetes Material auf einer agilen Plattform wie z.B. Scobees klug zur Verfügung steht und immer ein größeres Den-Bahnhof-Verstehen-Team als Anlaufpunkt vorhanden ist, dann bringt das dem Lernprozess vorwärts und der Lehrperson viel Luft.
Sorry, ich bin irgendwie zwischendurch abgebogen. :-) … eigentlich wollte ich ja etwas zur Materialbeschaffung sagen … denn wichtig ist dabei einfach, dass die Fachschaften hier zusammenarbeiten (die Gemeinschaftsschulen können ein Lied davon singen, als es dort am Anfang noch keine offiziellen Materialien gab) und dass Schüler:innen bei diesem Prozess ganz direkt mit im Boot sitzen. Und das dies eine gemeinsame Aufgabe im Starterhalbjahr sein sollte. Zusammen mit regelmäßigen Sitzungen über all die neuen Konzepte, die man ins Leben rufen muss, um am Ende ein komfortables Lernhaus für alle bekommt. Die fachlich ausgebildeten Kolleg:innen würden hauptsächlich fachlich eingesetzt werden, um den allgemeinen Leistungsstand hoch zu halten. Zusammen mit allen Fachlehrer:innen einer Klasse. Die allerdings auch nicht mehr die Starrheit einer bisherigen Klasse haben dürfte. Klassen könnten eher als Organisationsrahmen gesehen werden. Ich glaube, dass man mit höchstens 20minütigen Input-Einsätzen der Fachlehrer:innen mit dem richtigen entwicklungsorientierten Rahmen genausoviel erreichen können wie unter bisherigen Bedingungen - und das ohne Lehrermangel und Stundenausfällen.
Aber noch einmal: Ich schreibe hier an einem Skript einer entwicklungsorientierten Zukunftswerkstatt - also Fiktion - die aber bei wachsender Not von Kultusministerien, Regierungspräsidien und Schulen vielleicht doch an der einen oder anderen Stelle teilweise zur Realität werden könnte. Und ich schreibe einfach drauflos und lade es trotzdem in den Blog hoch, damit ich mich selbst ein wenig unter Schreibdruck setzen kann. Pensionäre neigen zum Aufschieben. :-)